Die Hamburger Zentrale der Daimler-Tochter My Taxi ist für viele Vertreter der Taxibranche zum Sinnbild fragwürdiger Aktionen geworden Foto: dpa

Die Smartphone-App My Taxi vermittelt Taxifahrten. Und wirbt immer wieder mit Rabattaktionen. Doch laut Gesetz muss der Tarif gewahrt sein. Die Taxi-Branche läuft deshalb Sturm gegen die Daimler-Tochter – und hat im dritten Prozess offenbar gute Karten.

Stuttgart - An diesem Donnerstag läuft eine bundesweite Werbeaktion von My Taxi aus. Wieder einmal hat die Daimler-Tochter damit versucht, Kunden zu gewinnen. 50 Prozent Rabatt auf Taxifahrten bekommen Fahrgäste dabei im Normalfall, wenn sie über die App fürs Smartphone einen angeschlossenen Wagen bestellen. Den Rest übernimmt My Taxi. Doch wer weiß, wie lange diese Praxis noch erlaubt bleibt.

Am Dienstag ist vor dem Frankfurter Landgericht die Klage der Servicegesellschaft Taxi Deutschland gegen My Taxi verhandelt worden. Der genossenschaftliche Zusammenschluss diverser Vermittlungszentralen trägt das vor, was sämtliche Verbände und Taxi-Zentralen in Deutschland scharf kritisieren: Dass die Rabattaktionen des Konkurrenten illegal sind. Denn eigentlich gelten überall feste Tarife, die laut Personenbeförderungsgesetz weder über- noch unterschritten werden dürfen, um Wucher und ruinösen Wettbewerb zu verhindern. Denn die Branche zählt zum öffentlichen Nahverkehr.

Daimler behält bisher vor zwei Gerichten die Oberhand

In Hamburg und Stuttgart waren verschiedene Kläger zuletzt mit einstweiligen Verfügungen gescheitert. Die Gerichte sahen zwar im Grunde Gesetzesverstöße, doch Daimler kam das Schlupfloch zugute, dass My Taxi keine Personen befördert, sondern nur Vermittler ist. Die Klage in Frankfurt soll bundesweit Klarheit bringen. Die Einschätzung des Gerichts lässt aufhorchen: Zwar wird das Urteil erst am 19. Januar verkündet, doch die Richterin deutete an, dass die Aktionen durchaus gegen das Personenbeförderungsgesetz verstoßen könnten.

„Wir sind zuversichtlich, dass wir recht bekommen werden“, sagt Dieter Schlenker. Der Vorsitzende von Taxi Deutschland fürchtet um die Zukunft der Branche: „Der Gesetzgeber will keinen Preiswettbewerb im Taximarkt. Der Daimler-Konzern mit der Tochter My Taxi jedoch kauft sich mit massiven Rabattaktionen Marktanteile.“ Kleine Taxiunternehmen und die 700 genossenschaftlichen Vermittlungszentralen mit Tausenden Mitarbeitern könnten diesem Druck auf Dauer nicht standhalten. Wenn Daimler sich den Markt erst einmal „einverleibt“ habe, seien auch die Verbraucher „gewinnorientierten internationalen Großkonzernen ausgeliefert“. Statt Rabatten folgten dann „Wucherpreise zu Stoßzeiten“.

In Stuttgart Marktanteil von zwei Prozent

Bei Daimler will man den Verlauf der Frankfurter Verhandlung nicht kommentieren. Die Vorwürfe der Branche will My-Taxi-Sprecher Stefan Keuchel allerdings nicht auf dem Unternehmen sitzen lassen: „Bei allem Verständnis für die Sorgen der Taxi-Zentralen muss man sich schon mal anschauen, wie die Marktanteile aussehen.“ In Stuttgart beispielsweise habe My Taxi derzeit einen Vermittlungsanteil von zwei Prozent. „Von Verdrängung oder davon, dass wir uns den Markt einverleiben wollen, kann keine Rede sein. Wir sind ein junges Unternehmen und weit davon entfernt, eine Marktmacht zu besitzen“, so Keuchel.

Genau das bestreitet die Taxibranche. Falls sich das Modell durchsetzt, befürchtet Schlenker Entwicklungen wie in den USA. Am vergangenen Silvesterabend war es in New York günstiger, mit dem Helikopter zu fliegen, als ein Taxi des umstrittenen Vermittlers Uber zu nehmen. Weil es für den keine Tarifpflicht gibt, hatte er nämlich die Preise drastisch erhöht.

Durch die Prozesslawine droht der Riss im Verhältnis zwischen den Partnern Daimler und Taxigewerbe immer tiefer zu werden. Derzeit ziert etwa 60 Prozent der 90 000 deutschen Taxis und Mietwagen der Stern des Autobauers. Vom Ausgang des Verfahrens in Frankfurt hängt also einiges ab. Doch klar ist schon jetzt: Verliert My Taxi den Prozess, geht der Streit in die nächste Instanz.