Im Sindelfinger Einrichtungshaus gab es einen Kundenstreit um einen günstigen Backofen. Eine Frau nimmt einem Mann den Einkaufswagen weg Foto: dpa

Einkaufen ein Vergnügen? So nicht. Wenn die Polizei kommen muss, ist der Spaß schnell vorbei. So geschehen jetzt bei Ikea. Hier haben sich zwei Kunden um ein stark verbilligtes Einzelstück gebalgt. Körperverletzung inklusive.

Sindelfingen - Knut-Schnäppchen im schwedischen Einrichtungshaus an der Hanns-Martin-Schleyer-Straße in Sindelfingen. Noch bis zu diesem Samstag läuft der Schlussverkauf. Im Angebot zum Beispiel: Backöfen für 199 Euro. Doch es geht noch günstiger. In der Fundgrube gibt es Ausstellungstücke, die im Preis noch weiter herabgesetzt sind. Und genau hier, im Kassenbereich von Ikea, ist am späten Mittwochnachmittag ein 48 Jahre alter Mann fündig geworden. Er hat ein Einzelstück ergattert, einen Backofen für 139 Euro.

Was tun damit? Natürlich in den Einkaufswagen packen. Zu den anderen Sachen, die er bereits bei Ikea gefunden hatte. Obendrauf dann noch einige Regalbretter. Geschafft. Halt. Es fehlt noch etwas. Die Bedienungsanleitung für den Schnäppchen-Backofen. Die bekommst du in der Fachabteilung. Ob die Ikea-Mitarbeiterin, die der 48-Jährige nach der Anleitung gefragt hat, im Werbejargon des großen schwedischen Möbelhauses geantwortet hat, ist nicht gesichert. Geführt aber wurde ein Gespräch mit diesem Inhalt ganz sicher. Das sagte am Donnerstag Alex Preußer, die Chefin des Sindelfinger Einrichtungshauses, unserer Zeitung.

So weit, so gut. Der Ärger beginnt, als der Mann wenig später zurückkommt. Der Einkaufswagen mit dem Super-Knut-Schnäppchen ist weg. Der Böblinger Polizeisprecher Frank Natterer beschreibt das erschreckende Geschehen nüchtern so: „Er musste erkennen, dass eine andere Kundin sich seinen Einkaufswagen geschnappt und bis auf den Backofen ausgeräumt hatte.“ Dort, wo vorher noch der Wagen stand, sind jetzt nur noch die Regalbretter und die anderen Einkäufe – sie liegen am Boden.

Gezeter und Geschrei an der Kasse

Die Lage im Bereich von Fundgrube und Bezahlstationen bei Ikea in Sindelfingen ist übersichtlich. Und so hat der 48-Jährige keine große Mühe, seinen Wagen mit seinem Schnäppchen zu entdecken. Er befindet sich bereits an einer Kasse. Eine Frau hat ihn sich geschnappt. Sie ist, wie sich später herausstellt, 67 Jahre alt. Und offenbar begierig darauf, den 139-Euro-Backofen mit nach Hause zu nehmen. Eile tut not.

„Die 67-Jährige stand bereits an der Kasse, als der 48-Jährige der Frau den Einkaufswagen wieder entriss“, berichtet der Polizeisprecher. Und dabei, so Natterer weiter, wurde die Rentnerin leicht an einem Finger verletzt. Es gab ein Gezeter und Geschrei. Und offenbar konnte sich vor allem die Frau überhaupt nicht beruhigen. „Sie wollte die Polizei hier haben und Strafanzeige erstatten“, weiß Ikea-Chefin Preußer.

So kam es dann auch. Eine Mitarbeiterin des Möbelhauses machte den Anruf. Und die Beamten fanden gegen 17.50 Uhr zwei erregte Schnäppchenjäger vor. Die Frau, so der Polizeisprecher, sei sehr laut und hysterisch gewesen, der Mann habe darauf gepocht, dass der Backofen ihm gehöre. Darüber konnten die Polizisten freilich nicht entscheiden. „Diebstahl scheidet strafrechtlich aus“, sagt Natterer. Der männliche Schnäppchenjäger hatte den Backofen schließlich noch nicht erworben. So nahmen die Beamten nur eine Anzeige mit: Die der Frau gegen den 48-Jährigen wegen Körperverletzung.

Mann war bereits Besitzer des Backofens

Die Sache ist freilich juristisch knifflig. Möglicherweise durfte der Mann nach dem Einkaufswagen greifen. Er war zwar noch nicht Eigentümer, aber bereits Besitzer des Backofens gewesen. Dazu finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Regelungen. So heißt es in Paragraf 858 (Verbotene Eigenmacht), dass derjenige widerrechtlich handelt, der dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht. „Wir werden überprüfen, ob die Tat des Mannes gerechtfertigt war“, sagte am Donnerstag Claudia Krauth, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Und wer hat den Backofen am Mittwochabend triumphierend mit nach Hause genommen? „Keiner“, sagt Einrichtungshauschefin Preußer. Warum die Schnäppchenjäger darauf verzichteten, weiß sie nicht. Auch der Polizeisprecher kann diese Frage nicht beantworten. Möglicherweise hatte die Auseinandersetzung ja beiden den Spaß an dem günstigen Einkauf gründlich verdorben.

Für Preußer stellt sich der strittige Fall so dar. „Die Dame hätte auf den Backofen bestehen können.“ Denn die Mitarbeiterin, die dem 48-Jährigen den Weg in die Fachabteilung wies, hätte ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er auf seinen Einkaufswagen achten müsse. Bei Ikea gelte die Regel: „Wir reservieren nichts.“ Auch das sei dem in der Fundgrube fündig gewordenen Mann mitgeteilt worden. Er aber habe den Wagen zur Seite gestellt. Die Frau entdeckte das Super-Knut-Schnäppchen und nahm es mit. Am Ende jedoch hat es keiner bekommen.