Die alte Rettungswache am Neckarpark ist Geschichte. Foto: Uli Nagel

Der Neubau der dringend benötigten neuen Wache hätte längst beginnen sollen. Doch um die Finanzierung gibt es Streit – mit Auswirkungen aufs ganze Land?

Stuttgart - Still ruht der Parkplatz. In der Cannstatter Martha-Schmidtmann-Straße deutet jedenfalls nichts darauf hin, dass hier bald die Bagger anrollen könnten. Auf der Fläche, auf der heute noch die Mitarbeiter des benachbarten Krankenhauses Bad Cannstatt ihre Autos abstellen, hätte eigentlich schon vor drei Jahren Baubeginn für die neue Rettungswache 3 sein sollen. Wann tatsächlich direkt gegenüber des Mehrgenerationenhauses der Startschuss fällt, steht aber noch immer in den Sternen.

 

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) musste bereits 2019 seine bisherigen Räume am Bellingweg verlassen. Seither steht Stuttgarts größter Stadtbezirk ohne eigene Rettungswache da. Abgedeckt werden die Einsätze aus der Neckarstraße und vom Robert-Bosch-Krankenhaus aus, ein Fahrzeug steht normalerweise auch am Cannstatter Krankenhaus, um die Wege kurz zu halten. Eine Übergangslösung, die auf Dauer nicht glücklich sei, heißt es aus DRK-Kreisen. Gleichwohl: Die Versorgung der Bevölkerung sei einstweilen gesichert.

Doch warum baut man nicht einfach? Erst gab es Probleme mit der Genehmigung. Als das geklärt war, ging’s ums Geld. Und genau an diesem Punkt sind die Fronten verhärtet. Der eingeschossige Funktionsbau soll auf einer Nutzfläche von 530 Quadratmeter Platz für drei Rettungsfahrzeuge, Werkstatt, Waschanlage und Ausbildungsräume bieten. Die Gesamtkosten sollen rund 2,1 Millionen Euro betragen. Das DRK hat beim Land eine Fördersumme von 1,89 Millionen Euro beantragt. Doch das Land hat nach Angaben des Innenministeriums nur 470 000 Euro bewilligt. Ein gewaltiger Unterschied.

Was ist förderfähig?

Nach den aktuell gültigen Richtlinien muss das Land 90 Prozent der förderfähigen Kosten übernehmen. Doch was unter diesen Begriff fällt, da sind sich die Beteiligten uneinig. „Die Differenz zwischen der beantragten und der bewilligten Fördersumme ist darauf zurückzuführen, dass zum einen einzelne Räume größer gebaut werden, als es die Vorgaben vorsehen, und zum anderen Räumlichkeiten gebaut werden, die von der Förderfähigkeit nicht umfasst sind“, sagt Carsten Dehner, Sprecher des Innenministeriums. Außerdem seien zusätzliche Stellplätze geplant, die ebenfalls nicht förderfähig seien.

Beim DRK sieht man das anders. Dort will man offiziell zum Streit nicht viel sagen. Doch hinter den Kulissen ist zu hören, dass man Rettungswachen am Bedarf orientieren müsse und nicht an veralteten Vorgaben von Förderrichtlinien. Man könne nicht große Teile eines Neubaus für die Notfallrettung aus Spendengeldern finanzieren. Das gilt als landesweites Problem. Deshalb hat das DRK in einem Positionspapier zur Landtagswahl eine Überarbeitung der derzeitigen Regeln gefordert. „Die Finanzierungsfrage der Rettungswachen muss endgültig geklärt und die Förderrichtlinien müssen praxisnah angepasst werden“, heißt es in dem Papier.

Klage mit Signalwirkung

„Wir sind mit dem Land in Gesprächen wegen der zukünftigen Förderrichtlinien“, sagt Udo Bangerter, Sprecher des DRK-Landesverbandes Baden-Württemberg. Dabei belässt man es jetzt aber nicht mehr. Der Verband geht vor Gericht. „Die Klage des DRK am Verwaltungsgericht Stuttgart richtet sich gegen das Land, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart. Gegenstand ist die vollumfängliche Bewilligung des Förderantrages“, bestätigt Ministeriumssprecher Dehner. Dabei geht es nur vordergründig um die Cannstatter Wache, denn die Klage zielt auf eine landesweite Lösung des Problems ab. Das ist auch im Landtag angekommen – dort hat jüngst die FDP einen Fragenkatalog zur Cannstatter Wache eingereicht und entsprechende Antworten erhalten.

Und wann rollen die Bagger? Das weiß derzeit niemand. Bei der Stadt als Rechtsaufsicht heißt es, man habe für den Baubeginn keine Frist gesetzt. Wohl aber für eine Erhöhung der Rettungsmittel in diesem Bereich. Seit September würden nun zusätzliche Dienste besetzt – „soweit dies unter den aktuellen Rahmenbedingungen realisierbar ist“. Und die sind alles andere als ideal.