Geißelt die Merkelsche Flüchtlingspolitik: Horst Seehofer Foto: dpa

Der Streit um die Merkelsche Flüchtlingspolitik heizt sich immer mehr auf. Die CSU fordert ein Burkaverbot und eine Obergrenze für den Zuzug von Ausländern. Die SPD keilt mit beispielloser Schärfe zurück.

Berlin - Kurz nachdem Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel im Bundestag in der Flüchtlingsdebatte zur Mäßigung aufgerufen hat, legt die CSU im unionsinternen Streit mit der Forderung drastischer Verschärfungen nach. In einer Beschlussvorlage für die Vorstandsklausur plädiert die Partei unter anderem für eine Obergrenze von 200000 Flüchtlingen pro Jahr, Transitzonen an der Grenze, die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft, ein vollständiges Burka-Verbot und den Vorrang für Zuwanderer „aus unserem christlich-abendländischen Kulturkreis“. Die CDU-Vorsitzende hat solche Maßnahmen bisher stets abgelehnt.

Vor allem die SPD reagierte mit beispiellosen Attacken auf den Koalitionspartner. SPD-Vizechef Ralf Stegner sagte dieser Zeitung: „Christliche Nächstenliebe verteidigt man nicht, indem man den Rechtspopulisten nach dem Munde redet. Das CSU-Papier sei angesichts des folgenlosen Appells der Kanzlerin im Bundestag nichts anderes als „ein Anti-Merkel-Papier“. Merkel habe „offenbar nicht mehr die Kraft, in der Union Geschlossenheit herzustellen“.

„Alberne Transitzonen“

Alles, was die CSU fordere, sei „entweder schon richtigerweise von Herrn de Maizière abgelehnt worden oder mit der SPD in keiner Weise zu machen“, sagte der SPD-Vize in Berlin vor Journalisten. „Nur noch Flüchtlinge christlichen Glaubens zuzulassen, ist mit dem Grundrecht auf Asyl genauso wenig vereinbar, wie diese albernen Transit-Zonen, die nichts anderes als Internierungslager an der Grenze sind“. Die Forderung nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft nannte er einen „Aufruf an junge Deutsch-Türken, sich Herrn Erdogan anzuschließen.“ Stegner wörtlich: „Eigentlich denken sich sowas nur Verrückte aus.“ Auch ein allgemeines Burkaverbot sei „verfassungsrechtlich nicht zu machen und grober Unfug“. Auf Twitter mutmaßte Stegner schließlich, dass in München offenbar in diesen Tagen „der Verstand in die Lederhose rutscht.“

FDP-Chef Lindner fordert ein Einwanderungsgesetz

FDP-Chef Christian Lindner sagte dieser Zeitung, er erwarte, dass sich die Regierung und damit auch die CSU „der wirklichen Probleme annimmt“. Auch er würde sich wünschen, dass man „auf der Straße, vor Gericht oder beim Besuch des Amtes und in der Schule das Gesicht sehen kann.“ Aber „die wesentlichen Probleme löst das nicht.“ In Deutschland fehle laut Lindner vor allem „ein Einwanderungssteuerungsgesetz, das klar unterscheidet zwischen Flüchtlingen, denen wir auf Zeit Unterstützung gewähren und anderen, die wir nach klaren Regeln und Kriterien einladen, mit uns gemeinsam den Wohlstand des Landes zu mehren.“ Zur CSU-Forderung nach einer bevorzugten Aufnahme von Flüchtlingen aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis sagte Lindner, bei einem Schutzsuchenden oder bei einem Einwanderer dürfe „seine Religion oder seine Kultur keine Rolle spielen“.