Das Lernen am Computer soll bald Alltag in deutschen Schulen werden. Deshalb soll in die digitale Infrastruktur investiert werden. Foto: dpa

Offiziell fehlt der weiße Rauch noch. Aber wenn der Vermittlungsausschuss beschließt, was sich abzeichnet, können Investitionen von fast zehn Milliarden Euro bald fließen.

Berlin - Die SPD-Fraktion im Bundestag ist sich schon am Mittwochmorgen sicher, dass die Einigung über den Digitalpakt samt Grundgesetzänderung zur Neuordnung der Bildungsfinanzierung nun nicht mehr scheitern wird. Zwar tagt der Vermittlungsausschuss erst am Abend, und deshalb kann der weiße Rauch der offiziellen Einigung zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufsteigen. Aber dass der sozialdemokratische Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider schon vormittags nicht nur den Abschluss der Vermittlungsgespräche, sondern auch den Bundestagsbeschluss für diesen Donnerstag ankündigt, spricht Bände. Gäbe es ein Restrisiko oberhalb des Promillegrenze, hätte er sich so nicht positioniert. Schließlich will er seiner Parteifreundin, der Schweriner Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, kein Ei ins Nest legen.

Jetzt sind Manuela Schwesig und Hermann Gröhe am Zug

Schwesig hat zusammen mit dem früheren CDU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe den Vorsitz im Vermittlungsausschuss inne. Die beiden müssen das Problem lösen; und ihnen kommt die offizielle Verkündigung zu, dass der Knoten durchschlagen ist und die nötigen Mehrheiten für eine Verfassungsänderung stehen. Der Bundestag soll sie dann gleich im Anschluss ans Vermittlungsverfahren beschließen, der Bundesrat wird bei seiner nächsten Sitzung am 15. März nachziehen.

Dann können nicht nur die fünf Milliarden Euro, die der Bund für die Umsetzung des Digitalpakts an den Schulen bereitgestellt hat, in die Länder fließen. Dann sind auch die Voraussetzungen geschaffen, dass zwei weitere Milliarden-Vorhaben der großen Koalition umgesetzt werden: Erstens hat Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag vereinbart, den sozialen Wohnungsbau in dieser Wahlperiode mit zwei Milliarden Euro zu fördern. Dazu muss der Verfassungsartikel 104 b geändert werden. Zweitens will der Bund die Mittel für den öffentlichen Nahverkehr über die Gemeindeverkehrsfinanzierung in den nächsten vier Jahren von 330 Millionen auf eine Milliarde Euro jährlich verdreifachen. Das erfordert eine Änderung der Artikel 104 a und 125 c. Beides ist zwischen Bund und Ländern nicht umstritten, drohte aber im Streit um die Bildungsfinanzierung und den Digitalpakt unter die Räder zu kommen.

Die Verfassungspläne des Bundestags wurden entscheidend entschärft

Den ursprünglichen Beschluss des Bundestags, der dem Bund weitreichende Gestaltungsspielräume in der Schulpolitik eingeräumt hätte, haben die 16 Länder kurz vor Weihnachten einstimmig gestoppt. Deshalb war das Vermittlungsverfahren nötig. Seither wurden von der zuständigen Arbeitsgruppe unter Leitung des Fraktionsvizechefs Andreas Jung (CDU) und der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) die entscheidenden Passagen entschärft. Der Bund besteht nun nicht mehr darauf, Finanzmittel zur „Sicherstellung der Qualität und der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens“ geben zu können. Stattdessen werden die Fördermittel unmittelbarer auf Investitionen sowie damit verbundene, unmittelbare Kosten im Bereich der kommunalen Bildungsinfrastruktur zugeschnitten (Artikel 104c). Gestrichen ist außerdem die Forderung, dass die Länder die Bundesmittel mindestens in gleicher Höhe kofinanzieren müssen. Als einzige Voraussetzung bleibt, dass die Länder ihre eigenen Mittel in diesem Bereich nicht kürzen dürfen.

Auch bei den umstrittenen Kontrollrechten, die vor allem Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein Dorn im Auge waren, gibt es bei den Finanzhilfen für Bildung einen Kompromiss: Dort darf der Bund Berichte und Akteneinsicht über die Verwendung der Bundesmittel verlangen, nicht aber eigene Erhebungen machen.

Winfried Kretschmann bleibt wachsam bis zum Schluss

Von den fünf Ländern, die den härtesten Widerstand gegen die ursprünglichen Reformpläne des Bundestags leisteten, haben Bayern, Hessen, Sachsen und Nordrhein-Westfalen Zustimmung signalisiert. Die vier Ministerpräsidenten aus München, Wiesbaden, Dresden und Düsseldorf lassen sich in der entscheidenden Sitzung in Berlin vertreten. Winfried Kretschmann dagegen wird dort sein und lässt sein Stimmverhalten vor Beginn der Sitzung offen.