Auf dem Blumengroßmarkt kaufen gut 1000 Fachhändler ein. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Der Streit zwischen den Genossen des Blumengroßmarkts und den Märkten Stuttgart geht in die nächste Runde. Vor dem Gerichtsprozess ringt man um die Deutungshoheit.

Stuttgart - Dieser Freitag ist der Tag der Liebenden. Und der Feiertag der Blumenhändler. Selten verkaufen sie so ordentlich wie am Valentinstag. Alljährlich am 14. Februar gedenkt man des heiligen Valentins, der einst frischverheirateten Paaren Blumen aus seinem Garten schenkte. Von solchen Gesten sind die immer noch miteinander verbandelten Märkte Stuttgart und die Genossen des Blumengroßmarktes weit entfernt. Kein Wunder, strebt doch ein Partner die Scheidung an. Am 3. März wird vor dem Stuttgarter Landgericht darüber verhandelt, ob der Blumengroßmarkt seine Hallen auf dem Großmarkt räumen und sein Geschäft der städtischen Tochter Märkte Stuttgart überlassen muss.

Die Stadt sagt, es sei Zeit für neue Verträge

In 51 Jahren Beziehung ist einiges passiert. Nun packen beide Seiten aus, was denn alles so schiefgelaufen sei. Die Stadt hat ihre Sicht der Dinge jetzt in einer Pressemitteilung formuliert. Da schreibt sie, die Märkte Stuttgart als Eigentümer des Stuttgarter Großmarkts hätten der Genossenschaft vor mehr als zwei Jahren neue Mietverträge vorgelegt. „Es war einfach an der Zeit, die Verträge, die zum Teil über 50 Jahre alt sind, anzupassen“, sagt Thomas Lehmann, Geschäftsführer der Märkte Stuttgart. Man habe viele Verhandlungen geführt, und im Dezember 2017 habe die Genossenschaft sogar ein Vertragsangebot angenommen. „Doch das zunächst angenommene Vertragsangebot wurde am nächsten Tag von der Genossenschaft widerrufen“, schreibt die Stadt. Daraufhin habe man im Abstimmung mit dem Aufsichtsrat der Märkte Stuttgart die ersten Altverträge gekündigt.

Die Geschäftsbeziehung besteht seit 51 Jahren

Die Genossen haben dies anders in Erinnerung. Der Blumengroßmarkt ist als Genossenschaft organisiert, getragen von 50 Betrieben mit 300 Mitarbeitern. Das sind größtenteils Gärtnereien aus der Region, die ihre Pflanzen und Blumen auf dem Großmarkt in Wangen anbieten. Am Nikolaustag 1968 hatte der Gemeinderat in einem Vertrag gebilligt, „dass der Blumengroßmarkt den bisher von der Stadt betriebenen Großmarkt mit Schnittblumen, Topf- und Zierpflanzen in eigener Regie übernimmt“. Und habe dabei auf ein ordentliches Kündigungsrecht verzichtet, sagen die Genossen.

Zudem sei die Behauptung falsch, der Blumengroßmarkt habe jemals ein Vertragsangebot angenommen. Genosse und Vorstand Christian Koch: „Das stimmt nicht. Es gab nie eine Zusage. Das dürfen wir ohne eine Zustimmung unserer Generalversammlung gar nicht .“ Auch die Tatsache, dass die Stadt den Gärtnern Einzelmietverträge zu angeblich günstigeren Konditionen anbietet, erzürnt die Genossenschaft. Derzeit zahlen die Gärtner 18,50 Euro Miete je Quadratmeter an den Blumengroßmarkt. „Da ist alles inklusive“, sagt Gert Hieber, Geschäftsführender Vorstand der Genossenschaft, „Instandhaltung, Service, Werbung, Nebenkosten und auch ein Gewinn für die Genossenschaft, den man ja wieder im Sinne der Genossen einsetzt“.

Streit über den Wert der Immobilien

Nun will die Stadt 11,56 Euro je Quadratmeter verlangen, aber ohne Nebenkosten. Hieber: „Die sind derzeit bei 4,50 Euro je Quadratmeter.“ Hiebers Schlussfolgerung: „Man rechnet das schön.“ Doch das habe nicht funktioniert. Bis auf ein einziges Mitglied hätten alle unterschrieben, dass sie weiter vom Blumengroßmarkt mieten wollen. Die Genossenschaft betreibt auf städtischem Grund zwei eigene Vermarktungshallen, eine gepachtete Vermarktungshalle und eine Ladehalle. Die sollen sie räumen.

Die Stadt will die Immobilien kaufen. Laut Gutachten der Stadt sind die Hallen noch 421 000 Euro wert. Ein Gutachter der Genossenschaft kam auf 3,8 Millionen Euro. Welcher Wert realistisch ist, auch darüber soll das Gericht befinden.

Die Beteiligten werden sich am Tag der Liebe wohl keine Blumen verehren. Das passende Geschenk wäre auch ein Kaktus. Mit langen Stacheln.