Park-and-Ride-Parkplatz unter Bäumen: Am Kallenberg’schen Areal wird gebaut, darum sollen die Autos ebenso verschwinden wie das Grün Foto: factum/Granville

Bauprojekt contra Stadtgrün: Die Ludwigsburger Stadträte meinen, für eine Kurskorrektur sei es zu spät, aber die Bürger wollen das nicht akzeptieren.

Ludwigsburg - Gegen Kahlschlag! Die Anwohner der Solitude- und der Leonberger Straße in Ludwigsburg machen mobil. Sie möchten verhindern, dass etwa 40 Bäume, die bisher noch einen Park-and-Ride-Parkplatz in der Nähe des Busbahnhofs einrahmen, gefällt werden. Die Autos sollen bald verschwinden und mit ihnen die meisten Bäume. Es geht um das Kallenberg’sche Areal, auf dem ein Häuserkomplex mit dem Kinderwunschzentrum als Hauptmieter gebaut werden soll. Die Planung dafür ist weit fortgeschritten, aber die „Interessengemeinschaft Stadtnatur“ will sich damit nicht abfinden.

Die Anwohner monieren, dass sie von der Verwaltung nicht zum Bauprojekt befragt worden sind. Darauf hätten sie einen Anspruch, meint Heidrun Schmid, die als Sprecherin der Nachbarschafts-Initiative fungiert. „Als Bewohner der Leonberger Straße werden wir oft vergessen, weil wir irgendwie dazwischen liegen“, sagt sie. Darum hat sich die Interessengemeinschaft mit einem Brief an den Baubürgermeister und die Stadträte gewandt. Mit dem Appell, doch wenigstens das für das Stadtklima wichtige Grün zu verschonen.

Randlage übersehen

Ein Blick in die Pläne zeigt, dass wohl die meisten Bäume weg müssen. So viele, dass auch mancher Stadtrat jetzt überrascht reagiert. Man sei nie vor Ort gewesen, heißt es. Das sei eben eine Randlage, die man nicht oft im Blick habe. Da jedoch die Entscheidung für den Bau gefallen ist, möchte sich niemand offiziell dazu bekennen.

Geplant sind neben den Hochbaumaßnahmen der Bau einer Tiefgarage sowie eine weitreichende Umgestaltung der Straßen rund um das Kallenberg’sche Areal: Der Verkehr in der Leonberger-, der Solitude- und Bahnhofstraße samt Tunnel muss neu geordnet werden – ebenso die Ausfahrt aus dem nahen Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB).

Die Kritiker hätten sich schon sehr viel früher zu Wort melden müssen, meint die Mehrheit der Stadträte. Schließlich sei das Gelände, auf dem einst die Firma Kallenberg residierte, schon 2016 im Rahmen eines Wettbewerbs zur Umgestaltung des ZOB für eine dichte Bebauung freigegeben worden, sagt Reinhold Noz. „Es geht auch um Vertrauensschutz“, meint der CDU-Rat. „Der Investor muss sich darauf verlassen können, dass er dort bauen kann.“

Der Investor, das ist die Firma D-Quadrat, die auch das Bleyle-Areal bebaut hat. Sie hat im Mai 2017 ihr Interesse angemeldet. „Die Stadt hat das Gelände schon verkauft“, sagt Margit Liepins (SPD). Auf dem Grundstück sollen auch ein Ärztehaus samt Hotel und Café errichtet werden. Das 2010 gegründete Kinderwunschzentrum an der Pflugfelder Straße will expandieren, was am bisherigen Standort bei der MHP-Arena nicht geht. Die Wahl von Leiter Andreas Ott fiel deshalb auf das Areal auf der anderen Seite der Bahngleise.

„Die Bäume entlang der Leonberger Straße werden erhalten bleiben, aber die auf dem Parkplatz und an der Solitudestraße müssen weg“, sagt Baubürgermeister Michael Ilk. „Aber wir werden für einen Ausgleich sorgen.“ Nach Ansicht der Anwohner sind die Bäume wichtig für das Klima. Es sei kein echter Ersatz, wenn im Gegenzug am anderen Ende der Stadt neue Bäume gepflanzt würden. Darauf pocht auch Grünen-Stadtrat Uli Bauer: „Es sollte schon einen Ausgleich in nächster Nähe zur Leonberger Straße geben“, sagt er.

Anwohner werden befragt

Im juristischen Sinne gelten die Anlieger der Leonberger Straße nicht als Anlieger, sagt Ilk. Die Verwaltung gedenke, sie dennoch anzuhören: „Wir fühlen da ein Unbehagen in der Bevölkerung“, sagt der Bürgermeister. „Die Leute wollen uns etwas mitteilen.“ Tatsächlich haben die Anwohner eine Flugblattaktion gestartet. Gleichzeitig sammeln sie Unterschriften gegen das Bauvorhaben. „Wir werden die Anwohner befragen, sobald der Bauantrag des Investors vorliegt“, verspricht Ilk. Da das Projekt zügig abgewickelt werden soll, rechnet er schon sehr bald damit.