Der Nabu hat dokumentiert, was nach der Rodungsaktion von der mehr als 100 Jahre alten Streuobstwiese übrig blieb. Foto: Nabu BW

Im Streit über die Fällung von 39 Bäumen auf einer Streuobstwiese bei Bretten machen Naturschützer und Grüne Druck. Wird es für das Landratsamt jetzt eng?

Im Streit über die Abholzung einer Streuobstwiese bei Bretten zugunsten eines Industriegebiets hat der Nabu Baden-Württemberg Dienstaufsichtsbeschwerde gegen das Karlsruher Landratsamt eingereicht. Die Behörde habe die Mitteilung über die Genehmigung des Sofortvollzugs, also die Erlaubnis zur Rodung durch die Stadt Bretten, postalisch und damit verzögert an den Nabu zugestellt, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Johannes Enssle.

Dies habe den Nabu seiner Rechte beraubt. Als der Verband die Rodung gerichtlich stoppen ließ, waren 39 von 40 Bäumen schon gefällt. Ein Hinweis per Mail, Fax, Telefon oder über das digitale Anwaltspostfach wäre möglich und üblich gewesen, sagte der Nabu-Rechtsanwalt Dirk Teßmer. „Ich frage mich, ob das Landratsamt der Stadt Bretten hier bewusst einen zeitlichen Vorsprung verschaffen wollte“, sagte Enssle. Der Sofortvollzug hatte den vorherigen Widerspruch des Nabu kurzfristig ausgehebelt.

Landratsamt wundert sich über Nabu

Das Landratsamt äußerte sich nicht zur Dienstaufsichtsbeschwerde. Man werde den weiteren juristischen Gang abwarten, sagte ein Sprecher. Allerdings wundere man sich, dass der Nabu im regionalplanerischen und bebauungsplanrechtlichen Verfahren keine Stellungnahme abgegeben habe.

Derweil hat der Fall landespolitische Dimensionen erreicht. Grüne Abgeordnete aus den betroffenen Wahlkreisen kündigten in einem offenen Brief an das Landratsamt und den Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff (parteilos) juristische Konsequenzen an. Das Vorgehen verletze das rechtsstaatliche Gebot der Fairness. Zudem sei zu prüfen, ob der im neuen Naturschutzgesetz des Landes verankerte besondere Schutz von Streuobstwiesen eine Verschärfung erfordere.

Der Brettener OB weist die Vorwürfe zurück

Über den Konflikt muss nun das Verwaltungsgericht Karlsruhe ein Urteil fällen. Unserer Zeitung sagte der Brettener OB vergangene Woche, dass er die Kritik von Nabu und dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) für „völlig überzogen“ halte. Von Tricksereien bei der Genehmigung könne „keine Rede sein“. Man habe sich lediglich vorbereitet, als man den Sofortvollzug beantragt habe, und habe deshalb sofort loslegen können. Die Grünen bieten Wolff nun einen Dialog an. Gemeinsam solle man einen Kompromiss finden.