Die CDU-Fraktion zerpflückt gerade die Vorlage von Horst Seehofer. Foto: AP

Für die Arbeitgeber ist der Streit in der Unionsfraktion über die Zuwanderung unverständlich und schädlich.

Berlin - Bundesinnenminister Horst Seehofer stößt mit seinem Entwurf eines Fachkräfte-Zuwanderungsgesetzes auf unerwartet heftigen Widerstand in der Unionsfraktion des Bundestages. Das Gesetz soll eigentlich am 19. Dezember im Kabinett verabschiedet werden. In einem fünfseitigen Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt, wenden sich die innen- und wirtschaftspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg und Joachim Pfeiffer, an die Minister Seehofer und Peter Altmaier. Das Schreiben endet mit der knappen Feststellung, dass der Entwurf der Bundesministerien in der vorliegenden Form „aus fachpolitischer Sicht nicht zustimmungsfähig“ sei.

Alte Reflexe der CDU

Geradezu fassungslos reagierte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg. „Wir hatten gehofft, dass die Union diese Art von Reflexen überwunden und anerkannt hat, dass Deutschland die Zuwanderung von Fach- und Arbeitskräften auch aus Drittstaaten benötigt“, sagte er unserer Zeitung. Leider lege der Vorstoß aus der Unionsfraktion „ein massives Misstrauen gegenüber potenziellen Zuwanderern an den Tag“. Dick fügte eine heftige Attacke an: „Im Übrigen erwarten wir von CDU-Vertretern aus dem Südwesten und des CDU-Wirtschaftsflügels, dass sie sich hier auch für die Interessen der Unternehmen aus Baden-Württemberg einsetzen, die in manchen Landstrichen derzeit nicht einmal mehr Hilfskräfte finden.“ Auch der Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer sagte am Donnerstag auf Nachfrage unserer Zeitung ganz klar: „Der Entwurf von Bundesminister Horst Seehofer ist abgewogen und hilft den Unternehmen.“

Einwanderung in Sozialsysteme befürchtet

Die beiden Sprecher Middelberg und Pfeiffer halten die im Entwurf vorgesehene „Beschäftigungsduldung“ für gut integrierte Geduldete, die zwar einen Arbeitsplatz, aber keinen Asylanspruch haben, für „nicht akzeptabel“. Dass zudem für junge Menschen aus Nicht-EU-Staaten die Möglichkeiten geschaffen wird, ein halbes Jahr lang in Deutschland auf Ausbildungsplatzsuche zu gehen, gehe „deutlich zu weit“. Der Gesetzentwurf führe zu „Einwanderung in die Sozialsysteme“, sagte Joachim Pfeiffer unserer Zeitung.

Bei den Arbeitsmarktpolitikern der Unions-Fraktion löst der Vorstoß Verärgerung aus. Peter Weiß (Emmendingen), der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Fraktion, sagte unserer Zeitung, der Fachkräftemangel sei „heute schon eine Wachstumsbremse“. Also müsse ein Zuwanderungsgesetz so gemacht werden, „dass es auch attraktiv für gute Leute“ sei. Gerade die hoch wettbewerbsfähige baden-württembergische Wirtschaft „ruft dringend nach einem solchen Gesetz“. Er stelle deshalb mit Verwunderung fest, „dass ausgerechnet der wirtschaftspolitische Sprecher der Fraktion mit seiner Ablehnung „völlig quer zur Wirtschaft“ stehe.