Einige Eltern und Erzieherinnen bei Mariposa bemängeln die Kommunikation mit der Gemeinde. Diese tritt dem Vorwurf entschieden entgegen. Foto: S/efanie Schlecht

Im September 2022 erst eröffnete der Waldorfkindergarten Mariposa in Schönaich. Nun muss er wieder schließen. Die Gemeinde wirft der Einrichtung Vertragsbruch vor. Dem widerspricht der Vereinsvorstand.

Zwischen Karosseriebauer, Tankstelle und Großhandelsmarkt liegt im Gewerbegebiet in Schönaich eine kleine Oase für Kinder: der Kindergarten Mariposa, Spanisch für Schmetterling. Die Wände sind gestrichen in für die Waldorfpädagogik typischen gelb-orangefarbenen, warmen Tönen. Tische aus Holz laden zum Malen und Basteln ein. Doch ob hier auch zukünftig Kinder spielen werden, steht noch in den Sternen. Seit der Vertragskündigung durch die Gemeinde im April 2023 steht das Projekt vor dem Aus. Der Grund: Der Verein habe den 2022 geschlossenen Vertrag verletzt.

 

„Die Nachricht, dass die Bezuschussung Ende Juli 2024 beendet wird, hat uns fassungslos gemacht“, sagt Milena Sterns, eine der Mariposa-Eltern. Ihre Tochter habe die Nachricht hart getroffen: „Ich habe eine Dreiviertelstunde gebraucht, zu erklären, dass sie in Zukunft nicht mehr in den Kindergarten gehen kann. Sie hat sehr geweint.“ Der Vorstand habe von der Gemeinde keine Gründe für die Kündigung des Vertrags erhalten. Bis heute sei nichts mitgeteilt worden, erklärt Mariposa-Vorstandsmitglied Sandra Hartmann.

Gemeinde wirft dem Verein Vertragsbruch vor

Doch was ist passiert, dass die Gemeinde die Notbremse gezogen hat? Bürgermeisterin Anna Walther (SPD) widerspricht der Darstellung mancher Eltern, Erzieherinnen und des Vorstands, die Gemeinde habe dem Projekt ohne jede Erklärung den Garaus gemacht: „Wir haben den Verantwortlichen im März 2023 mitgeteilt, dass wir die Bezuschussung zum 31. Juli 2024 einstellen werden. Die Gründe waren kommuniziert: Der Verein hat den Vertrag gebrochen.“

Kündigungsgründe wurden genannt

Zu den konkreten Punkten, gegen die der Verein verstoßen hat, erklärt Walther: „Die Vereinbarung war, dass der Kindergarten nur Kinder aus Schönaich oder von Eltern, die in Schönaich arbeiten, aufnimmt. Außerdem sollten die erhobenen Beiträge den Beitragssätzen der anderen Einrichtungen im Ort entsprechen.“ Weil dies nicht umgesetzt worden sei, habe es nur einen Ausweg gegeben, betont die Rathauschefin: „Das hatte zwangsläufig die Kündigung zur Folge.“

Eltern von Mariposa-Kindern wie Milena Sterns oder Levent Aydin bestätigen, dass im Kindergarten in der Benzstraße nicht nur Kinder von Schönaicher Familien, sondern zum Beispiel auch Böblinger betreut werden. „Wir haben genug Platz. Auch deswegen wurden Böblinger Kinder aufgenommen“, sagt Aydin. Vorstandsmitglied Sandra Hartmann erklärt: „Wir haben Böblinger Kinder erst aufgenommen, nachdem wir bei der Gemeinde nachfragt hatten, ob weitere Kinder aus Schönaich Bedarf haben und zu uns kommen möchten. Als dies verneint wurde und weil wir Kapazitäten hatten, haben wir den Radius auf Böblingen erweitert.“

Auch dass höhere Kindergartenbeiträge als in den kirchlichen oder kommunalen Einrichtungen in Schönaich erhoben werden, sei richtig, sagt Hartmann. „Wir sind ein Verein, da sind wir auf Mitgliedsbeiträge von Eltern angewiesen. Sonst könnten wir den Kindergartenbetrieb nicht finanzieren. Das war der Gemeinde bekannt“, erläutert das Vorstandsmitglied. Aktuell werden 14 Kinder betreut, zehn von ihnen sind Böblinger. Vier weitere Kinder, die zuvor in den 2022 gegründeten Kindergarten gingen, sind aufgrund der für Eltern zu unsicheren Lage mittlerweile gemeindeeigen untergebracht.

Die Basisförderung erhält Mariposa auch nach Vertragsende

Die Grundfinanzierung des Kindergartens habe nie zur Debatte gestanden, wie Bürgermeisterin Walther klarstellt. „Wir haben gemäß den gesetzlichen Vorgaben 63 Prozent der Betriebskosten getragen. Mariposa wurde in die Bedarfsplanung aufgenommen. Das bedeutet, dass diese Förderung auch ab dem 1. August 2024 gewährt wird.“ Eine darüber hinaus gehende Bezuschussung werde aus den genannten Gründen aber nicht mehr gewährt. Ohne diese kann der Verein den Kindergarten aus finanzieller Sicht allerdings nicht weiter betreiben, erklärt Sandra Hartmann.

Zu der Ankündigung, den Kindergarten aus einer freien Trägerschaft in eine kommunale zu überführen und das dort angestellte Personal zu übernehmen, stehe die Gemeinde weiterhin. „Das ist unser erklärtes Ziel. Es gibt aber keine Garantie, weil noch Gespräche mit dem Vermieter der Räumlichkeiten geführt werden.“ Um aus Mariposa einen kommunalen Kindergarten zu machen, bedürfe es Umbaumaßnahmen, fügt Walther an: „Es braucht Wickelmöglichkeiten und eine Küche.“

Gespräche nur noch über Anwälte

Dass das Tischtuch zwischen Mariposa und der Gemeinde zerschnitten ist, bestätigt die Bürgermeisterin: „Es gibt keine Grundlage mehr, auf der wir zusammenarbeiten können. Es hat Möglichkeiten gegeben, leider wurde der Vertrag nicht eingehalten. Ich bedauere sehr, dass es soweit gekommen ist.“ Auch der Mariposa-Vorstand äußert Bedauern über die Entwicklung: „Es ist schade und für uns noch immer unverständlich. Über alles hätte man sprechen können. Wir verstehen bis heute nicht, warum es soweit kommen musste und weshalb es keine wirkliche Gesprächsbasis zur Gemeinde gegeben hat.“

Wie schlecht das Verhältnis aktuell auch ist, zeigt die Tatsache, dass seit über einem Jahr die Kommunikation nur noch zwischen Anwälten stattfindet. Dem Vorwurf, die Eltern seien nicht benachrichtigt und Rathausvertreter für Gespräche nicht greifbar gewesen, tritt Walther entgegen. „Die zuständigen Personen haben auf Anfragen geantwortet. Dazu gibt es Mailverkehr.“

Gemeinderat stützte Entscheidung

Beim Beschluss, Mariposa nicht mehr über das Gesetzliche hinaus zu unterstützen, habe es keinen Alleingang der Verwaltung gegeben, wie Walther betont: „Der Gemeinderat hat im November 2023 einstimmig beschlossen, Mariposa in unsere Hand zu überführen. Auch sollen nach Möglichkeit die drei Erzieherinnen übernommen werden.“

Klar sei aber, dass es keine Fortführung des anthroposophischen Konzepts geben wird. Sollten die Gespräche mit dem Vermieter der Räumlichkeiten positiv verlaufen, sagt Anna Walther, könne der Kindergartenbetrieb im günstigsten Fall ab Herbst 2024 fortgesetzt werden.

Kinderbetreuung in Schönaich

Betreuungsangebote
 In Schönaich gibt es derzeit acht Kindergärten sowie eine Ganztagesgruppe für Kinder von drei Jahren bis Schulanfang und vier Krippen für Kinder im Alter von ein und zwei Jahren.

Mariposa
 Der Kindergarten wurde im September 2022 eröffnet. Die Erzieherinnen verfolgen ein anthroposophisches Konzept.

Betreuungsplätze
 Derzeit werden 14 Kinder noch betreut. Elf freie Plätze gebe es noch.

Zukunft
 Sollten die Gespräche mit dem Vermieter positiv verlaufen, könne ab Herbst der Kindergartenbetrieb unter kommunaler Trägerschaft stattfinden.