Jens Lehmann muss sich vor Gericht verantworten. Foto: dpa

Einst stand er im Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, heute gibt Jens Lehmann sein Expertenwissen im Fernsehen preis. Auch am Steuer seines Autos scheint er dominant zu sein. Wegen dreier Verstöße im Straßenverkehr muss er vor Gericht - und kommt milde davon.

Starnberg - Der erfolgsverwöhnte Ex-Nationaltorhüter ist an diesem Tag in der Defensive. Eine Viertelstunde vor Prozessbeginn betritt Jens Lehmann das Amtsgericht in Starnberg (Oberbayern), passiert bereitwillig die Sicherheitsschleuse und lässt sich vom Wachpersonal anstandslos in seine Aktentasche schauen. Danach geht er in schwarzer Hose, grauem Pulli und weißem Hemd wortlos an mehreren Kameras vorbei. Einem Fan gibt er bereitwillig ein Autogramm, ehe er mit seinen beiden Anwälten den Sitzungssaal 125 betritt. Dort muss er sich am Mittwoch wegen gleich dreier Verkehrsdelikte verantworten.

Bei den Fragen zu den Personalien des Angeklagten erfahren die Zuhörer, dass der heutige TV-Fußballexperte mit vollem Namen Jens Gerhard Lehmann heißt und dass er einen Tag nach dem Prozess seinen 47. Geburtstag feiert. Als Beruf gibt er „selbstständig“ an. Familienstand: verheiratet, drei Kinder. Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen will er keine Angaben machen.

Dann verliest die Staatsanwaltschaft die Anklage. Am Abend des 9. November 2014 - genau vor zwei Jahren - soll Lehmann einen anderen Autofahrer nahe seinem Wohnort am Starnberger See ausgebremst haben. Anschließend stieg er aus und packte den 42 Jahre alten Kfz-Händler durchs halb geöffnete Autofenster hindurch am Schal, so der Vorwurf.

Nötigung und versuchter Körperverletzung im Straßenverkehr

Wegen Nötigung und versuchter Körperverletzung im Straßenverkehr brummte die Staatsanwaltschaft Lehmann einen Strafbefehl über 60 Tagessätze zu je 4000 Euro auf - macht satte 240 000 Euro. Doch der 46-Jährige legte Einspruch ein, weshalb es nun zum Prozess kam.

Richterin Christine Conrad will es genau wissen. Sie quetscht den Angeklagten zum Hergang des Streits am Ende der nach Starnberg führenden Autobahn aus. Doch Lehmann kann sich an Details angeblich nicht mehr erinnern. „Das ist zwei Jahre her“, sagt er mehrfach achselzuckend. Sicher ist er sich jedoch, dass sein Kontrahent ganz dicht an ihm vorbeigefahren sei. „Ich hatte das Gefühl, dass er mich rammen wollte“, sagt der Ex-Fußballprofi. „Ich habe mich zu Tode erschreckt.“

Der Kfz-Händler hält im Zeugenstand dagegen, dass Lehmann ihn an der Autobahnausfahrt mit seinem Auto zum Anhalten gezwungen habe. Dann sei der Sportsmann ausgestiegen, „hat irgendetwas gebrüllt und mich am Hals gepackt“. Erst als er als Angegriffener auf die Hupe gedrückt habe, „hat er losgelassen“, schildert der Starnberger Autohändler den Vorfall aus seiner Sicht.

Eine Sitzungsunterbrechung am Mittag nutzen Staatsanwaltschaft und Verteidigung für eine Verständigung: Das Verfahren um den womöglich handgreiflichen Streit vor zwei Jahren wird eingestellt, ebenso ein Verfahren wegen falscher Verdächtigung. Dabei soll Lehmann im Frühjahr bei einer Geschwindigkeitskontrolle auf der Autobahn Salzburg-München (A8) am Irschenberg geblitzt worden sein. Er gab aber einen anderen Mann als Fahrer an, als er einen Bußgeldbescheid bekam. Sein Pech: Auf einem Foto ist er als Fahrer zu erkennen.

Beihilfe zur Unfallflucht

Übrig bleibt bei den drei zunächst verbundenen Verfahren Beihilfe zur Unfallflucht. Lehmann war im vergangenen Herbst als Beifahrer in der Münchner Innenstadt in einen Auffahrunfall verwickelt worden. Doch er weigerte sich, dass der Zusammenstoß von der Polizei aufgenommen wird.

Die Richterin folgt dem Vorschlag der Anklagebehörde: Lehmann zahlt für dieses Vergehen 50 Tagessätze zu je 850 Euro - 42 500 Euro. Bei der ursprünglichen Höhe der Tagessätze á 4000 Euro im nun eingestellten Fall der versuchten Körperverletzung war die Staatsanwaltschaft von einem deutlich höheren Monatseinkommen des Angeklagten ausgegangen. Als tatsächliches monatliches Nettogehalt gaben Lehmanns Anwälte nun 25 000 Euro an.

So wortkarg, wie der Ex-Fußballer das Gericht betrat und sich im Sitzungssaal gab, bleibt er auch am Ende. Als ihn die Richterin fragt, ob er in seinem Schlusswort noch etwas loswerden wolle, überlegt er lange - und sagt dann doch nur: „nein“.