Wer hat recht? Die Stadt Ludwigsburg oder die Bauträger? Ein Gericht soll nun entscheiden. Foto: Pascal Thiel

Die Immobilienunternehmer ziehen vor Gericht: Sie klagen gegen die Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL), weil sie der Ansicht sind, dass das städtische Tochterunternehmen sie aus dem Wettbewerb drängt.

Ludwigsburg - Der Streit zwischen den privaten Bauträgern und der Stadt schwelt schon lange, doch jetzt ziehen die Unternehmer vor Gericht. Sie klagen gegen die Wohnungsbau Ludwigsburg (WBL), weil sie der Ansicht sind, dass das städtische Tochterunternehmen in Gewässern fischt, die nur Privatunternehmen offen stehen. Der Oberbürgermeister Werner Spec hält dagegen: Das jetzt angefochtene städtische Vorkaufsrecht gebe es nur, weil Ludwigsburg möglichst rasch möglichst viele preisgünstige Wohnungen brauche. Und die WBL sei „das einzige Unternehmen“, das das leisten könne.

Die Immobilienfirmen Pflugfelder, Strenger und Betz, die die Klage eingereicht haben, sind verärgert darüber, dass sie bei Bauprojekten wie etwa dem auf der Markung Muldenäcker oder in Grünbühl-Sonnenberg (ehemalige Bima-Häuser) gar nicht – oder nur mit Nachteilen – zum Zug kommen. Erst am Mittwoch hat der Gemeinderat die Untersuchung der Flurstücke Oßweil-Südost, Mitlander Nord und Aldinger Straße Nord beschlossen. Kommen sie als Bauland in Betracht, will die Stadt auch hier von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen.

Vorkaufsrecht verdirbt das Geschäft

Ein viertes Plangebiet am Gämsenberg wurde jedoch kurzfristig von der Tagesordnung genommen, weil die Firma Pflugfelder protestiert hat. Seit Jahren wollte das Unternehmen dort aktiv werden, doch das Rathaus lehnte alle Bauanträge mit der Begründung ab, das Gelände sei für Wohnungsbau ungeeignet. Nun aber beansprucht die Stadt dafür das Vorkaufsrecht, um dort möglicherweise selbst zu bauen.

Die Stadt hat sich 2015 ein Vorkaufsrecht für Bauflächen ab 3000 Quadratmetern gesichert. Außerdem ließ sie sich vom Gemeinderat absegnen, dass in allen Baugebieten 30 Prozent der Flächen der WBL zur Verfügung gestellt werden. Die Wohnbaugesellschaft teilt diesen Grund dann wiederum auf und baut auf einem Drittel Eigentumswohnungen, in einem Apartments nach dem Subventionsmodell Fair wohnen und im letzten Drittel Mietwohnungen, die sie zum ortüblichen Preis anbietet. Nur dank dieser Mischkalkulation sei es möglich, günstigen Wohnraum zu schaffen, so die Verwaltung. Das neu aufgelegte Wohnraumförderungsgesetz des Landes sei keine echte Alternative.

Der Rechtsanwalt Winfried Porsch von der Stuttgarter Kanzlei Dolde, Mayen & Partner, der die Kläger vertritt, verweist auf eine Änderung des Kommunalgesetzes von 2005. Demnach dürfen kommunale Gesellschaften nur im Interesse der Daseinsvorsorge aktiv werden. „Darunter fallen zum Beispiel die Wasser- oder die Stromversorgung oder eben der Soziale Wohnungsbau“, sagt Porsch. Nicht aber der Wohnungsbau. Außerdem beanstandet der Experte das Fair-Wohnen-Modell. „Hier sind die Bedingungen, die die Stadt eingeht, völlig unklar“, sagt er. Das aber verstoße gegen das Beihilferecht der EU. Im Übrigen sei eine Quersubventionierung nicht zulässig.

„Fair wohnen ist kein sozialer Wohnungsbau“

„Was die Stadt mit Fair wohnen macht, ist kein sozialer Wohnungsbau“, sagt Jürgen Pflugfelder. „Die Stadt will mit der WBL eine Marktdominanz erzielen.“ Die Zeiten seien gut für die Branche, da wolle auch Ludwigsburg profitieren. „Vorbild ist wohl die Bietigheimer Wohnbau“, sagt Pflugfelder. Doch da die Bietigheimer schon vor 2005 sehr viel aktiver auf dem Bausektor unterwegs waren, genießen sie nun Bestandsschutz. Für Ludwigsburg habe dagegen dessen damals mäßiges Engagement als Maßstab zu gelten, sagt Porsch.

Stadträte von CDU, FDP und Freien Wählern betonten, dass man die Bauträger brauche: „Die Stadt kann es nicht allein.“ Margit Liepins (SPD) bedauerte, dass die Firmen gegen die Stadt klagen: „Es hätte nicht so weit kommen müssen.“ Elfriede Steinwand (Grüne) findet es gut, „dass wir den Daumen drauf haben“. Das Problem der Bauträger sei nicht die Stadt, sondern deren Konkurrenz untereinander.