Ganz oben steht „Herzlich willkommen“. Auf einem zweiten Schild drunter sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Minischrift aufgelistet. Foto: Archiv Sägesser

Seit Anfang 2017 gilt auf dem Parkplatz beim Ladenzentrum an der Ulmer Straße in Echterdingen die Parkscheibenpflicht. Genau so lang erzürnen sich Kunden, die in die Falle getappt sind und einen Strafzettel kassiert haben. Eine Frau aus Stuttgart-Hoffeld wehrt sich.

Echterdingen - Yvonne Kerner hat beschlossen, dagegen zu halten. „Für mich ist das Abzocke“, sagt die Frau aus Stuttgart-Hoffeld und meint die 36,50 Euro, die das Unternehmen Park & Control von ihr schriftlich einfordert. 30 Euro als Vertragsstrafe, der Rest sind angefallene Gebühren. Doch Yvonne Kerner will die Summe nicht bezahlen. Weil sie sich im Recht sieht.

„Mein Auto ist kein Briefkasten“

Die Geschichte beginnt für Yvonne Kerner Anfang Oktober mit einem Brief, der ihr unverhofft ins Haus flattert. Absender ist das Unternehmen Park & Control. Der Vorwurf: Yvonne Kerner hat am 22. Juli dieses Jahres ihr Auto auf dem Ladenparkplatz an der Ulmer Straße in Echterdingen abgestellt und vergessen, die Parkscheibe hinter die Windschutzscheibe zu legen. Aus Sicht von Park & Control ein Verstoß gegen den geltenden Parkvertrag, aus Sicht von Yvonne Kerner: nicht zu fassen. „Ich war ganz schön entsetzt“, sagt sie. Erst recht über die Mahngebühren. „Für etwas, von dem ich gar nicht wusste.“ Zwar klemmen die Mitarbeiter den Parkern ohne Parkscheibe bekanntlich Strafzettel hinter den Wischer, Yvonne Kerner aber sagt, sie habe nie einen gesehen. „Mein Auto ist ja auch kein Briefkasten.“ In einem Schreiben wehrt sie sich gegen die Forderungen.

Die Parkscheibenpflicht gilt seit Anfang des Jahres auf dem Echterdinger Ladenparkplatz. Seitdem will es einfach nicht still werden ums Thema. Nicht nur Yvonne Kerner kritisiert das Durchgreifen von Park & Control als befremdlich. In den sozialen Netzwerken wird diskutiert, es gibt eine eigene Facebook-Gruppe. Und der SWR hat in seiner TV-Reihe „Marktcheck“ am 19. September über die umstrittene Praxis der Parkplatzüberwacher berichtet. Ein Fall spielte in Echterdingen.

„Marktcheck“ vom 19. September:

Das Geschäftsmodell von Firmen wie Park & Control scheint sich in einer Grauzone zu bewegen. Das ist aus dem zu schließen, was Oliver Buttler sagt. Er ist Abteilungsleiter Telekommunikation, Internet, Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Grundsätzlich sei es auf privaten Parkflächen wie an der Ulmer Straße erlaubt, Vertragsregeln aufzustellen. Die erhobenen Strafen dürften allerdings nicht sittenwidrig ausfallen. Das sei dann der Fall, wenn sich die geforderte Summe deutlich von den ortsüblichen Bußgeldern der Kommunen abhebt. Das sind fünf bis zehn Euro. 30 Euro erscheinen Oliver Buttler fragwürdig.

Eine andere Sache, die der Verbraucherschützer anmahnt: Für die Autofahrer müssten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar und ohne große Mühen erkennbar sein. An der Zufahrt zum Parkplatz an der Ulmer Straße steht ein blaues Riesenschild. Ganz oben heißt es in unübersehbarer Größe „Herzlich willkommen“. Weiter unten in Minischrift: die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. „Ich habe das gar nicht wahrgenommen“, sagt Yvonne Kerner. „Ich habe es für ein stinknormales Parkplatzschild gehalten.“ Wie sie das Kleingedruckte hätte entziffern sollen, ist ihr schleierhaft. „Die Einfahrt zum Parkplatz ist gleichzeitig die Ausfahrt des Kreisverkehrs.“ Um anzuhalten und Vertragsregeln zu studieren, sei das kein geeigneter Ort. „Das ist für mich unseriös.“

Das Vorgehen sei rechtlich geprüft

Park & Control hält dagegen. „Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind gut sichtbar an der Einfahrt beziehungsweise den Einfahrten zur Parkierungsanlage angebracht“, teilt eine Unternehmenssprecherin mit. „Zusätzlich weisen auf den Anlagen selbst mehrere Schilder deutlich auf die Parkzeit und die Nutzungspflicht von Parkscheiben hin.“ Das Vorgehen von Park & Control sei „rechtlich geprüft und mit den Vorgaben vereinbar“, schreibt die Unternehmenssprecherin. Firmen würden Park & Control oft engagieren, „da ihre Kundenparkplätze von Fremd- und Dauerparkern blockiert werden“. Aus Sicht von Park & Control funktioniere das System.

Yvonne Kerner hat sich rechtlichen Rat geholt. Dabei hat sie erfahren, dass der Streitwert so gering ist, dass es sie hinterher teurer kommen dürfte, sich einen Anwalt zu nehmen, statt die Strafe zähneknirschend zu begleichen. Sie ist sich sicher, dass viele andere spätestens dann einknicken und überweisen. Sie ist in der Laune, lieber draufzuzahlen, als klein beizugeben. „Ich bin mittlerweile stocksauer.“ Wie auch immer das Ganze ausgehen wird: „Die Läden dort sehen mich nie wieder.“