Bernd Hauffe blickt auf die Stuttgarter Straße in Münchingen. Foto: factum/Granville

Schlechter Straßenbelag, Lastwagen, die das Durchfahrverbot ignorieren und Temposünder: Aus Sicht des Anwohners Bernd Hauffe läuft in der Stuttgarter Straße einiges schief. Jetzt hat der 48-Jährige Korntal-Münchingen verklagt.

Korntal-Münchingen - Seinen Feierabend kann Bernd Hauffe weniger genießen, als er eigentlich möchte. Denkt er an die Nächte zu Sonntag, graut es dem 48-Jährigen aus dem Stadtteil Münchingen von Korntal-Münchingen. „Vor allem wenn Lastwagen und Busse – und am Wochenende die Nachtbusse – entlangfahren, wackelt es in meiner Wohnung. Mein Geschirr kleppert, die Pfannen reiben aneinander, im Schlafzimmer knirscht der Schrank. Ich wache regelmäßig auf“, sagt Bernd Hauffe. Er wohnt an der Stuttgarter Straße – und er ist sauer.

Auch in der Bank rumpelt es offenbar

Der Straßenbelag sei stellenweise so schlecht, dass der Verkehr heftigen Lärm und nicht weniger heftige Erschütterungen verursache. Schon hätten sich Risse im Treppenhaus und in den Wohnungen des Mehrfamilienhauses gebildet. Das Fachwerk gehört Hauffes Mutter, die wie er darin lebt. Auch sie leide. Von Angestellten der benachbarten Bank wisse er, dass es in deren Besprechungsraum „rumpelt“. Mehrmals seien Mitarbeiter der Stadt bei ihm gewesen. Doch letztlich sei keiner gesprächsbereit oder handle, moniert Hauffe. Die Erschütterungen und Risse würden seit mehr als zwei Jahren immer schlimmer, Fliesen brächen auseinander. Den Zustand des Mauerwerks mag der 48-Jährige sich nicht ausmalen. Er sieht nur noch einen Ausweg: den Gang vors Verwaltungsgericht Stuttgart. Dort verklagt er die Stadt jetzt auf „Beseitigung von Fahrbahnunebenheiten“.

Hauffes Anwalt zeigt sich angesichts des Verhaltens der Stadt verwundert. Sein Mandant habe das Interesse gehabt, die Sache außergerichtlich zu regeln. „Das sture Verhalten der Bauverwaltung erstaunt mich. Sie tut, als wäre mein Mandant ein überempfindlicher Bürger“, sagt Roland Kugler. Er spricht von einer „arroganten Haltung“. Hauffe wolle nicht bevorzugt werden, er fordere nur, dass die Stadt „Vermeidbares abstellt“, indem sie die Straße an den entsprechenden Stellen ausbessere. Auch andere Anwohner klagten über Lärm und Erschütterungen. Aus Kostengründen scheuten sie aber eine Klage vor Gericht. Die Risse indes müsse ein Gutachter prüfen.

Arbeiten an der Straße geplant – nur jetzt noch nicht

Bestärkt sieht sich der Stuttgarter Anwalt durch das Umweltbundesamt (UBA). Demnach können geflickte Stellen zusätzliche Lärmquellen sein. Auf Anfrage teilt die Behörde mit, dass die „Beschaffenheit eines Fahrbahnbelags maßgeblichen Einfluss“ auf den entstehenden Lärm haben könne. Unebenheiten könnten „besonders bei schwerem Verkehr hohe Lärmpegel und Erschütterungen verursachen“, die auch „Ursache von Schäden an Häuserfassaden sein können“. Aber auch ein neuer Belag könne „unerwartet hohe Lärmpegel verursachen, wenn dieser schlecht eingebaut wurde oder Unebenheiten vorliegen“. Laut UBA kann eine Sanierung umso erforderlicher sein, je mehr Anwohner über Lärm oder Erschütterungen klagen.

Doch bislang ist Bernd Hauffe der einzige Anwohner, der sich so massiv für einen besseren Straßenbelag einsetzt: Der Stadt liege derzeit nur seine Beschwerde vor, sagt die Chefin des Bauamts. Gleichwohl sei sich die Stadt keiner Schuld bewusst. „Wir haben die Situation vor Ort geprüft und sehen keinen Handlungsbedarf“, sagt Sonja Widmann. Man sei „überrascht“ von der Klage. Bei Straßen am wichtigsten sei grundsätzlich die Sicherheit – und die sei in der Stuttgarter Straße gewährleistet, betont Widmann. „Die Straße ist in keinem schlechten Zustand. Wir haben hier eine ähnliche Situation wie in anderen Straßen auch.“ Zwar bestehe „nicht zwingend Sanierungsbedarf“, dennoch nehme sich die Stadt der Straße 2019 und 2020 an. Nämlich dann, wenn sich an der Ecke Kronenstraße ein Einzelhändler ansiedelt. Dann werde der Bereich saniert und umgestaltet. Aussagen zur Ursache der Risse überlässt Widmann einem Fachmann. Verantwortlich könne auch ein mangelhaftes Fundament sein.

Temposünder nur zu bestimmten Zeiten

Bernd Hauffe will auf alles vorbereitet sein. Im Januar komme ein Gutachter. „Ich will nicht unbewaffnet in die Schlacht ziehen, sondern mit Tatsachen.“ Darüber, dass aus Gründen des Lärmschutzes und der Sicherheit in der Stuttgarter Straße seit Mai 2017 weitgehend Tempo 40 gilt, kann Hauffe nur lachen. Viele würden schneller fahren, auch Lastwagen – die zudem das Durchfahrverbot ignorierten.

Eigentlich wollte die Stadt Tempo 30. Dies lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart aber ab: Nur ein Gebäude war von zu viel Lärm betroffen. Stattdessen kam Tempo 40. Das „im Regelfall“ eingehalten werde, wie der Blitzer auf Höhe der Albert-Schweitzer-Straße und verdeckte Messungen zeigten, sagt Diana Jäger-Hein. „Ausreißer“ gebe es laut der Leiterin des Ordnungsamts „eher spätabends oder nachts, wenn kaum Verkehr ist“. Die Behörde sehe momentan keinen Grund zu handeln.

Lastwagen dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden

Bei den Lastwagen hat das Ordnungsamt dagegen kaum Handhabe – zumal nur die Polizei den fließenden Verkehr kontrollieren dürfe. Das Durchfahrverbot seit 2006 nehme Lieferverkehr aus, sagt Diana Jäger-Hein. „Es ist daher nicht für jeden Anwohner klar, ob ein Lkw eine Lieferstelle anfährt oder nur durch den Ort fährt.“ Eine Kontrolle über Messanlagen sei rechtlich nicht möglich, weil dann zunächst jeder Lkw verdächtig würde, das Verbot zu ignorieren. „Jeder Lkw müsste geblitzt werden, um dann nachzuweisen, dass er im gesperrten Bereich eine Lieferstelle hatte. Das ist unzulässig“, sagt Jäger-Hein.

Bernd Hauffe gibt sich mit den Aussagen nicht zufrieden. Er wirft der Stadt auch hier mangelndes Interesse vor. Es sei traurig, dass manchmal nur der Gang vors Gericht helfe. „Ich will doch nur meine Ruhe haben und nicht ständig durchgerüttelt werden“, sagt er. Laut seines Rechtsanwalts soll die Stadt bis Ende Dezember beim Verwaltungsgericht eine Stellungnahme abgeben.