Die Führungsriege der Porsche SE demonstriert in Stuttgart Einigkeit: Martin Winterkorn, Wolfgang Porsche und Matthias Müller (v.li.) Foto: Imago

Es hätte die erste öffentliche Begegnung der Kontrahenten nach dem Streit um die Volkswagen-Führung werden können. Doch Ferdinand Piëch blieb der Aktionärsversammlung der Porsche SE in Stuttgart fern.

Stuttgart - Ein Raunen geht durch den Saal, als Wolfgang Porsche die leeren Plätze auf dem Podium erläutert. „Ferdinand Piëch hat sein Kommen abgesagt“, sagt der Aufsichtsratschef der Porsche Holding SE zu Beginn der Hauptversammlung am Mittwoch in der Porsche-Arena vor etwa 2000 Aktionären. Begründung: keine. Ferdinand Piëch, der normales Mitglied im Aufsichtsrat der Beteiligungsgesellschaft ist und gut 13 Prozent der Aktien hält, bleibt damit auch in Stuttgart in Deckung.

Vor gut drei Wochen hatte er mit dem Satz „Ich bin auf Distanz zu Winterkorn“ einen Machtkampf an der Spitze des Volkswagen-Konzerns ausgelöst. Da sich aber Arbeitnehmerseite, das Land Niedersachsen als Miteigentümer von VW und sein Cousin Wolfgang Porsche gegen ihn stellten, trat Piëch schließlich als Aufsichtsratschef von Volkswagen zurück. Schon bei der Volkswagen-Hauptversammlung in Hannover vor einer Woche war er nicht mehr in Erscheinung getreten.

Die Führungsriege der Porsche SE, die 35 Mitarbeiter beschäftigt und 50,7 Prozent der Stammaktien an VW hält, war am Mittwoch sichtlich bemüht, die Wogen im schwelenden Streit der Familien-Lager zu glätten. Beim Rundgang durch die Sportwagen-Ausstellung betonte Wolfgang Porsche, die Porsche SE werde auch in Zukunft die Verantwortung als Großaktionär für den Volkswagen-Konzern wahrnehmen. Auf die Frage, ob dies auch Ferdinand Piëch einschließe, antwortete sein Cousin mit den Worten: „Wahrscheinlich ja.“

Weitere Zusammenarbeit mit Piëch wahrscheinlich

Auch Porsche-Chef Matthias Müller und Volkswagen-Chef Martin Winterkorn, der zugleich Vorstandsvorsitzender der Porsche SE ist, gehen von einer weiteren Zusammenarbeit mit Piëch aus. Zuvor war darüber spekuliert worden, ob dieser seine Anteile an VW verkaufen würde. Dies ist Experten zufolge allerdings nicht so einfach, da er diese zunächst der Familie anbieten müsste.

Wie eine Woche zuvor bei der Hauptversammlung von Volkswagen in Hannover beschäftigten die Personalfragen auch die Aktionärsvertreter. So wiederholte Martin Weimann von der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger in Berlin seine Vorwürfe an Wolfgang Porsche, dieser könnte den Streit mit seinem Cousin bewusst provoziert haben. „Sollte es sich um eine infame Intrige handeln, werden wir das nicht hinnehmen“, sagte er und verwies auf die undurchsichtige Rolle diverser Berater von Wolfgang Porsche. Für seine Verschwörungstheorien erntet er jedoch viele Buhrufe.

Franz Wagner von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger kritisierte die schnelle Wiederbesetzung der frei gewordenen Aufsichtsratsposten bei VW. Für Ferdinand Piëch und seine Frau Ursula waren die jüngeren Familienmitglieder Louise Kiesling (57) und Julia Kuhn-Piëch (34) berufen worden. Wagner fragte: „Hat man sich überhaupt Gedanken gemacht, externen Sachverstand zu holen?“

Mit 2,01 Euro je Aktie bleibt Dividende

Für die Mehrheit der anwesenden Aktionäre dürften solche Fragen allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. Denn der Porsche SE geht es gut. Im vergangenen Jahr machte die Holding unter dem Strich rund drei Milliarden Euro Gewinn, ein Viertel mehr als im Jahr zuvor. Mit 2,01 Euro je Aktie blieb die Dividende unverändert. Grund dafür ist vor allem die gute Entwicklung des Volkswagen-Konzerns, der 2014 erstmals über 10 Millionen Autos weltweit verkaufte. Auch 2015 hat vielversprechend begonnen. In den ersten drei Monaten belief sich der Gewinn der Porsche SE auf 870 Millionen Euro, ein Fünftel mehr als im Vorjahresquartal. Mit Blick auf die robuste Situation beim Volkswagen-Konzern sagte Winterkorn: „Dies lässt uns auch bei der Porsche SE optimistisch in die Zukunft schauen.“

Zum ersten Mal hat die Porsche SE mit dem amerikanischen Unternehmen Inrix im vergangenen Jahr eine weitere Beteiligung erworben. 41 Millionen Euro haben die Anteile gekostet. Der Spezialist für Verkehrsinformationen wertet Daten von 185 Millionen Fahrzeugen, Smartphones und Straßensensoren aus. Für Winterkorn eine Schlüsseltechnologie für das vernetzte Auto. Man wolle weitere Beteiligungen in diesem Marktsegment intensiv prüfen, kündigte Winterkorn an. Dafür spricht auch, dass die Porsche SE zu diesem Zweck gleich mehrere Tochtergesellschaften gegründet hat.

Noch immer liegt der Schatten der gescheiterten Übernahme des Volkswagen-Konzerns über der Porsche SE. Zwar wird nur noch in Deutschland vor Gericht gestritten, doch die Schadenersatzforderungen von Anlegern summieren immer noch auf über fünf Milliarden Euro. Sie werfen Porsche vor, die geplante Übernahme öffentlich bestritten zu haben, obwohl sie hinter den Kulissen längst beschlossen war. Zu den laufenden Zivilverfahren kommt noch ein Strafprozess. Am 31. Juli beginnt in Stuttgart vor dem Landgericht die Verhandlung gegen die Ex-Porsche-Manager Wendelin Wiedeking und Holger Härter.