Im Personenverkehr soll der Ausstand der Lokführer bis Mittwochmorgen, 2 Uhr, andauern. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Die Bahn will im Arbeitskampf mit der Lokführergewerkschaft GDL nun doch eine Coronaprämie zahlen. Die GDL will aber trotzdem streiken. Damit müssen sich Fahrgäste bis Mittwochfrüh erneut auf große Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr einstellen.

Berlin - Die Deutsche Bahn AG (DB) hat im Arbeitskampf mit der Lokführergewerkschaft GDL erstmals seit Anfang Juni ihr Angebot nachgebessert. Am Sonntagmorgen bot der Staatskonzern seinen Lokführern eine Coronaprämie für dieses Jahr an, um weitere Streiks abzuwenden. Güterzüge der DB Cargo stehen bereits seit Samstag wieder still. Der Personenverkehr der Bahn soll 48 Stunden lang von Montag bis Mittwoch (von und bis zwei Uhr morgens) bestreikt werden.

Die GDL spricht von Nebelkerzen

Die GDL hält trotz des Entgegenkommens der Bahn am geplanten Streik fest. Damit müssen sich Fahrgäste erneut auf große Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr einstellen. GDL-Chef Claus Weselsky kritisierte, die Offerte sei das Papier nicht Wert, auf dem sie stehe. Er forderte ein konkretes Angebot, „nicht das In-Aussicht-Stellen eines Angebots“. Die Gewerkschaft kritisierte am Sonntagabend, in Wahrheit habe sich der Bahnvorstand keinen Millimeter bewegt. „Beim vorliegenden Angebot handelt es sich nur um eine weitere Nebelkerze und den erneuten Versuch, die Öffentlichkeit hinters Licht zu führen.“

Abschluss bei der Bahn-Konkurrenz

Man komme mit der Prämie „einem wichtigen Anliegen der Gewerkschaften entgegen“, erklärte hingegen DB-Vorstand Martin Seiler. „Damit kann es keinen Grund geben, die Rückkehr an den Verhandlungstisch zu verweigern“, sagte er. Allerdings sagte Seiler nicht, was der Konzern konkret anbietet. Die GDL fordert 600 Euro pro Kopf als Anerkennung für die besonderen Pandemie-Belastungen des Personals an der Basis und 1,4 Prozent mehr Lohn für 2021 wie im öffentlichen Dienst. Beim privaten Bahnunternehmen Go-Ahead hat GDL-Chef Claus Weselsky genau diese Konditionen gerade erreicht – ohne Streiks. Das Unternehmen, das Regionalzüge unter anderem in Baden-Württemberg fährt und auch wegen Corona tief in der Krise steckt, stockt zudem Altersvorsorge, Nacht- sowie Kurzarbeitzulagen auf und verbessert die Planung der Arbeitsschichten für die Beschäftigten. Beide Seiten zeigten sich mit dem Abschluss zufrieden. Zuvor hat die GDL bereits mit weiteren DB-Konkurrenten wie der Transdev-Gruppe sowie Netinera neue Tarifverträge mit ähnlichen Konditionen ohne Arbeitskampf erreicht. Die DB pochte bisher auf eine Nullrunde für 2021 und lehnte Lohnerhöhungen ebenso ab wie eine Coronaprämie.

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Bahn kritisiert „Verweigerungshaltung“

Streitpunkte sind zudem die Laufzeit des Tarifvertrags sowie die Kürzung kleiner Betriebsrenten. Beide Tarifparteien weisen sich die Schuld zu, dass es wieder zu Arbeitsniederlegungen kommt. Der Konzern habe sich „keinen Schritt bewegt“, betont GDL-Chef Claus Weselsky. Weder der erste Streik noch die Proteste vor der Berliner DB-Zentrale gemeinsam mit dem Dachverband DBB (Beamtenbund und Tarifunion), dem die GDL angehört, hätten zu einem Sinneswandel in den Führungsetagen geführt.

Falls nötig, könnten weitere Streiks folgen und dann auch den Personenverkehr am Wochenende treffen, kündigte Weselsky an. DB-Personalvorstand Seiler wirft der Gewerkschaft vor, sich „permanent zu verweigern“ und einen Machtkampf um mehr Einfluss und Mitglieder „auf dem Rücken der Bahnkunden“ zu führen. Mit dem „zweiten Ferienstreik“, der völlig überflüssig sei, treibe es die GDL auf die Spitze.

GDL fürchtet um Existenz

Bereits voriges Jahr erreichte die Bahn mit der größeren Bahngewerkschaft EVG den Verzicht auf höhere Tariflöhne für 2021. EVG-Chef Klaus-Dieter Hommel betont inzwischen, dass man ein Sonderkündigungsrecht habe und nachverhandeln könne, falls die Lokführer einen besseren Abschluss durchsetzen. Die Einigung von EVG und Bahn enthält keine Coronaprämie.

Die Bundesregierung hat mit dem Tarifeinheitsgesetz (TEG), das die DB AG erstmals anwendet, die Konkurrenz der Gewerkschaften verschärft. Nach dem TEG würde künftig in Betrieben nur noch der Tarifvertrag der Organisation greifen, die dort mehr Mitglieder hat. Im Bahn-Konzern könnten so in mehr als 50 Betrieben die GDL-Abschlüsse nicht mehr für deren Mitglieder gelten. Dadurch sieht sich die kleinere Gewerkschaft in ihrer Existenz gefährdet.