Friedhelm Schäfer (60) ist seit Ende November zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Beamtenpolitik beim Deutschen Beamtenbund (DBB). Foto: www.marco-urban.de

Das Bundesverfassungsgericht stellt das Streikverbot für Beamte auf den Prüfstand. Friedhelm Schäfer, neuer Vize des Deutschen Beamtenbundes (DBB), glaubt fest an eine Bestätigung der bisherigen Praxis durch Karlsruhe.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht urteilt in diesem Jahr über das Recht von Beamten auf Streiks. Die mündliche Verhandlung am 17. Januar dürfte die Richtung vorgeben. Der Deutsche Beamtenbund kämpft für die Beibehaltung des Streikverbots. Sein Vize Friedhelm Schäfer glaubt fest daran, dass sein Verband sich in Karlsruhe durchsetzen wird.

Herr Schäfer, wie viel Vertrauen setzen Sie in das Bundesverfassungsgericht, dass es Streiks von Beamten weiterhin untersagt?
Ich bin fest davon überzeugt, dass Karlsruhe das Verbot von Beamtenstreiks bestätigt. Angesichts der bisherigen Spruchpraxis des Bundesverfassungsgerichts auf diesem Feld wüsste ich nicht, warum es zu einer anderen Auffassung kommen sollte.
Der europäischen Rechtsprechung zufolge ist das Streikrecht ein Menschenrecht. Steht die deutsche Regelung in Kontrast zu internationalem Recht?
Dabei handelt es sich um eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), nicht des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – das hat eine andere Qualität. Daher gerät Karlsruhe nicht in Schwierigkeiten, wenn wir beim Streikverbot bleiben, weil wir mit dem Fürsorge- und Alimentationsprinzip die besonderen Sicherungsmechanismen für den Beamtenbereich haben.
Deutschland untersagt Beamtenstreiks im Gegensatz zu vielen anderen Ländern. Sind wir noch im Trend?
Muss man ein funktionierendes System ändern, nur weil alle anderen Länder etwas anders machen? Die deutsche Einheit oder die Bewältigung der Flüchtlingswelle sind beste Nachweise, dass das Berufsbeamtentum ein Garant für Sicherheit und Verlässlichkeit sowie wichtiger Standortfaktor ist. Da brauchen wir internationale Vergleiche nicht zu scheuen.
Darf man bei Lehrern nicht andere Maßstäbe anlegen als bei den hoheitlichen Aufgaben – also bei Polizisten oder Richtern, wo bisher niemand ein Streikrecht will?
Bildung ist die wichtigste Ressource in Deutschland überhaupt. Wir sollten pfleglich damit umgehen. Um diesen Anspruch abzusichern, halte ich es für sinnvoll, dass Lehrer durchweg als Beamte eingesetzt werden. In den alten Bundesländern sind sie es weit überwiegend. Und selbst in Sachsen wird es zumindest in den nächsten fünf Jahren wieder einen Trend zur Verbeamtung geben.
Wie viel Bereitschaft gibt es aus Ihrer Sicht in der Lehrerschaft, für höhere Einkommen zu streiken?
In Sachsen haben die Lehrer bisher mit Augenmaß gestreikt – mit Blick auf ihren Berufsethos und in Verantwortung für die Schüler. Wenn Sie die Tarifbeschäftigten unter den Lehrern fragen, werden die sofort sagen, dass sie lieber Beamte sein würden.
Entfacht die Lehrergewerkschaft GEW also in Ihren Augen einen Sturm im Wasserglas?
Das Verfahren wird wohl eher aus ideologischen Gründen geführt. Einen anderen Grund erkenne ich nicht. Wenn die GEW ehrlich zu ihren Lehrern wäre, müsste sie auch sagen, dass die Verbeamtung einen monetären Vorteil hätte, der einige Euro ausmacht – eine Folge der Beamtenpolitik der letzten Jahre.
Die GEW zielt darauf, mit Streiks aus der Abhängigkeit vom Dienstherrn herauszukommen. Wollen Sie nicht mit dem Arbeitgeber auf Augenhöhe gelangen?
Wir haben ein besonderes Treueverhältnis im Beamtenbereich. Das ist ein ausgewogenes System. Es gibt sicher Bereiche, wo man im politischen Willensbildungsprozess mehr Einfluss erhofft – über stärkere Beteiligungs- und Anhörungsrechte im Parlament etwa. Aber das ändert nichts daran, dass ich das Berufsbeamtentum für den richtigen Weg halte.
Handelt es sich bei den „althergebrachten Grundsätzen“ des Berufsbeamtentums und der „amtsangemessenen Alimentation“ nicht um veraltete Begriffe, sodass die Treuepflicht neu interpretiert werden muss?
Ich will das Berufsbeamtentum nicht abschaffen, auch wenn Begriffe wie das Alimentations- oder das Fürsorgeprinzip schwer verdaulich und zum Teil auch schwer zu erklären sind. Aber sie haben über Jahrzehnte ihre Berechtigung nachgewiesen.
Fürchten Sie mit einer Abschaffung des Streikverbots am Ende die Zerschlagung des Berufsbeamtentums?
Ich glaube nicht, dass es in Deutschland in der Politik irgendwelche Bestrebungen gibt, an dem Ist-Zustand der Verbeamtung etwas zu ändern. Es waren zum Beispiel viele Menschen wenig erfreut darüber, dass die Lokführer in Deutschland keine Beamte mehr sind, als diese vor Jahren gestreikt haben. Und angesichts der demografischen Entwicklung ist gerade die Möglichkeit der Verbeamtung wieder ein Instrument, um fähige Nachwuchskräfte in den öffentlichen Dienst zu holen.