Auch die S-Bahn-Haltestellen in Stuttgart sind dank des Streiks der Lokführer verwaist. Foto: dpa

Kurz war Hoffnung aufgekeimt, der Streik könnte vom Arbeitsgericht Frankfurt gestoppt werden, doch auch am Freitag müssen Millionen Bahnreisende mit massiven Zugausfällen und Verspätungen rechnen.

Berlin/Frankfurt - Millionen Bahnreisende müssen auch am Freitag wegen des bundesweiten Streiks der Lokführer-Gewerkschaft (GDL) mit massiven Zugausfällen und Verspätungen rechnen.

Eine Sprecherin der Bahn bestätigte am frühen Morgen in Berlin, dass der Streik im Personenverkehr wie angekündigt in den zweiten Tag gehe. Der Konzern hatte gestern vergeblich versucht, den Ausstand verbieten zu lassen. Das Frankfurter Arbeitsgericht lehnte einen Antrag der Bahn auf eine einstweilige Verfügung aber ab.

Laut Gerichtsurteil verstößt der Arbeitskampf nicht gegen die Friedenspflicht und ist auch verhältnismäßig. Die Forderungen seien nicht widerrechtlich. Auch die Festlichkeiten zum 9. November seien durch den Streik nicht gefährdet.

"Nach der Entscheidung des Gerichts sieht sich die DB in der Pflicht, Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil einzulegen", teilte der Konzern daraufhin mit. Diese wird voraussichtlich am Vormittag vor dem Landesarbeitsgericht verhandelt.

Vergleichsvorschlag des Gerichts abgelehnt

Dem Urteil vorausgegangen waren zähe, stundenlange Verhandlungen über einen Vergleichsvorschlag der Arbeitsrichterin Ursula Schmidt. Der Vergleich scheiterte letztlich daran, dass die GDL bereits in den Schlichtungsplan hineinschreiben wollte, dass es bei der Bahn verschiedene konkurrierende Tarifverträge geben könne. Das lehnte Bahn-Anwalt Thomas Ubber ab. "Wir können keine Ergebnisse der Tarifverhandlungen hier vor Gericht vorwegnehmen", sagte er.

Zudem bedaure man, dass die GDL den Vorschlag abgelehnt habe, der eine Streikpause bis 17. November vorgesehen habe. In dieser Zeit hätten GDL, die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Deutsche Bahn Gelegenheit gehabt, inhaltliche Verhandlungen vorzubereiten.

Die Lokführer-Gewerkschaft will im Tarifkonflikt mit der Bahn den Druck erhöhen. Sie fordert für die Beschäftigten mehr Geld sowie eine kürzere Arbeitszeit und will neben den Lokführern vor allem auch das übrige Zugpersonal in Verhandlungen vertreten, für das bislang die EVG zuständig ist. Die Bahn will konkurrierende Tarifverträge einzelner Berufsgruppen verhindern.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder signalisierte dafür Verständnis Bei einem derart großen Unternehmen seien unterschiedliche Verträge für eine Gruppe von Beschäftigten kaum zu handhaben, betonte er in der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der CDU-Politiker sieht die Streikfront bei der Lokführer-Gewerkschaft bröckeln: "Mehr und mehr Lokführer merken doch, dass sie für einen Machtkampf missbraucht werden, in dem es längst nicht mehr um ihre Interessen geht."

Kauder warnte davor, wegen des Streiks in Deutschland "eine Krise herbeizureden". Die Streiktage seien nach wie vor verhältnismäßig gering. Die Gewerkschaften gingen meist verantwortungsvoll mit dem Streikrecht um. "Nichts ist aus den Fugen geraten, aber ärgerlich ist es schon", sagte er.

Der viertägige Rekordstreik hatte bereits am Mittwoch im Güterverkehr begonnen. Die GDL dehnte ihn am Donnerstag um 2.00 Uhr auf den Personenverkehr aus. Fahrgäste müssten sich zwar auf Ausfälle und Verspätungen einstellen, hieß es bei der Bahn. Sie könnten aber trotzdem relativ verlässlich planen. Am Donnerstag gelang es der Bahn immerhin, rund ein Drittel der Züge fahren zu lassen. Für den Notverkehr galten Ersatzfahrpläne. Viele Fahrgäste stiegen aber auf andere Verkehrsmittel um. Deshalb war die Situation auf den großen Bahnhöfen entspannt.

Größere Einschränkungen als im Fernverkehr, wo noch etwa jeder dritte Zug fuhr, gab es teils bei den Regional- und S-Bahnen. In einigen Regionen fielen laut Bahn drei von vier Zügen aus. In anderen fuhren 40 Prozent regulär. Am zweiten Streiktag konnte die Bahn ihr Angebot im Personenverkehr in der Region Berlin-Brandenburg nach eigenen Angaben sogar ausweiten.