Die Gewerkschaft Verdi hat einen eintägigen Warnstreik im öffentlichen Dienst angekündigt. An diesem Donnerstag sollen die Räder der SSB-Busse und Stadtbahnen stillstehen, Kindertagesstätten und Krankenhäuser arbeiten eingeschränkt.

Stuttgart - Die Gewerkschaft Verdi hat einen eintägigen Warnstreik im öffentlichen Dienst angekündigt. An diesem Donnerstag sollen die Räder der SSB-Busse und Stadtbahnen stillstehen, auf die Müllabfuhr wartet man vermutlich vergeblich, und Kindertagesstätten, Krankenhäuser und Sozialdienste arbeiten eingeschränkt.

"Voraussetzung ist, dass die Tarifverhandlungsrunde heute scheitert", sagt Bernd Riexinger, der Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Stuttgart. Davon kann man wohl ausgehen, denn "die Vorstellungen liegen sehr weit auseinander", sagt Reinhold Bauer. Bauer ist Arbeitsdirektor der SSB, einem der Betriebe mit einem hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad.

Pendler und die Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs in Stuttgart müssen deshalb am Donnerstag aller Voraussicht nach auf ihre gewohnten Busse und Stadtbahnen verzichten. "Da der Streik den Fahrdienst und die Leitzentrale betrifft, können wir die gelben Busse, die Stadtbahnen, die Seil- und Zahnradbahn nicht fahren lassen", so Bauer. Mit Hilfe einer Notdienstvereinbarung seien lediglich der Betriebsarzt sowie dringende Betriebsdienste von der Arbeitsniederlegung ausgenommen.

Den Fahrgästen empfiehlt Bauer, auf S-Bahn, Regionalzüge und -busse umzusteigen, wo möglich zu Fuß zu gehen, Fahrgemeinschaften zu bilden oder die Gleitzeit zu nutzen und freizunehmen. Könne Verdi ihre Forderungen durchsetzen - neben einer Tariferhöhung auch freie Tage, zum Beispiel für die Nachtarbeit der Fahrer -, "rechnen wir mit 6,5 Prozent oder 8,7 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr".

Hoch ist die Streikbereitschaft auch im Stuttgarter Klinikum. Jürgen Lux, der stellvertretende Personalratsvorsitzende des Klinikums, rechnet mit "zeitverzögerten oder abgesagten Untersuchungen", wenn diese medizinisch nicht dringend sind. Auch in den Ambulanzen komme es zu längeren Wartezeiten, nicht dringende Operationen könnten abgesagt werden. "Notfälle und Patienten auf der Intensivstation sind trotzdem komplett versorgt", sagt Lux mit Hinweis auf Notdienstvereinbarungen, die die Geschäftsführung mit Verdi abschließe.

Der städtische Abfallwirtschaftsbetrieb mit 760 Mitarbeitern (davon 743 im öffentlichen Dienst) kündigt für den Fall des Warnstreiks an, dass sich die Abholtermine in dieser Woche generell um einen Tag nach hinten verschieben. Alle Wertstoffhöfe werden am Donnerstag geschlossen sein, nur der Express-Sperrmüll wird wie geplant abgeholt.

Die Straßen würden trotz allem geräumt und gestreut: "Es wurde mit Verdi eine Notdienstvereinbarung für den Winterdienst geschlossen, so dass auf den Hauptverkehrsstraßen nicht mit Beeinträchtigungen gerechnet werden sollte", sagt AWS-Geschäftsführer Thomas Hess. Der Streudienst werde nach den regulären Dringlichkeitsstufen ausrücken.

Insbesondere die Eltern kleiner Kinder hoffen, dass es bei einem eintägigen Warnstreik bleiben möge. Sie waren bereits im vergangenen Mai Leidtragende des Streiks, als Kitas über Wochen hinweg immer wieder geschlossen blieben. Damals hatte Verdi nur die Erzieherinnen und die Beschäftigten der Sozialdienste zur Arbeitsniederlegung aufgefordert. Der Gesamtelternbeirat der städtischen Kindertageseinrichtungen hofft nun, dass "um des Friedens willen diesmal weniger Erzieherinnen in Streik treten", sagt die Sprecherin Sevim Calayir. Verdi-Bezirkschef Cuno Hägele habe gegenüber dem Gesamtelternbeirat betont, man wolle die Eltern nicht überstrapazieren. Der Streikschwerpunkt wird deshalb vermutlich im öffentlichen Nahverkehr und bei der Müllabfuhr gesetzt.

Die Kita im Dr.-Herbert-Czaja-Weg beispielsweise, wo Calayirs Kinder betreut werden, bleibt am Donnerstag geöffnet. Den anderen Eltern empfiehlt Verwaltungsbürgermeister Klaus-Peter Murawski, "sich rechtzeitig bei ihrer Kita zu erkundigen, ob sie geschlossen ist". Die Stadt bietet ihren Mitarbeitern für diesen Fall an, ihre Kinder an den Arbeitsplatz mitzubringen, es sei denn, es gilt Sicherheitsvorschriften zu beachten oder der Arbeitsplatz eignet sich nicht für eine Kinderbetreuung nebenbei.

19.000 Mitarbeiter hat die Stadt Stuttgart. "Lohnerhöhungen, die über 1,1 Prozent hinausgehen, kann sich die Stadt nicht leisten", sagt Murawski, der für den Verband kommunaler Arbeitgeber mit am Verhandlungstisch sitzt und einen Warnstreik zum jetzigen Verhandlungszeitpunkt "für unangebracht" hält. Stuttgart hat während der Haushaltsplanberatungen bereits eine Rücklage für eine 1,1-prozentige Lohnerhöhung gebildet. Laut Finanzbürgermeister Michael Föll würde eine Tariferhöhung um fünf Prozent zwölf Millionen Euro zusätzlich kosten.