Viele Autobahnbrücken im Land müssen saniert werden, komplett gesperrt werden muss vorerst aber keine Foto: dpa

Frühestens Ende März soll die Schiersteiner Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden wieder für den Verkehr freigegeben werden. Droht wegen massiver Schäden auch Brücken in Baden-Württemberg die Sperrung? Das Verkehrsministerium sagt „nein“.

Stuttgart - Die Schiersteiner Brücke zwischen Mainz und Wiesbaden ist den Belastungen durch immer mehr Verkehr nicht mehr gewachsen. Um Schäden zu verhindern, galt auf der Strecke schon vor der Sperrung Tempo 60. Diese Geschwindigkeitsbegrenzung besteht für Lkw auch auf der längsten Autobahnbrücke Baden-Württembergs, der Neckartalbrücke bei Heilbronn. Das 1350 Meter lange Bauwerk, das 1968 dem Verkehr übergeben wurde, ist tatsächlich so marode, dass es abgerissen werden muss. Auf der Ost-West-Magistrale zwischen Prag und Paris rollen täglich mehr als 115 000 Fahrzeuge – ein Drittel davon ist Schwerlastverkehr. Mit dem Bau einer neuen Brücke soll 2017 begonnen werden. So jedenfalls die Planung. Bis dahin gilt das Tempolimit von 60 für Lkw. Auch darf die Brücke nur noch auf vier statt auf sechs Spuren befahren werden. Die Kosten liegen zwischen 150 und 175 Millionen Euro.

Eklatante Schäden wurden auch an der Kochertalbrücke festgestellt – der mit bis zu 185 Metern höchsten Talbrücke Deutschlands. Bei diesem Bauwerk – ebenfalls an der A 6 – genügt allerdings eine umfassende Sanierung, die zurzeit läuft. Wesentliche Maßnahmen, wie der Wechsel von Brückenlagern, wurden bereits ausgeführt. Dieses Jahr soll der Mittelstreifen instand gesetzt und der Hohlkasten saniert werden. Seit der Öffnung der ehemaligen Ostblockländer und dem Mauerfall 1989 ist die A 6 eine der bedeutendsten Ost-West-Magistralen. Der Verkehr hat sich seither verdreifacht, der Schwerverkehr sogar vervierfacht. Täglich passieren nun 60 000 Fahrzeuge die Kochertalbrücke. Die Sanierung läuft bereits seit Juli 2013 und kostet insgesamt rund 15 Millionen Euro. In Zukunft wird es dafür aber auch drei Fahrstreifen in jede Fahrtrichtung geben.

Baden-Württemberg investiert jährlich 180 Millionen Euro in die Erhaltung der Ingenieurbauwerke – in Brücken, Tunnel und Stützwände. Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Brücken sind in Deutschland nach DIN 1076 „Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen“ geregelt. Demnach werden die Brücken im Land alle sechs Jahre durch speziell ausgebildete Bauwerksprüfingenieure inspiziert. Bei dieser Hauptprüfung werden alle Bauteile mit Besichtigungsgeräten unter die Lupe genommen, „handnah“, wie die Fachleute sagen. Drei Jahre danach erfolgt jeweils eine einfache Prüfung. Darüber hinaus gibt es jährlich Besichtigungen durch die Straßen- und Autobahnmeistereien, zweimal jährlich werden die Bauwerke zudem auf offensichtliche Schäden untersucht.

Basierend auf diesen Untersuchungen, hat das Verkehrsministerium keine Informationen über Brücken im Land, die aktuell komplett für den Verkehr gesperrt werden müssten. Bei der Sanierung werden Brücken, deren Zustand mit der Note 3,5 und schlechter beurteilt wurde, vordringlich behandelt. Deshalb sind inzwischen weniger als ein Prozent der rund 9250 Brücken an Bundesfern- und Landesstraßen in die schlechteste Zustandsklasse eingestuft. Immerhin sind damit aber 22 Bauwerke an Autobahnen, 14 an Bundesstraßen und 18 an Landesstraßen in einem ungenügenden Zustand. Eine Sperrung der Brücken wäre grundsätzlich das letzte Mittel: Die Erhaltung der Gebrauchstauglichkeit, so das Ministerium, habe oberste Priorität.

Zur Neckartalbrücke hat sich jetzt die Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg zu Wort gemeldet. „Es kann doch nicht sein, dass es immer wieder zu Verzögerungen kommt, nur weil wir für Ersatzneubauten an gleicher Stelle denselben zeitlichen Genehmigungsaufwand betreiben wie für Neubauvorhaben“, beklagt Geschäftsführer Dieter Diener. Vor allem mit Blick auf die Bundesgartenschau 2019 in Heilbronn sei Eile geboten.

Allerdings könnte das von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geforderte ÖPP-Verfahren (öffentlich-private Partnerschaft) zu Verzögerungen führen. Gisela Splett (Grüne), Staatssekretärin im Verkehrsministerium des Landes, hat in einem Brief an Dobrindt noch darauf hingewiesen, dass durch eine konventionelle Ausschreibung eine wesentlich schnellere Realisierung möglich wäre als beim ÖPP-Modell. Dennoch wies der Bund das Land an, die Maßnahme als ÖPP auszuschreiben, was so auch geschehen ist. Nun muss ein Konsortium gefunden werden, das ÖPP umsetzt und die Baufirmen dafür aussucht.