Auf der Bühne in der bunt geschmückten Sommermeile der Gottlieb-Daimler-Straße gab es viel Programm, das die Besucherinnen und Besucher in den Bann zog. Foto: Julian Rettig Foto:  

Trotz der Hitze hat das Schorndorfer Straßentheater-Festival am Samstag viele Besucher zur Sommermeile in die Weststadt gelockt. Es hat sich für sie gelohnt. Auch wenn plötzlich mal ein Huhn auf dem Schoß sitzt und vom Bier trinkt.

Der Vorteil bei brütender Hitze in Schorndorfs Weststadt: Es gibt genügend Schatten samt entspannenden Liegestühlen entlang der Sommermeile auf der Gottlieb-Daimler-Straße. Dort hat am Samstagnachmittag und -abend das Internationale Straßentheaterfestival als Teil der „Weststadt Kunterbunt – Sommermeile 24“ des Kulturforums eine ansehnliche Masse an Besuchern angelockt. „Große Bilder, feine Artistik, eine lautstarke Maschine, Stelzenläuferinnen und musikalische Hühner werden die Weststadt in Beschlag nehmen“, so lautete das Versprechen. Und Alt und Jung kamen bei Straßentheaterkunst auf sehr hohem Niveau mit Beteiligten aus der Schweiz, Südfrankreich, den Niederlanden und Schwaben allemal auf ihre Kosten.

 

Musikalisches Hühnerspektakel

Ein extrem musikalischer Hühnerhaufen Foto: Julian Rettig

Etwa beim musikalischen Hühnerspektakel mit Pas Par Tout und den Cock Tales, erzählt von einem wild gefederten Hühnerhaufen mit Saxofon und Klarinette. Unter musikalischem Gegacker legt da das Saxofonhuhn unter dramatischer Musikeinlage anstelle von einem Ei auch Mal eine Banane. Ein Schmankerl, das sich das Hühnervolk, gepellt von einem der Festivalbesucher, denn auch unter schrägmelodiösem Gegacker schmecken lässt. Nur der arme Klarinettenhahn geht, lautstark verjagt von seinen Saxofonhühnern, leer aus.

Bei Gelegenheit machen es sich die musikalischen Hühner mit dem Stoffbürzel dann auch auf dem Schoß einiger im Liegestuhl ruhenden Zuschauer gemütlich oder klauen sich einen Schluck Bier aus fremdem Bierglas. Da fällt sogar für den Hahn was ab. Unter leicht trunkenem Instrumentengackern geht es in Richtung Hühnerspektakel-Finale.

Aus dem Ei schlüpft überraschend ein Frosch

Gemütliche Runde auf der Sommermeile Foto: Julian Rettig

Beim dritten Eierlegen und anschließendem lautstarkem Brüten auf warmer Daimlerstraße schlüpft – ach du grüne Neune – ein niedlicher kleiner Gummifrosch. Die passende rot-zackige Krone für den Froschkönig ziert plötzlich das Haupt eines Besuchers. Den wiederum pickt sich Saxofonhuhn Nummer eins als künftigen Gatten heraus. Abgang mit Hochzeitswalzer, Froschkönig im Hühnerkorb unter lautstarkem Beifallgackern des vom wildmusikalischen Hühnervolk sichtlich begeisterten Festivalpublikums.

Beeindruckt hatte zuvor auch die Tanzproduktion „Kill your Darlings“ von Joshua Monte, dem US-Amerikaner aus der Schweiz. Die „Afro-Bavarian Body Percussion“ ist eine Art getanztes Himmel-und-Hölle-Spiel auf Kreidequadraten. „Eine verspielte energiegeladene Eskalation“, heißt es in der Beschreibung für den Tanz zweier Männer, die sich auf den Kreidequadraten immer im Gleichklang und mit sich wiederholenden Abfolgen bewegen.

Der Klarinettenhahn hat’s nicht immer einfach mit seinen Saxofonhühnern. Foto: Julian Rettig

Die deutsch-iranische Künstlerin Roxana Küwen Arsalan aus Südfrankreich erzählt im One-Woman-Circus-Stück „OMÁ“ ergänzt durch Fuß-Jonglage und Tanz die Geschichte vom imaginären Treffen ihrer beiden Großmütter. Einer Oma aus dem Iran und einer Ostfriesin, die sich im echten Leben nie begegnet sind. Die Enkelin setzt sich dabei vielsprachig, vielschichtig und sehr persönlich und politisch mit den Zufällen der eigenen Herkunft und den damit einhergehenden Privilegien auseinander.

Exood präsentiert mit „Ami6“ einen Citroën mit einer gehörigen Portion an Positivismus: Er groovt, flirtet und fliegt quasi über die Straße. Als Straßenphänomen mit einer eigenwilligen Persönlichkeit und Optik erobert „Ami6“ natürlich auch die Herzen des Schorndorfer Publikums.

Gleich bei mehreren Auftritten im Verlauf des Festivalnachmittags ist das Nanu Traumtheater aus Esslingen und Göppingen mit seinem Stelzen-Walkingact „Kehrwoch“ unterwegs. Die überdimensionalen schwäbischen Hausfrauen putzen, bruddeln und schwätzen auf ihre Art. Kommentar aus dem Publikum: „ Des isch ao a saubere Sach.“