Die Stettener Hauptstraße wird von Ostern an zwei Meter tief aufgegraben. Die Straße wird erneuert und dafür im Abschnitt Sielminger Straße/Holderweg ein halbes Jahr lang voll gesperrt. Der Einzelhandel befürchtet Schlimmes.
Stetten - Der Entschluss von Gabriele Schöttle steht fest. Mitte des Jahres wird sie ihr „Lädle“ an der Stettener Hauptstraße schließen. Leicht fällt ihr das nicht. Schließlich steht sie seit 16 Jahren dort Tag für Tag hinter der Theke, bringt Schreibwaren und Zeitschriften an die Frau und den Mann. Ihre Kunden können bei ihr Lotto spielen, Wäsche in die Reinigung geben oder aber ein Päckchen aufgeben. Briefmarken und Fahrkarten gehören zu dem vielseitigen Angebot.
Doch schon in wenigen Monaten soll damit Schluss sein. „Die Zeit ist reif“, sagt die Geschäftsfrau. Und: „Man muss aufhören, wenn es am Schönsten ist.“ Wobei so richtig schön, sei es schon länger nicht mehr. Zumindest was die Umsatzzahlen angeht. „Wir merken einfach, dass sich die Zeiten geändert haben“, sagt sie. Immer mehr Menschen kaufen im Internet. Hinzu kommt: „Wenn die Kunden nicht direkt vor den Laden fahren können, kann man das Geschäft vergessen.“
Ihr Umsatz habe auch unter den Baustellen, die es seit längerer Zeit in Stetten gibt, sehr gelitten, berichtet sie. Zur Erklärung: Die Stettener Hauptstraße ist marode. Anwohner hatten sich in der Vergangenheit immer wieder über den schlechten Zustand der Fahrbahn, Lärmbelästigungen und Erschütterungen beschwert. Nun bekommt die Straße abschnittsweise einen neuen Belag.
Eine Bushaltestelle direkt vor der Ladentür
Im vergangenem Jahr wurde über Monate hinweg die Kreuzung Sielminger Straße/Weidacher Steige saniert und umgebaut. „Eine Herkulesaufgabe“, wie Baubürgermeisterin Eva Noller sagt. Dazu gehörte auch der Bau einer neuen Bushaltestelle. Gabriele Schöttle sagt: „Man hat uns eine Busbucht vor die Ladentür gesetzt.“ Und: „Wir haben uns dagegen gewehrt.“ Doch: „Das hat nichts gebracht.“
Von Mitte April an geht es mit der Sanierung der Stettener Hauptstraße weiter. Ein halbes Jahr lang wird der Verbindungsweg, der von Stetten nach Echterdingen führt, unterbrochen sein. Der Abschnitt zwischen der neuen Bushaltestelle und dem Holderweg wird voll gesperrt. Autofahrer werden in dieser Zeit über die Weidacher Steige und die Untere Halde umgeleitet, wie Noller erläutert.
Im Zuge dessen werden sämtliche Leitungen erneuert, Rohre für einen Glasfaseranschluss gelegt, der Abwasserkanal wird saniert. „Dazu muss der Boden zwei Meter tief aufgegraben werden. Deshalb müssen wir die Straße voll sperren“, erklärt die Baubürgermeisterin. Auf Wunsch des örtlichen Einzelhandels habe man aber einen Zeitraum gewählt, bei dem das Ostergeschäft bereits abgeschlossen und das Weihnachtsgeschäft noch nicht begonnen hat. Es habe bereits mehrere Infogespräche dazu gegeben. Auch kurz vor dem Baustart sollen die Anwohner erneut gehört werden, verspricht sie.
Aus Sicht des Einzelhandels droht weiteres Ungemach. Für die Inhaberin des Lädles ist das ein Ärger zuviel. Gabriele Schöttle hört auf. „Vielleicht gehe ich danach wieder in den Einzelhandel, aber nicht mehr als Selbstständige“, sagt sie.
Geschäftsfrau versucht Sperre zu verhindern
Bei Elke Ade sitzt der Frust noch nicht ganz so tief. Doch auch sie treibt die Straßensperrung mächtig um. „Die Straße darf nicht komplett gesperrt werden. Wir können kein halbes Jahr überbrücken“, sagt sie. Und: „Das bedroht unsere Existenz.“ Elke Ade ist seit 25 Jahren Chefin von Spielwaren Steck. Sie führt den einstigen Laden ihrer Eltern „mit viel Herzblut“ weiter. Das Geschäft kann man nicht verfehlen. Zwei riesige Playmobilfiguren stehen auf dem Dach des Hauses. Im Inneren findet der Nachwuchs alles, was er sich zum Spielen wünscht: Vom Kuscheltier bis zum Set für neugierige Forscher. Geburtstagskinder können mit ihren Eltern einen Korb an Geschenken zusammenstellen, aus denen die zum Fest Geladenen etwas aussuchen.
Erwachsene finden bei Elke Ade Accessoires, Küchenhelfer und Geschenkartikel. Fünf Mitarbeiterinnen bieten den Kunden „fachkundige Beratung“ an, wie die Chefin sagt. „Dafür kommen Menschen teils bis aus Stuttgart angereist.“ Parkplätze gibt es direkt vor der Ladentür. Ihr Laden hat eine eigene Internetseite, ist bei Facebook und auch bei Instagram vertreten. Dort postet sie Angebote und Bilder. „Man muss das ganze Jahr präsent sein. Das Weihnachtsgeschäft reicht mehr aus“, sagt sie dazu.
Bisher fahren viele Menschen täglich auf der Durchfahrtsstraße an ihrem Laden vorbei, einige halten an und kaufen spontan bei Steck ein. Dies aber sei bei einer Sperrung der Straße nicht mehr möglich. Elke Ade hofft, dass in der Bauzeit zumindest die Stammkunden ihr die Treue halten, am Stettener Rathausplatz parken, die Stäffeles hinunter laufen, um bei ihr weiter einzukaufen. Sie versucht, eine Vollsperrung zu verhindern und hat deshalb bei Leinfelden-Echterdingens Oberbürgermeister Roland Klenk vorgesprochen. Sie hofft, dass die Bauarbeiter auch samstags arbeiten, damit die Sanierung möglichst schnell über die Bühne gehen kann. Bei einem Gespräch habe die Stadt ihr versprochen, dass man versuchen will, partiell vorzugehen und die Zufahrt zu ihrem Laden über Umwege auch zur Bauzeit offen zu halten. Baubürgermeisterin Noller kann die Sorgen der Einzelhändlerin „total nachvollziehen“, wie sie sagt. Dennoch sei niemand geholfen, wenn die Stadt die Sanierung der Stettener Hauptstraße noch weitere Jahre hinaus schieben würde.