Diese kurvige Straße vor einer Kita werden von Ende Juli an täglich 4300 Autos als Umleitungsstrecke nutzen. Foto: factum/Granville

Die Kommune erneuert für knapp neun Millionen Euro ihre Hauptverkehrsachse – und prompt fängt sie sich den Unmut von Eltern ein, weil die Umleitungsstrecke an einer Kita vorbeiläuft.

Schwieberdingen - Bald wird in Schwieberdingen eine große Baustellen eröffnet – unter dem Protest einiger Eltern eines Kindergartens. Die Kommune lässt für insgesamt 8,9 Millionen Euro die Stuttgarter Straße gründlich erneuern. 1,2 Kilometer der Hauptverkehrsstraße sollen in sieben Abschnitten saniert werden, los geht es Ende Juli. Das ist notwendig, weil die Kanalisation marode ist und der Hochwasserschutz verbessert werden muss.

Die vorab angesetzten Kosten von 6,6 Millionen Euro werden um mehr als zwei Millionen Euro überschritten. Grund ist die stark nachgefragte Baubranche – die Gemeinde hätte die Option gehabt, zu pokern, um bei einer erneuten Ausschreibung eventuell weniger zu bezahlen – und dafür ein Jahr Verzögerung in Kauf genommen.

Doch der Gemeinderat stimmte mehrheitlich für die Vergabe. Noch sind die Bagger nicht angerückt – da sieht sich die Verwaltung mit einem veritablen Bürgerprotest konfrontiert.

Knapp 4300 Fahrzeuge am Tag

Dieser entlud sich an den Plänen zur Umleitung des Verkehrs. Der soll nämlich zwölf Monate lang direkt an einer Kindertagesstätte am Herrenwiesenweg vorbeilaufen. Pro Tag sind das laut Verkehrserhebung 2015 knapp 4300 Fahrzeuge am Tag. „Wenn ich das hochrechne, komme ich tagsüber auf zehn bis zwölf Autos in der Minute“, sagt Tobias König, der Elternbeiratsvorsitzende der Kita. Da seien die Eltern „alles andere als begeistert“ gewesen, als sie von diesen Plänen erfuhren. Bei der Verwaltung habe es keine Konzepte zu zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen der Kita gegeben, geschweige denn etwas, um die Schadstoffbelastung durch die sich stauenden Autos zu vermindern. Nur auf „massiven Druck“ hin habe die Gemeinde sich auf Zugeständnisse eingelassen.

Die sehen unter anderem so aus: Lastkraftwagen dürfen nur bis zu einem Gewicht von 3,5 Tonnen auf die Umleitungsstrecke. Eine geplante Ampel wird nicht direkt vor der Kita aufgestellt, sondern weiter östlich, außerdem soll die Kita einen Holz-Schutzzaun bekommen. In den Kurven soll zusätzlich als Rammschutz eine Betonleitwand aufgestellt werden, wie es sie zwischen den Fahrspuren einer Autobahn gibt. „Normal werden diese Elemente erst ab einer Geschwindigkeit von 60 Kilometern pro Stunde benötigt, wir machen das in einer 30er-Zone“, sagt der Bürgermeister Nico Lauxmann, der die Zugeständnisse als „deutliches Signal“ sieht, dass die Gemeinde die Sorgen der Bürger ernst nehme.

Die Eltern rechnen mit Chaos

Beim Elternbeirat sieht man das anders: „So großzügig, wie Herr Lauxmann das präsentiert, ist es bei weitem nicht“, sagt Tobias König. Jetzt, wo die „Minimalanforderungen“ für die Kita erfüllt seien, sei man zwar auch „nicht glücklich, aber wir können damit leben“.

Man wolle nun die Baumaßnahme nicht weiter verzögern, generell halte man die Sanierung ja für „notwendig und sinnvoll“. Insgesamt kostet die Umleitung die Stadt 90 000 Euro. Die Zugeständnisse an die Eltern fallen noch einmal mit 10 000 Euro zu Buche. Die Eltern befürchten nun das „absolute Chaos“, wenn zusätzlich zum täglichen Hol- und Bringverkehr an der Kita auch Berufspendler durch den Herrenwiesenweg fahren.

Auch der Einzelhandel macht sich Sorgen

Das Bauprojekt ist auch insofern anspruchsvoll, als der Verkehr einen Übergang über die Glems benötigt. Während des ersten Bauabschnitts, der zwischen Bahnhofstraße und Christofstraße liegt, soll die Umleitung über eine Brücke führen, die eigentlich nur den Fußgängern dient. Diese wird gerade ausgebaut. Auch der Einzelhandel hat der Verwaltung in Anbetracht einer schlechteren Erreichbarkeit der Läden bereits seine Sorgen vorgetragen. Und mit Firmen, die auf Lastwagen-Lieferungen angewiesen sind, laufen Fahrversuche, wie die Firmen trotz der Baustelle erreichbar bleiben. Gut möglich also, dass der Protest der Kita-Eltern nicht der letzte war.