Viel Stau auf rückgebauten Straßen, aber wenig Radverkehr wie hier in Bad Cannstatt, so lautet einer der Vorwürfe der Taxi-Branche an die Grünen Foto: Leif Piechowski

Die Stuttgarter Taxifahrer haben die Verkehrspolitik der Grünen schwer kritisiert und drohen mit einer Wahlempfehlung. Jetzt gab es erste Gespräche – doch inhaltlich ist man nach wie vor weit auseinander.

Stuttgart - Das war ziemlich einzigartig in der Geschichte der Taxi-Branche: Der Stuttgarter Verband und die Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart (Taz) haben den Grünen offen mit einer Wahlempfehlung für die Landtagswahl gedroht – und zwar gegen sie. Angesichts von 5000 Fahrern und zahlreichen Kunden ist das eine zwar außergewöhnliche, aber durchaus ernstzunehmende Sache.

Die Taxler stören sich an den Staus in und um Stuttgart und machen dafür unter anderem die Verkehrspolitik der Grünen in Stadt und Land verantwortlich. Und sie klagen, dass die Partei von Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Ministerpräsident Winfried Kretschmann als einzige nicht mit ihnen rede.

Viel Gesprächsbedarf also – der jetzt zu einem ersten Treffen geführt hat. Am Freitag kamen die Landtagsabgeordnete Muhterem Aras und Mitarbeiter der Gemeinderatsfraktion in die Taxi-Zentrale nach Bad Cannstatt. Sie bestritten dabei, in der Vergangenheit nicht auf Einladungen der Taxler reagiert zu haben. Es sei zu einigen Treffen auf informeller Basis gekommen. Aras wies darauf hin, dass man auch im Tonfall „zu mehr Sachlichkeit“ zurückkommen müsse: „Die Kritik ist mir zu pauschal.“

"Grünen sind die Letzten, die an Staus interessiert sind"

Die Grünen-Vertreter versuchten, ihre Position darzulegen. Man bestimme die Verkehrspolitik in der Stadt nicht allein. „Die Grünen sind die Letzten, die an Staus interessiert sind“, so Aras. Stattdessen setze man auf weniger Verkehr, was auch den Taxifahrern zugute komme. Nicht zuletzt die drohenden Strafzahlungen an die EU wegen der Luftverunreinigung führten zwingend dazu, dass man Autos aus der Stadt bekommen müsse.

Das freilich werten die Taxler als „Schikane“ den Autofahrern gegenüber. „Natürlich muss die Politik Maßnahmen ergreifen. Aber der Weg, den Sie einschlagen, hilft keinem“, kritisierte Danis Georgiadis vom Stuttgarter Taxiverband. Ihm und seinen Kollegen stößt besonders der Rückbau von Straßen zu Gunsten von Fahrradstreifen sauer auf. Auch den Sinn von Tempo 40 auf Steigungsstrecken bezweifeln sie. Zudem funktioniere die auf der B 14 von Schildern angekündigte grüne Welle bei einer bestimmten Geschwindigkeit nicht. „Wir haben die Kunden im Auto, die ihre Termine verpassen und sich bitter bei uns beschweren“, klagte der Taz-Vorstandsvorsitzende Murat Arslan.

Drohung der Wahlempfehlung noch nicht vom Tisch

Mit ihrer scharfen Kritik an der Verkehrspolitik der Grünen haben es die Stuttgarter Taxler weit gebracht. Inzwischen hat es auch ein Gespräch mit Vertretern des Verkehrs- und Staatsministeriums gegeben – allerdings ohne nennenswertes Ergebnis. Dort sei man nur darauf hingewiesen worden, dass die Stadt der zuständige Ansprechpartner sei, berichtet Arslan. Die Drohung der Wahlempfehlung sieht er noch nicht vom Tisch: „Man kann sie für oder gegen jemanden aussprechen.“

Nach den ersten Gesprächen scheinen sich Grüne und Taxifahrer jedenfalls nur langsam näherzukommen. Immerhin: Muhterem Aras will „den aufgenommenen Gesprächsfaden weiterführen“ und sich regelmäßig austauschen. Und aus der Gemeinderatsfraktion verlautet, man wolle erst abwarten, was am nächsten Dienstag passiert. Dann befasst sich der Ausschuss für Umwelt und Technik mit der Situation im Stuttgarter Taxigewerbe. Danach sei ein weiteres Treffen sinnvoll.

Eines wollen die Grünen allerdings nicht: Sich unter Druck setzen lassen. „Wir machen Politik für alle, das kann man nicht auf einen Fahrradstreifen reduzieren. Und wir machen nicht Politik, damit wir eine bestimmte Wahlempfehlung bekommen“, stellte Aras in der Taxi-Zentrale klar.