Sichern, streuen, mähen: Die Aufgaben der Straßenmeisterei sind abwechslungsreich und anspruchsvoll. Der Betrieb in Herrenberg ist für rund 280 Kilometer Bundes-, Landes- und Kreisstraßen zuständig. Ein Blick hinter die Kulissen – und auf Fahrzeuge mit beeindruckender Ausrüstung.
Es war ein imposantes Bild, das sich am frühen Samstagnachmittag auf dem Betriebsgelände der Straßenmeisterei Herrenberg des Landkreises Böblingen bot: Die orangelackierte Fahrzeugflotte empfing auf dem 7200 Quadratmeter großen Betriebsgelände an der Horber Straße die rund 15 interessierten Besucherinnen und Besucher. Rund 1,5 Stunden später hatten diese einen Einblick gewonnen, wie umfangreich und anspruchsvoll die Arbeit der Straßenwärter und -meister ist, aber auch wie gefährlich sie sein kann.
Die Gefahr ist immer dabei
„Wir sind täglich davon abhängig, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten“, machte Betriebsleiter Stefan Brenner gleich zu Beginn des vom Landratsamt anlässlich des 50. Geburtstags des Kreises organisierten Blicks hinter die Kulissen deutlich. Auch Panagiotis Sidiropoulos, der zuständige Sachgebietsleiter im Straßenbauamt, bat um Respekt und Rücksicht für die orangebekleideten Mitarbeiter. Diese seien „unter Einsatz ihres Lebens“ täglich auf und neben den Straßen unterwegs, formulierte er – überspitzt, aber nicht übertrieben. Denn alle wussten um den Unfall auf der A 81 an der Anschlussstelle Böblingen-Hulb, bei dem Anfang Mai ein Straßenarbeiter starb und weitere schwer verletzt wurden. Ein Lastwagen war ungebremst in einen Warn-Lkw der Autobahnmeisterei gekracht.
Die Autobahn ist nicht das Revier der Straßenmeisterei Herrenberg mit ihren knapp 30 Mitarbeitern, davon 23, die direkt mit der Straßenunterhaltung betraut sind. Vielmehr umfasst es die südliche Hälfte der 565 Straßenkilometer des klassifizierten Straßennetzes im Landkreis Böblingen, also die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen – allerdings nur außerhalb der Ortschaften. Den Norden übernimmt die Straßenmeisterei Leonberg. Innerorts liegt die Zuständigkeit jeweils bei den Kommunen. „Abwechslungsreich und anspruchsvoll – für technikaffine Menschen“, so fasste Sidiropoulos die Berufsbeschreibung zusammen.
Glasperlen für die Straße
Neben dem Austausch kaputter Leitpfosten oder der Beseitigung von Schäden nach Unfällen gehört auch die Anbringung von Markierungen zu den Aufgaben der Straßenmeisterei. Ein A-ha-Erlebnis für den ein oder anderen dabei: Mit der Markierungsmaschine wird nicht nur die weiße Farbe aufgebracht, auch speziell beschichtete Glasperlen kommen dazu. Sie sorgen dafür, dass das einfallende Scheinwerferlicht zum Fahrer zurückreflektiert wird. Und noch einen Zuschlagstoff gibt es: Er erhöht die Griffigkeit der Farbe, speziell für Zweiradfahrer.
Auch zwei Streckenkontrollfahrzeuge gehören zum Fuhrpark. „Alle Straßen werden einmal pro Woche abgefahren“ – mindestens, berichtete Stefan Brenner, der mit vielen viele Richtlinien und Vorschriften zu tun hat. Dazu gehört auch, dass ein Mitarbeiter alle Bäume, die im Zuständigkeitsbereich die Strecken säumen, kontrollieren muss – und zwar zweimal im Jahr, im belaubten als auch im unbelaubten Zustand.
Fahrzeuge mit Hightech
Die anfallenden Arbeiten in der Straßenmeisterei werden zudem von den Jahreszeiten geprägt. Aktuell sind an den beiden Unimogs die Mähwerke montiert, um die die Straßenränder vom hohen Gras zu befreien und die Leitpfosten wieder sichtbar zu machen. Saßen früher zwei Beschäftigte im Fahrzeug – einer fuhr und der andere bediente das Mähwerk – übernehme heute ein Mitarbeiter alle Aufgaben. Dazu können die Hightech-Fahrzeuge, die rund eine halbe Million Euro kosten, binnen einer Minute vom Links- in einen Rechtslenker verwandelt werden – und umgekehrt. Auch hier gelte, dass die Mitarbeiter nicht zum Vergnügen entsprechende Hinweisschilder, auch zur Geschwindigkeitsreduzierung aufbauen, sondern um die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und den Eigenschutz zu gewährleisten, betonte Stefan Brenner.
Trotz der Gefahren mache er seinen Beruf aus Berufung, betonte er. Intensiv mehrmals im Jahr würden nur zwei Mal direkt an der Straße gemäht, der weitere extensive Bereich einmal im Jahr. Dabei erleichtert die Digitalisierung die Arbeit: Dank der Ausrüstung mit Tablets, die über eine auf einen Zentimeter genaue GPS-Maus verfügen, wissen die Mitarbeiter nun genau, für welche Flächen sie zuständig sind.
Vorbereitung auf den Winter
Auch wenn der Sommer gerade erst anfängt: Der nächste Winter kommt bestimmt. Ob es ein schneereicher wird, in dem die Straßenmeister zwischen 4500 und 5000 Tonnen Satz aus dem Salzlager verbraucht, oder ein milder mit einem Verbrauch mit 1000 bis 1100 Tonnen, weiß keiner. Fest steht allerdings, dass der Winterdiensteinsatz im Drei-Schicht-Betrieb von drei bis 22 Uhr gefahren wird. Neben den beiden Unimogs sind dann auch zwei Lkws der Straßenmeisterei im Einsatz. Bei Bedarf kann das Team zudem auf fünf Fremdunternehmer zurückgreifen. Dank eines speziellen Aufbaus mit zusätzlichen Tanks auf den Fahrzeugen kann das ausgebrachte Salz heute mit auf dem Betriebshof hergestellter Salzlauge vorbefeuchtet werden, erklärte Brenner: Dadurch setze die Wirkung schneller ein und die Salzkristalle bleiben liegen, anstatt wie früher wegzuhüpfen.