Bald müssen Spediteure für ihre Lkws auch auf Bundesstraßen Maut bezahlen. Foto: dpa

Ab August kassiert der Bund auch auf einigen großen Bundesstraßen Maut für schwere Lastwagen.

Berlin - Zu spät und zu wenig. Eigentlich sollte die Maut für Lastwagen ab zwölf Tonnen, die vierspurige Bundesstraßen benutzen, schon Anfang 2011 kommen.. Und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wollte bundesweit auf einer Länge von 2000 Kilometern auf Bundesstraßen, die autobahnähnlich ausgebaut sind, die Hand aufhalten.

Daraus wurde aber nichts. Jetzt geht es erst im August, also mit einer 19-monatigen Verspätung, los. Und statt auf 2000 Kilometer Länge wird nun bundesweit nur auf 1000 Kilometern abkassiert. Die Verhandlungen mit dem Toll-Collect-Konsortium, das im Auftrag des Bundes die Lkw-Maut eintreibt, zogen sich in die Länge. Sie gestalteten sich vor allem deswegen sehr schwierig, weil der Bund für den verpatzten Start der Lastwagenmaut 2006 von Toll Collect mittlerweile Schadenersatz in Höhe von rund sechs Milliarden Euro fordert. Bis Toll Collect störungsfrei arbeitete, vergingen schließlich zwei Jahre. Der Bund und das Toll-Collect-Konsortium, an dem Daimler und die Telekom beteiligt sind, streiten sich deswegen seit Jahren vor einem Schiedsgericht, ohne dass sich ein Vergleich abzeichnet.

Rund 17 Cent für jeden gefahrenen Kilometer

Technische Gründe werden dafür angegeben, dass der Bund nun an Bundesstraßen auf einer Länge von nur 1000 Kilometern Lastwagen zur Kasse bittet. Die OBU genannten Bordcomputer im Lastwagen-Cockpit, die die satellitengestützte Erfassung der gefahrenen Kilometer sicherstellen, sind an ihrer Kapazitätsgrenze: Mehr als 1000 Kilometer zusätzlich zu den 12.800 Kilometern Autobahn, die schon jetzt erfasst werden, schaffen sie nicht.

Im Südwesten werden ab August zunächst einmal zehn Abschnitte von Bundesstraßen , die autobahnähnlich ausgebaut sind, mautpflichtig. Wie auf Autobahnen auch werden dann rund 17 Cent je gefahrenen Kilometer fällig. So dürfte Toll Collect etwa 100 Millionen Euro im Jahr einsammeln. Die Maut-Erhebung ist allerdings kostspielig: Toll Collect erhält dafür bis zu 30 Millionen Euro im Jahr. Etwa die Hälfte davon zahlt der Bund erfolgsabhängig. Zusätzlich muss der Bund 14,3 Millionen Euro zahlen, um die technischen Voraussetzungen für das Abkassieren an Bundesstraßen zu schaffen. Unter dem Strich dürften also im ersten Jahr des Betriebs etwa 60 Millionen Euro übrig bleiben. Ramsauer verspricht: „Die Mittel fließen zweckgebunden in den Ausbau und den Erhalt der Straßeninfrastruktur. Wir haben einen klaren Nutzen in Form erhöhter Investitionen in das Straßennetz.“ Die Netto-Einnahmen aus der Lkw-Maut liegen derzeit bei gut drei Milliarden Euro jährlich.

Vignetten-Lösung bei Pkw-Maut?

Ramsauer setzt sich auch für eine Pkw-Maut ein. Beim nächsten Koalitionsausschuss in Berlin – die Spitzen von Union und FDP treffen sich Anfang März – will der Minister sein Konzept vorlegen. Auch Modellrechnungen seien in Vorbereitung. Im Unterschied zur Lkw-Maut, die satellitengestützt erhoben wird, macht sich Ramsauer bei der Pkw-Maut für eine Vignetten-Lösung stark.

Wegen der Verzögerung bei der Einführung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen ging der grüne Verkehrsexperte Toni Hofreiter hart mit Ramsauer ins Gericht: „Wenn das Gesetz ab August endlich angewendet wird, sind dem Bund Mauteinnahmen von mindestens 150 Millionen Euro entgangen.“ Die technischen Schwierigkeiten von Toll Collect bei der Ausweitung der Lkw-Maut würden kein gutes Licht auf das satellitengestützte Mauterfassungssystem werfen. Hofreiter weiter: „Toll Collect hat sich nicht zu einem Exportschlager entwickelt, sondern zu einem teuren Ladenhüter.“ Dies müsse beachtet werden, wenn der Bund 2015 erneut die Erhebung der Lastwagenmaut europaweit ausschreibt.

Auf folgenden strecken in Baden-Württemberg gilt ab 1. August eine Lkw-Maut:
- auf der B 10 in Karlsruhe
- auf der B 10 bei Stuttgart-Zuffenhausen
- auf der B 10 zwischen Dornstadt und Ulm
- auf der B 27 zwichen Stuttgart-Möhingen und Tübingen
- auf der B 27 zwischen Bad Dürrheim und Donaueschingen
- auf der B 28 zwischen Kehl und Appenweier
- auf der B 31 zwischen Umkirch und Freiburg
- auf der B 33 bei Markelfingen
- auf der  B 36 zwischen Hockenheim und Schwetzingen sowie zwischen Schwetzingen und Mannheim
- auf der B 313 zwischen Wernau und Nürtingen