In orangenes Licht getaucht: Am Böblinger Postplatz strahlen Energiefresser. Foto:  

Die Umstellung auf LED-Lampen fordert von den Kommunen viel Geld und wird vor allem in den größeren Städten des Landkreises noch Jahre dauern. Manche Orte stellen sich der Aufgabe indes tatkräftig.

Wo das Licht im warmen Orangeton strahlt, ist die Energiewelt nicht in Ordnung. An diesen Ecken der Städte verrichten echte Stromfresser ihre Arbeit. Natriumdampflampen erhellen hier im Dienste der Sicherheit die Umgebung. Alleine in Böblingen scheinen derzeit fast 2000 dieser Lichtsaurier Nacht für Nacht auf die Stadt – mehr als ein Viertel aller öffentlicher Lampen. Die teilweise 40 bis 50 Jahre alten Leuchten sind Relikte aus einer Zeit als Energieverbrauch kein Thema war. Heute sind die Lampen ein Problem: Wenn sie strahlen, benötigen sie 50 bis 70 Prozent mehr Strom als ihre modernen Kolleginnen, die mithilfe der LED-Technologie leuchten.

 

Spätestens seit die Energieknappheit ihren Schatten über das Land legt, ist auch die Beleuchtung ein Thema in den Städten. Denn Abschalten geht nicht so einfach: Die Sicherheit im öffentlichen Raum zählt zu den kommunalen Aufgaben und kann nicht so einfach ignoriert werden. Also ist sparen angesagt.

Damit stehen vor allem die großen Städte im Landkreis vor einem Problem. Denn vor dem Sparen steht erst einmal das Investieren. Die größeren Kommunen haben jede Menge Lampen an ihren Straßen, Kreuzungen und Wegen stehen und in den vergangenen Jahren bei der Umstellung auf sparsame LED-Lichter nicht wirklich auf die Tube gedrückt. Eine rasche Umstellung würde daher Millionen kosten. Sindelfingen, die größte Stadt im Kreis, besitzt etwa 7900 Straßenlaternen, gerade einmal 37 Prozent davon sind mit LED-Leuchten bestückt. Ähnliches vermeldet auch Böblingen. Nur rund ein Drittel der 7240 Laternen verstrahlen bisher LED-Licht. Auch in Herrenberg sieht es nicht anders aus: 5320 Lampen gibt es dort. Jede Vierte ist derzeit auf LED umgestellt.

Böblingen zahlt 530 000 Euro für die Straßenbeleuchtung – Jahr für Jahr

Eine Million Kilowattstunden Strom saugt die Gäustadt für ihre Beleuchtung jährlich aus dem Stromnetz. In Sindelfingen sind es 1,4 Millionen Kilowattstunden – so viel Strom wie 1400 Menschen pro Jahr verbrauchen. Mengen, die richtig ins Geld gehen. Böblingen gibt derzeit jährlich 530 000 Euro alleine für die Beleuchtung aus. Eine Summe, die sich bei den erwarteten Strompreisen demnächst mindestens verdoppeln dürfte.

In den Rathäusern wird diese Entwicklung ernst genommen. Die Umstellung auf LED ist ein Thema in den Verwaltungen – auch wenn dies, so scheint es, mit unterschiedlicher Energie angegangen wird. Vor allem die kleineren Kommunen mit ihrer überschaubaren Anzahl an Straßenlampen haben die Nase vorne. Hildrizhausen zum Beispiel kann, was die Beleuchtung angeht, relativ entspannt den steigenden Energiepreisen entgegen blicken. In der Schönbuch-Gemeinde leuchten seit geraumer Zeit nur noch LED-Lampen, in Grafenau gibt es einen Gemeinderatsbeschluss, der eine zeitnahe Umstellung vorsieht.

Das Heft in die Hand genommen, hat man auch in Holzgerlingen. Seit Anfang August ist dort ein Montage-Trupp unterwegs, der die komplette Straßenbeleuchtung mit LED-Lampen bestückt. Von 22 Prozent auf 100 Prozent LED-Quote in drei Monaten hat sich die Stadt vorgenommen. 1500 Straßenlaternen sind betroffen. Der Effekt dieser Aktion kann sich sehen lassen. Ab November, erklärt Sprecherin Valerie Nußbaum, wird die Stadt dann 75 Prozent weniger Strom für ihre Beleuchtung aufbringen müssen. 600 000 Euro Investitionskosten legt die Stadt hierfür auf den Tisch, 30 Prozent schießt der Bund zu.

Große Städte müssen sich ins Zeug legen

Von einer kompletten LED-Welt weit entfernt sind hingegen die größeren Städte im Kreis. In Sindelfingen plant man zunächst einmal den größten Stromfressern zu Leibe zu rücken. Eine knappe Million Euro, heißt es, werde „in den nächsten Jahren“ hierfür bereit gestellt. Herrenberg möchte 2028 die letzte Lampe ohne LED-Licht aus dem Verkehr ziehen und wird bis dahin einen niederen 7-stelligen Betrag aufbringen müssen. In Böblingen wird dem Gemeinderat nach der Sommerpause ein Vorschlag mit Zeitplan und Kosten für einen Lampenaustausch vorgelegt. „Das Bemühen um eine energieeffiziente Straßenbeleuchtung rückt nun wieder verstärkt in den Vordergrund“, sagt Böblingens Sprecher Gianluca Biela. Über die Höhe der notwendigen Investition hüllt er sich in Schweigen. Biela spricht lediglich von einem „hohen Betrag.“ Wie rasch man in Böblingen zur Tat schreitet, wird wohl auch von den Einspareffekten der LED-Beleuchtung abhängen.

Einen allzu langen Atem können sich die Kommunen bei der Umstellung auf eine moderne Beleuchtung indes nicht leisten. Denn bis 2030 muss die gesamte öffentliche Straßenbeleuchtung in Baden-Württemberg insektenfreundlich sein. Das sieht das Landesnaturschutzgesetz vor. Neu erstellte Lampen und Umrüstungen müssen seit 2021 den entsprechenden Kriterien bereits entsprechen, bestehende Lichter haben noch eine Galgenfrist, bevor der Austausch fällig ist. Dieser könnte auch die LED-Lampen der ersten Generation heimsuchen. „Man hört, dass es bei der Insektentauglichkeit landauf, landab auch Probleme mit älteren LED-Lampen gibt“, erzählt Gianluca Biela. Böblingens erste LED-Lichter stammen aus dem Jahr 2007.

Licht für den Artenschutz

Bedrohung
Helle Lampen sind eine Bedrohung für die Insekten. Diese orientieren sich an natürlichen Lichtquellen. In der Nacht sind dies Sterne oder der Mond – Lichtquellen mit sehr geringer Stärke. Künstliche Lichtquellen überstrahlen diese. Insekten werden von künstlichen Lichtquellen angezogen und kommen entweder an den Leuchten selbst um oder umkreisen diese bis zur völligen Erschöpfung, was zu einer erhöhten Sterblichkeit führt.

Tödliches Licht
Ein besonderes Problem stellt die Farbe der Lampe dar. Insekten reagieren besonders stark auf Licht mit vielen Blauanteilen – Licht, das weiß oder „kalt“ erscheint. Kaltweiße LEDs sollten daher vermieden werden.