Insekten und anderes Getier mögen kein zu helles Licht. Zu dunkel dürfen Straßen und Wege aber auch nicht sein. Wie gehen die Filderkommunen mit diesem Balance-Akt um, und wo gibt es Probleme?
Gemäß der aktuellen Verordnung des Naturschutzes sind die Kommunen dazu verpflichtet, die Beleuchtung von Straßen und Wegen kritisch zu überprüfen. Künstliches Licht trägt zum Insektensterben bei, unnötiges Ausleuchten von wenig frequentierten Straßen und Wegen sollte deshalb vermieden werden. Die Stadt Stuttgart hat 30 Stellen ausgemacht, an denen es künftig dunkel bleibt.
Widerstand im Dachswald
Doch da regt sich Widerstand. Etwa im Dachswald anhand der betroffenen Strecke Elsental zwischen Kaltental und Dachswald. Das ist eine Straße, von denen es nur noch wenige gibt hier in der Stadt: Eine Mittellinie gibt es nicht, da die dafür erforderliche Straßenbreite überwiegend nicht gegeben ist. Mehr noch: Ein Radweg wurde da eingeführt, ausgewiesen als Testbetrieb. Denn der ist nur durch eine gestrichelte Linie von der Straße abgetrennt, damit da zur Not auch Autos drüberfahren können. Und diese Not ist da ziemlich oft gegeben, denn das ist auch die Strecke einer Buslinie. Und einen Gehweg gibt es da auch noch, maximal ein Meter breit und teilweise ohne Absatz zur Straße, damit die Mobilisten auch darauf zur Not ausweichen können. Und das bei einer Straße, die kurvenreich durch ein dichtes Waldstück führt, um dann zum Dachswald hin steil aufzusteigen.
Insektenschutz und Menschenschutz
Sigrid Beckmann, viele Jahre Vorsitzende des Bürgervereins Dachswald: „Ich bin auch für Insektenschutz. Aber das darf nicht Vorrang haben vor dem Schutz von Menschenleben“. Denn die Beleuchtungssituation dieser Straße ist zweigeteilt: Von Kaltental kommend bis zur Haltestelle Jugendfarm, also etwa an halber Wegstrecke, bleibt das Licht eingeschaltet. Für den Rest der Strecke hoch nach Dachswald ist es seit dem Ende der Sommerferien nachts dunkel.
„Dabei wird gerade dieser Weg gut genutzt, eben von den Jugendlichen der Jugendfarm. Die sind jetzt im Stockdunkeln unterwegs, gerade an den Stellen, wo es besonders gefährlich ist auf dieser Straße.“ Beckmann nennt andere Straßen, wo eine Lichtabschaltung problemloser wäre.
Neue Planungen berücksichtigen die Gesetzeslage
Die Stadt reagiert damit auf eine Vorgabe des Landesnaturschutzgesetzes, das bis 2030 eine insektenfreundliche Beleuchtung aller Straßen- und Gehweglampen vorschreibt. Denn die Insektenpopulation ist in den vergangenen 30 Jahren republikweit um bis zu 75 Prozent zurückgegangen, Lichtverschmutzung trägt dazu bei. Vor allem durch künstliches Licht, das keine Hitze abgibt. Das ist ein guter Anlass, kritisch zu überprüfen, was wann wirklich beleuchtet werden muss.
Auch anderswo auf den Fildern ist die Lichtverschmutzung ein Thema, denn das Landesnaturschutzgesetz muss auch hier eingehalten werden. In Leinfelden-Echterdingen ist ein Großteil der Straßenbeleuchtung auf LED umgestellt worden. „Eine Nachtabsenkung ist für die Zeit zwischen 22 und 6 Uhr bereits eingerichtet“, sagt Benjamin Dihm, Erster Bürgermeister der Stadt. Werden neue Beleuchtungsplanungen gemacht, orientiert man sich an den Vorgaben des Gesetzes. Bei Bauanträgen von Privatpersonen weist die Stadt ebenfalls auf das Thema hin, „sodass auch im Innenbereich die Lichtemissionen so gering wie möglich gehalten werden und neben den Insekten auch andere Tierarten, wie Fledermäuse und Zugvögel möglichst wenig durch die künstliche Beleuchtung beeinträchtigt werden“, so Dihm. Nicht abgeschaltet wird die außerörtliche Beleuchtung zwischen den einzelnen Stadtteilen, damit die Verkehrssicherheit gegeben ist.
Intelligente Beleuchtung
Auch in Filderstadt wird seit einigen Jahren auf die energiesparende und insektenfreundlichere LED-Beleuchtung umgerüstet. „Ein Großteil der Straßen- und Radwegbeleuchtungen wird innerorts bereits jetzt auf 70 beziehungsweise 50 Prozent der Leistung im Zeitraum von 22 Uhr abends bis 5 Uhr morgens heruntergedimmt“, heißt es aus der Pressestelle der Stadt. Bei einem Pilotprojekt einer intelligenten Beleuchtung im Stadtteil Sielmingen, an der Wolfäckerstraße in Richtung B 312, wurden die Lichtmasten mit einem „mitlaufenden Licht“ ausgestattet: Das Einschalten der Leuchten wird über einen Bewegungssensor aktiviert und geht nach kurzer Zeit wieder in den Ruhemodus. „Auch weitere Wege sollen im Laufe der kommenden Jahre entsprechend dem Pilotprojekt umgerüstet werden“, heißt es seitens der Pressestelle.
Ein weiteres Beispiel zur Reduzierung der Lichtverschmutzung ist die Beleuchtung des Radwegs von Bonlanden nach Sielmingen. Der Radweg wird während des Schulbetriebs lediglich von 6 bis 8 Uhr morgens und von 17 bis 22 Uhr abends beleuchtet. Außerhalb dieser Zeiträume ist eine sogenannte Null-Dimmung aktiviert, diese beleuchtet den Radweg nur noch begrenzt und dient vor allem der Orientierung.
Das gesamte Straßenbeleuchtungssystem in Filderstadt soll in den kommenden Jahren mit einem Lichtplaner überdacht werden, um solche Projekte auszuweiten und das System zu digitalisieren. 2025 sollen außerdem etwa 400 weitere Leuchten auf LED umgerüstet werden.
Straßenlicht im Sinne des Naturschutzes
LED-Licht
Neben Stromersparnis ermöglicht moderne LED-Technik ein besseres Ausleuchten des öffentlichen Raumes. Streulicht kann vermieden werden.
Insekten
Den unnötigen Insektentod kann freilich auch die LED-Technik nicht verhindern. Insbesondere an Stellen außerorts fokussieren sich die Tiere auf diese künstliche Lichtquelle und umkreisen diese bis zur völligen Erschöpfung. Das Land schreibt deshalb vor, solche Lichtquellen künftig auszuschalten. Die Verkehrssicherheit darf aber nicht eingeschränkt werden.
Ausschalten
Die Stadt Stuttgart hat darauf reagiert und in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt, den Ämtern für Umweltschutz, Stadtplanung und Wohnen sowie der kommunalen Kriminalprävention geprüft, welche Strecken nachts ganz oder teilweise beleuchtet sein müssen. Auf 30 solcher Strecken ist man da gekommen, quer verteilt durchs Stadtgebiet.