Bundesfinanzminister Olaf Scholz prüft ein mögliches Verbot von Negativzinsen für Kleinsparer. Foto: dpa

Finanzminister Olaf Scholz erhält heftigen Gegenwind für seinen Vorstoß, Strafzinsen für Kleinsparer gesetzlich zu verbieten. Von Symbolpolitik ist die Rede. Verbraucherschützer plädieren für einen anderen Weg.

Stuttgart - Banken und Sparkassen, aber auch Ökonomen und Verbraucherschützer wenden sich gegen Forderungen nach einem Verbot von Strafzinsen für Kleinsparer. Wenn der Staat Einlagen dauerhaft subventionieren möchte, weil er einen sozialen Ausgleich für erforderlich hält, dann sollte er das über das Steuersystem tun, forderte Hans-Peter Burghof. „Für den gesellschaftlichen Ausgleich zu sorgen, ist Aufgabe des Staates, nicht der Banken“, sagte der Finanzprofessor der Universität Hohenheim. Käme es zu so einem Verbot, würde es die Ertragskrise der Banken weiter verschärfen.

Das Finanzministerium prüft derzeit, „ob es der Bundesregierung rechtlich überhaupt möglich ist, Kleinsparer vor solchen Negativzinsen zu schützen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) der Funke-Mediengruppe.

Der Realzins ist entscheidend

Burghof bezeichnete den Vorstoß als Symbolpolitik. Am Ende sei der Realzins entscheidend. Zwar sei die Inflationsrate niedrig, doch die Anlagezinsen sind seit geraumer Zeit noch niedriger. „Negative Realzinsen gibt es schon eine ganze Weile“, sagte Burghof. Staatliche Eingriffe führten zu Verzerrungen. „Kapital fließt in die falsche Richtung.“ Investitionen unterblieben, die sonst getätigt würden, und es würde investiert, wo es sonst unterlassen würde.

Scholz reagierte auf einen Vorstoß von CSU-Chef Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident hatte eine Bundesratsinitiative angekündigt mit dem Ziel, Beträge bis 100 000 Euro grundsätzlich von solchen Strafzinsen auszunehmen. Der aktuelle Vorstoß „könnte auch als Aufforderung verstanden werden, Beträge darüber mit Negativzinsen zu belegen“, sagte Stefan Zeidler, Chef der Volksbank Stuttgart. Sein Haus verlange aktuell keine Negativzinsen für private Einlagen.

Zeidler betonte, dass die Europäische Zentralbank durch ihre Geldpolitik die Null- bzw. Negativzinsen herbeigeführt habe. „Insofern wäre es allenfalls die Aufgabe der Politik, nicht die Auswirkungen zu beklagen, sondern Einfluss auf die Geldpolitik zu nehmen, um aus dem geschaffenen Irrgarten herauszufinden.“ Darüber hinaus profitiere der Bund von der derzeitigen Zinssituation. „Bundesanleihen weisen ab dem ersten Euro negative Renditen aus. Der Sparer wird faktisch dafür bestraft, dass er der Bundesrepublik Deutschland Geld leiht“, sagte Zeidler.

Die Branche ist alarmiert

Die BW-Bank wollte sich zum konkreten Vorschlag aus der Politik, Strafzinsen auf Einlagen von Sparern zu verbieten, nicht äußern. Ein Sprecher der Bank sagte jedoch: „Wir als BW-Bank haben kein Interesse daran, Kleinsparer mit Negativzinsen zu belasten. Deshalb tragen wir den Verlust aus den negativen Leitzinsen bisher selbst, so dass der Privatkunde davon nichts spürt.“

Die Deutsche Kreditwirtschaft betonte nach dem Söder-Vorstoß, Banken und Sparkassen kalkulierten wie anderen Kaufleute auch ihre Preise und Entgelte auf Grundlage des Marktumfelds in eigener Verantwortung. „Gesetzliche Verbote sind systemfremd, helfen den Kunden nicht weiter und können letztlich zu einer gefährlichen Instabilität der Finanzmärkte führen“, erklärte die Interessenvertretung der Spitzenverbände von Banken und Sparkassen. Die Finanzbranche ist alarmiert, weil nach Andeutungen von EZB-Chef Mario Draghi die Notenbank die Zinsen weiter absenken könnte.

Plädoyer für einen Vorsorgefonds

Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg wies darauf hin, dass es sogenannte Negativzinsen im deutschen Recht nicht gebe. Wenn Banken stattdessen Verwahrentgelte erheben, müssten diese individuell vereinbart werden, sagte der Finanzexperte. Er erinnerte an das politische Versprechen, dass Einlagen bis 100 000 Euro absolut sicher sein sollen. Insofern sei „die aktuelle politische Debatte berechtigt, wenn Kreditinstitute mit neuen Entgelten zur Gewinnmaximierung diese Sicherheit infrage stellen“.

Das Motiv vieler Sparer sei die Altersvorsorge. Die Verbraucherzentrale plädiert deshalb für einen Vorsorgefonds in Deutschland. „Dieser würde ohne finanzielle Eigeninteressen und mit nur geringen Verwaltungsgebühren das freiwillig eingezahlte Geld der Bürger an den Aktienmärkten investieren“, so Nauhauser. Länder wie Norwegen oder Schweden würden zeigen, dass ein solcher Fonds auch im aktuellen Zinsumfeld attraktive Renditen erzielen könne.