Ohne Erich Viehöfer wäre das Museum wohl längst geschlossen. Foto: factum/Bach

Die Guillotine, Uniformen oder die selbst gebastelten Kochplatten der RAF-Terroristen – das Strafvollzugsmuseum in Ludwigsburg verfügt über eine einmalige Sammlung von Exponaten. Doch die Zukunft ist ungewiss. Jetzt wollen Stadt und Land verhandeln.

Ludwigsburg - Das Objekt, das alle sehen wollen, ist die Guillotine. Erbaut für die französische Militärregierung nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden mit dem Fallbeil mindestens elf Menschen ums Leben gebracht, der letzte 1949 in Tübingen. Auch vor dem Eisernen Hosenträger verweilen die Besucher länger, einer Fessel mit Schultergurten. Fast unscheinbar wirken dagegen die Gegenstände in der ersten Vitrine im Obergeschoss, darunter eine selbst gebaute Kochplatte und eine Destillieranlage für Alkohol, gefunden in den Stammheimer Zellen der RAF-Terroristen Jan-Carl Raspe und Andreas Baader.

Dazu Uniformen aus verschiedenen Epochen, Foltergeräte, nachgebaute Gefängniszellen – alle diese Exponate wären hochkarätig genug für das riesige Haus der Geschichte in Bonn. Oder das Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart. Zu sehen aber sind sie in Ludwigsburg, im Strafvollzugsmuseum. Spontane Besucher sieht man hier selten, dafür liegt das denkmalgeschützte Gebäude an der Schorndorfer Straße zu weit abseits. Einladend wirkt das Ganze auch nicht: von den Fenstern blättert Farbe ab, der Boden hat Risse. „Das müsste mal saniert werden“, sagt Erich Viehöfer.

Viehöfer ist der Leiter des Museums, und er ist der Grund, warum das Haus überhaupt noch geöffnet ist. 65 Jahre ist er alt und seit Mai im Ruhestand, aber er arbeitet weiter und wartet auf eine Lösung. Denn die Zukunft des Museums ist ungewiss, das der promovierte Historiker 1988 gemeinsam mit einem Förderverein und mit Unterstützung des Landes und der Stadt aufgebaut hat.

Zuchthaus, Museum – und dann?

In dem 1748 errichteten Gebäude befand sich einst ein Zuchthaus, bis das Land die Haftanstalt Ende der 1980er Jahre auflöste, die Immobilie an ein Unternehmen verkaufte und sich im Gegenzug zusichern ließ, diese 25 Jahre lang nutzen zu dürfen. Seither gibt es das Museum, doch im Herbst 2017 läuft der Vertrag aus, und aller Voraussicht nach müssen die Exponate dann raus. Auch die Finanzierung macht Sorgen. Ursprünglich sei vereinbart gewesen, dass Förderverein, Land und Stadt je ein Drittel aller Kosten tragen, aber nach mehreren Einsparrunden sei der Anteil des Vereins stetig gewachsen, erzählt Viehöfer. „Das hat fast 30 Jahre geklappt, aber noch einmal 30 Jahre geht es so nicht weiter.“

Erste Konsequenzen wurden bereits gezogen. Seit Mai ist das Haus regulär nur noch an Sonn- und Feiertagen geöffnet, unter der Woche müssen Besichtigungstermine vereinbart werden. Da ist es fast kontraproduktiv, dass die Stadt am Bahnhof mit einem großen Plakat für den Museumsbesuch wirbt. Denn Viehöfer ist der einzige Mitarbeiter des Hauses, das in den vergangenen Jahren immer 4000 bis 7000 Besucher angelockt hat. Mehr wäre möglich, denn das Interesse sei groß, sagt er. „Aber mehr schaffe ich nicht.“ Viehöfer macht alles: Er putzt, macht die Aufsicht, die Führungen, alles, und das macht er gut – wovon eindrucksvoll das Gästebuch am Ausgang zeugt, das voll geschrieben ist mir Lob. Aber angesichts der ungelösten Probleme fürchtet er um sein Lebenswerk. „Es könnte passieren, dass die Exponate aus der Öffentlichkeit verschwinden.“

Die Stadtverwaltung will die Sammlung in Ludwigsburg halten

Doch noch gibt es Hoffnung. Vertreter der Stadt werden in wenigen Tagen nach Stuttgart fahren, um mit Vertretern des Justizministeriums zu sprechen und zu prüfen, ob das Land andere Immobilien zur Verfügung hat. Das Strafvollzugmuseum habe nicht nur im Hinblick auf die Garnisonsgeschichte eine ganz besondere Bedeutung für Ludwigsburg, sondern genieße auch über Ludwigsburg hinaus eine hohe Beachtung, sagt der Oberbürgermeister Werner Spec. „Wir als Stadt sind uns dieser Verantwortung bewusst.“ Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg hat ebenfalls Hilfe angeboten, wird dabei aber wenig konkret. „Wir sind gerne zu Gesprächen bereit, auch zu beratenden Gesprächen“, heißt es. Immerhin handle es sich um eine sehr qualitätsvolle Sammlung, die zusammengehalten werden sollte.

Nur wo? Viehöfer schlägt vor, die Exponate auf dem Hohenasperg zu zeigen und damit direkt neben der Dauerausstellung, die sich der tränenreichen Geschichte des dortigen Gefängnisses widmet. „Dass das inhaltlich gut zusammenpassen würde, liegt auf der Hand“, sagt er. Das Hohenasperg-Museum ist eine Zweigstelle des Hauses der Geschichte, und Viehöfer hofft, dass auch das Strafvollzugsmuseum unter dieses starke Dach schlüpfen darf. In dem Punkt aber gibt man sich in Stuttgart noch reserviert und sagt nur: „Es gibt dahingehend keine konkrete Anfrage.“

Unklar ist auch, ob auf dem Berg überhaupt ausreichend Platz für ein zweites Museum wäre. Die Stadt Ludwigsburg, so viel scheint sicher, wäre von dieser Variante ohnehin nicht angetan. Es sei der Verwaltung ein Anliegen, „die Themen, die über das Strafvollzugsmuseum transportiert werden, auch weiterhin für Ludwigsburg zu erhalten“, sagt Spec.