Corona drückt die Zahlen, sagt Ministerin Gentges. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Im zweiten Jahr in Folge geht die Zahl der Verurteilungen im Land zurück, außer bei Sexualstraftaten. Besonders bei Schuldsprüchen im Bereich der Kinderpornografie ist ein krasser Anstieg zu verzeichnen. Was die Ministerin tun will.

Nach 2020 ist die Zahl der Verurteilungen in Baden-Württemberg auch im vergangenen Jahr deutlich gesunken. Das teilten die Justizministerin Marion Gentges (CDU) und Anke Rigbers, die Präsidentin des Statistischen Landesamtes, am Dienstag mit. 2021 wurden demnach 95 776 Personen gerichtlich verurteilt. Das waren 7985 Schuldsprüche weniger als noch 2020. Das ist ein Rückgang von 7,7 Prozent und der niedrigste Wert seit zehn Jahren. Dabei hatte die Justiz im Südwesten bereits 2020 einen Rückgang gegenüber 2019 von 5,4 Prozent.

Eine teils deutliche Zunahme an Richtersprüchen gab es allerdings im Bereich der Sexual- und Äußerungsdelikten. Besonders stark zugenommen haben Urteile wegen Kinderpornografie. 2020 wurden in diesem Bereich noch 382 Urteile registriert. Im vergangenen Jahr waren es 535. Das bedeutet eine Zunahme von mehr als 40 Prozent.

Grund für den Anstieg: Hinweise aus den USA

Gentges macht für diesen Anstieg vor allem die zunehmenden Hinweise aus den USA verantwortlich. Das National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC), eine gemeinnützige, vom US-Justizministerium finanzierte Organisation mit Sitz in den Vereinigten Staaten, gibt jährlich Tausende von Hinweisen auf kinderpornografische Internetinhalte an das Bundeskriminalamt weiter. Die Zahl dieser Tipps, die schließlich bei den südwestdeutschen Ermittlern landen, hat sich von 2019 auf 2020 von 804 auf 1660 mehr als verdoppelt. 2021 waren es bereits 2825 Hinweise. Das ist ein neuerlicher Anstieg von mehr als 70 Prozent.

Zudem gilt seit Juli 2021 der Besitz, Erwerb und die Verbreitung von Kinderpornografie als Verbrechen. Entsprechende Verfahren können nicht mehr wegen Geringfügigkeit eingestellt werden. Seit Februar müssen zudem Anbieter sozialer Netzwerke strafbare Inhalte auf ihren Seiten den Behörden melden. „Das ist richtig und wichtig“, sagt Gentges. Die Folge sei aber, dass die Zahlen weiter steigen werden.

Gentges: Staat muss „die Kinder aus ihrem Martyrium erlösen“

Die Justizministerin kündigte an, diesen Bereich zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen, weil Kinder sich nicht selber schützen könnten und oft die eigenen Eltern zum Täterkreis gehörten. Umso mehr sei es die Aufgabe des Staates, „die Kinder aus ihrem Martyrium zu erlösen“. Weil Kinderpornografie im Internet stattfinde, will Gentges ein Cybercrime-Zentrum aufbauen, in dem die Kompetenzen gebündelt werden sollen. Sie hoffe, die dafür notwendigen finanziellen Mittel bewilligt zu bekommen.

Der starke Rückgang bei den Verurteilungen ist nach Einschätzung der Ministerin vor allem der Corona-Pandemie geschuldet. Weil viele im Homeoffice waren und auf Reisen verzichteten, seien die Schuldsprüche wegen einfachen Wohnungseinbrüchen um mehr als 50 Prozent zurückgegangen.