Nach einer Straftat haben Opfer häufig Angst vor der Begegnung mit dem Täter. Durch einen Täter-Opfer-Ausgleich muss der Täter den Schaden ersetzen. Foto: dpa/Barbora Prekopova

Nach einer Straftat kämpfen viele Opfer mit emotionalen und finanziellen Folgen. Viele haben Angst vor der Begegnung mit den Tätern. Doch es gibt Möglichkeiten zum Schutz der Opfer – und Anspruch zum Beispiel auf Schadensersatz. Was Sie wissen müssen.

Stuttgart - Neben den finanziellen Schäden haben Opfer einer Straftat auch oft mit den emotionalen Folgen der Tat zu kämpfen. Dabei geht es nicht selten um Einschüchterung. Die Angst, Anzeige zu erstatten, kommt meist daher, dass die Opfer die erneute oder wiederholte Begegnung mit den Tätern scheuen. Aber nur mit einer Anzeige kann sichergestellt werden, dass der Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Welche Rechte haben Opfer einer Straftat?

Auch wenn oft anders dargestellt: Opfer einer Straftat sind nicht „rechtlos“. Das Gesetz sieht Möglichkeiten vor. Doch bevor Betroffene über die juristischen Wege nachdenken, sollten sie zunächst professionelle Unterstützung durch Schutzorganisationen wie etwa den Weißen Ring suchen.

Die nüchterne, rechtliche Abwicklung beginnt damit, sich Rechtsbeistand zu besorgen. Jede und jeder per Straftat Geschädigte hat das „Recht auf einen Rechtsanwalt“. Dieser kann und wird dann die Akten, die dem Gericht vorliegen, einsehen. Das bedeutet, dass sich der Opfer-Anwalt ein umfassendes Bild über den Verfahrensgang und den Ermittlungsstand machen kann – und so frühzeitig die Weichen für etwaige Anträge und Schadenersatzansprüche stellen kann.

Das Opfer ist gleichzeitig auch Zeuge, hat aber das Recht auf einen Zeugenbeistand

Der oder die Geschädigte erhält auf Antrag Mitteilung über Einstellung oder Ausgang des Strafverfahrens beziehungsweise über die Anordnung freiheitsentziehender Maßnahmen des Täters. Zur Vernehmung als Zeuge kann der Verletzte eine Person seines Vertrauens hinzuziehen. Auch hat das Opfer – das auch immer als Zeuge geführt wird – das Recht auf einen Zeugenbeistand. Dabei handelt es sich im Regelfall um einen Rechtsanwalt, der während der Vernehmung bei Polizei oder vor Gericht das Opfer vertritt – und es schützt. Zum Beispiel, indem er unter bestimmten Umständen durchsetzt, dass die Anschrift des Opfers geheim bleibt. Meist wird dann die Kanzleianschrift des Anwaltes für die Postzustellung angegeben.

Ist zu befürchten, dass der „Untersuchungszweck gefährdet“ oder ein verängstigtes Opfer bei Anwesenheit des Täters nicht aussagen oder voraussichtlich nicht die Wahrheit sagen wird, so kann der Beschuldigte für die Dauer der Vernehmung ausgeschlossen werden. Auch ist es möglich, das Opfer in einem anderen Raum getrennt vom Täter per Videoübertragung zu vernehmen. Je nach Schwere und Härte des Falls ist es auch möglich, die Gerichtsverfahren unter Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutze des Opfers durchzuführen.

Auch hier greift das Zeugnisverweigerungsrecht

Wie gesagt: Jedes Opfer ist auch zugleich Zeuge. Deswegen kann es sogar vorkommen, dass diese Aussage das einzige Beweismittel gegen den Täter ist. Das Opfer als Zeuge muss allerdings nicht um jeden Preis aussagen. Denn auch hier greift das so genannte Zeugnisverweigerungsrecht. Das kann beispielsweise dann von ganz besonderer Bedeutung werden, wenn Opfer aus persönlichen Gründen – etwa wenn es mit dem Täter verwandt, verlobt oder verheiratet ist –, aus beruflichen Gründen – wenn es sich um einen „Berufsgeheimnisträger“ handelt. Oder auch, wenn sich das Opfer selbst oder einen nahen Angehörigen verdächtigen würde.

Opfer, die materiell, körperlich oder psychisch geschädigt wurden, haben Anspruch auf Schadenersatz, gegebenenfalls auch Schmerzensgeld. Aber wie kommt der oder die Geschädigte an das Geld? Grundsätzlich müssten sie sich an die Zivilgerichte wenden – was zunächst mit Kosten, Zeit und Aufwand verbunden ist.

Aber: Es gibt unkompliziertere Wege, Ansprüche im Rahmen des Strafverfahrens durchzusetzen. Mit dem „Adhäsionsverfahren“ gibt es beispielsweise eine selbstständige Möglichkeit zivilrechtliche Ansprüche durchzusetzen. Oder es wird vor dem Strafgericht ein vollstreckbarer Vergleich geschlossen. Beim so genannten Täter-Opfer-Ausgleich kann die Strafe gemildert werden, indem der Täter den Schaden ersetzt – oder sich zumindest ernsthaft bemüht. Für das Opfer ist ein solcher Weg dann von Vorteil, wenn der oft mühsame zivilrechtliche Weg erspart bleiben soll. Hier ist es dann – wie zu Beginn des Verfahrens – wieder enorm wichtig, einen guten Rechtsbeistand zu haben – sofern es überhaupt möglich ist, dies vorab einzuschätzen.