Vor einem Bankomaten kam es zum blutigen Angriff Foto: Mathias Kuhn/cf

Ein 21-Jähriger gibt vor dem Stuttgarter Landgericht zu, zwei Männer im Vorraum einer Cannstatter Bankfiliale mit einer abgebrochenen Flasche verletzt zu haben.

Ob es die eindeutig erscheinende Beweislage ist, die Samuel L. gleich zu Beginn des Prozesses vor dem Landgericht Stuttgart die Karten auf den Tisch legen lässt. Oder ist es Reue gegenüber den Opfern? Oder will der 21 Jahre alte US-Amerikaner mit gambischen Wurzeln den Kreislauf aus Drogenkonsum, Straftaten und Haftaufenthalten selbst durchbrechen, um sein Leben später in geordnetere Bahnen zu lenken. Was möglich erscheint. Der Angeklagte kommt nach Stationen in den USA und Afrika als Fünfjähriger mit seiner Mutter und zwei Schwestern in den Rems-Murr-Kreis. Er ist eloquent, hat einen Realschulabschluss und ein Berufskolleg besucht. Dazu ist er realistisch. L. geht nicht davon aus – nachdem er die ihm zur Last gelegte Tat eingeräumt hat –, das Gefängnis so schnell wieder verlassen zu können. „In der JVA Freiburg würde ich gerne das Abitur machen“, sagt L, dem die Staatsanwaltschaft schwere räuberische Erpressung vorwirft

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Der Fall ist in der Öffentlichkeit auf große Resonanz gestoßen – auch weil er verdeutlicht, dass jeder jederzeit Opfer eines Verbrechens werden kann. Am 18. September 2021, einem Samstag, werden morgens kurz nach 7 Uhr im Vorraum einer Volksbank-Filiale in Bad Cannstatt zwei Männer brutal attackiert. Nachdem sie nicht der Forderung des Täters nachkommen, am Bankomaten Geld abzuheben und ihm auszuhändigen, soll L. mit einer Wodka-Flasche auf die Brust eines 23-Jährigen eingeschlagen haben. Das Glas bricht. Mit dem scharfkantigen Rest soll L. später eingestochen haben – auch auf einen 32-Jährigen. Beiden Opfern gelingt mit Schnittwunden an den Armen die Flucht. Auch L. blutet. Geld erbeutet er nicht.

Drei Monate später wird Samuel L. festgenommen. Er befindet sich seither in Untersuchungshaft. Entscheidend sind seine am Tatort gesicherten DNA-Spuren und der Abgleich mit der Datenbank. Wegen Drogen- und Eigentumsdelikten war er der Polizei bekannt. Während der Tat in Cannstatt habe er mal wieder unter Drogeneinfluss gestanden. L. sagt aus, dass er die Stunden vor der Tat mit Freunden verbracht, dabei Marihuana geraucht, Kokain konsumiert und etwa einen Liter hochprozentigen Alkohol getrunken habe. Die Tat sei spontan gewesen, nachdem er mit der S-Bahn allein nach Cannstatt gefahren sei. Der Prozess wird kommende Woche am Dienstag fortgesetzt.