Unterrichtssprache ist deutsch. Aber muss das auch für die Pause gelten? Foto: dpa/Patrick Pleul

Der Fall ist geklärt: Eine Grundschülerin aus Blumberg darf für ein Gespräch auf Türkisch in der Hofpause nicht bestraft werden. Aber wäre es bei einer anderen Sprache überhaupt so weit gekommen?

Werden an baden-württembergischen Schulen im täglichen Umgang bestimmte Sprachen anders beurteilt als die Sprachen von Einwanderern? Diesen Vorwurf hat der Heidelberger Rechtsanwalt Yalçın Tekinoğlu geäußert. Tekinoğlu hatte eine Familie vertreten, deren Tochter an einer Grundschule in Blumberg (Schwarzwald-Baar-Kreis) eine Strafarbeit hatte schreiben müssen, weil sie in der Hofpause Türkisch gesprochen hatte. In einem vom Verwaltungsgericht Freiburg vermittelten Vergleich erkannte das Land Baden-Württemberg an, dass die Verhängung der Strafarbeit nicht rechtens gewesen sei.

„Stellen Sie sich vor, ein Kind hätte in der Hofpause Englisch, Französisch oder Latein gesprochen“, sagte Tekinoğlu gegenüber unserer Zeitung. „Hätte die Lehrerin dann auch eine Strafarbeit aufgegeben?“ Auf diese Frage habe er bisher keine Antwort erhalten. Hinter dem Verdacht steht die auch in der Wissenschaft diskutierte Theorie, dass es gewisse „Prestigesprachen“ gibt, die gegenüber den typischen Einwanderersprachen in Deutschland ein höheres Ansehen genießen.

Auch die Wissenschaft diskutiert

Die Abwertung bestimmter Sprachen geschehe in deutschen Schulen jeden Tag, klagte beispielsweise die Erziehungswissenschaftlerin Katrin Huxel 2020 in einem Beitrag zu einer entsprechenden Debatte des Rats für Migration. Huxel ist Professorin für Bildung und Erziehung in der Migrationsgesellschaft an der Universität Osnabrück. „Die Ausgrenzung und Abwertung von Sprachen ist die Ausgrenzung und Abwertung von Menschen anhand bestimmter Merkmale, mit denen Eigenschaften verbunden werden. Sie ist Rassismus“, erklärte Huxel.

Das für den konkreten Vorfall zuständige Regierungspräsidium wies Tekinoğlus Vorwurf zurück. „Selbstverständlich werden alle Sprachen gleich behandelt. Den Vorwurf der Diskriminierung, der da mitschwingt, weisen wir deutlich zurück“, sagte die Sprecherin Heike Spannagel. Das Stuttgarter Kultusministerium erklärte zu dem Fall, eine gemeinsame Sprache sei wesentlich für eine gemeinsame Kommunikation, aber auch Ausdruck gegenseitiger Wertschätzung und eines respektvollen Umgangs miteinander. „Eine gemeinsame Sprache ist auch unter integrativen Gesichtspunkten sinnvoll, wenngleich Mehrsprachigkeit selbstverständlich eine grundlegende Bedeutung hat.“