SPD-Chefin Saskia Esken und ihr meistgenutztes Werkzeug: das Handy. Foto: dpa/Michael Kappeler

Hunderte Strafanzeigen gegen SPD-Chefin Saskia Esken hat die Staatsanwaltschaft registriert, weil die Sozialdemokratin die Corona-Protestler als „Covidioten“ bezeichnet hatte. Dies sei von der Meinungsfreiheit gedeckt, meint die Tübinger Strafverfolgungsbehörde.

Tübingen - Wie umgehen mit Andersdenkenden, die sich den Corona-Protestmärschen anschließen? SPD-Chefin Saskia Esken hat auf ihrem bevorzugten Kanal Twitter einen neuen Begriff für diese Regierungsgegner geprägt: „Covidioten“ – eine Zusammensetzung aus „Covid-19“ und „Idiot“. Dafür hat die Calwer Bundestagsabgeordnete über Twitter hinaus jede Menge Zustimmung, aber auch Unverständnis geerntet.

Gesine Schwan widerspricht der Vorsitzenden

Selbst in den eigenen Reihen ist diese Wortwahl zu harsch. So sagte Gesine Schwan, die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, vor Tagen im ZDF, sie finde den Begriff „unerträglich“ und „würde ihn nie verwenden“. Man könne die Menschen „nur zurückgewinnen für Meinungen in der Demokratie, die ich für vertretbar halte, wenn ich sie achte – und nicht wenn ich ihnen sozusagen mental rechts und links eine reinwürge“.

Zudem gingen bisher Hunderte Strafanzeigen von Bürgern, die sich beleidigt fühlen, bei der Staatsanwaltschaft ein. Diese bleiben aber folgenlos, wie sich nun zeigt. So teilte die Tübinger Staatsanwaltschaft am Dienstag mit, dass sie mangels strafbaren Handelns von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens absehe.

„Bewusst Schutzmaßnahmen missachtet“

Die Parteivorsitzende hatte am 1. August über die Proteste von Zehntausenden in der Hauptstadt getwittert: „Tausende #Covidioten feiern sich in #Berlin als ,die zweite Welle’, ohne Abstand, ohne Maske. Sie gefährden damit nicht nur unsere Gesundheit, sie gefährden unsere Erfolge gegen die Pandemie und für die Belebung von Wirtschaft, Bildung und Gesellschaft. Unverantwortlich!“ Dieser Tweet, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Tatjana Grgić, stelle eine „kritische Reaktion auf das Verhalten der Personen dar, die bewusst Schutzmaßnahmen zur Verringerung des Infektionsrisikos missachteten“. Es handele sich um „eine politische Äußerung im Rahmen einer Auseinandersetzung in der Sache, die als solche vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt ist“. Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hatte schon vorige Woche viele Strafanzeigen gegen Esken fallen lassen.