Gustav Schütz musste sterben, weil er eine geistige Behinderug hatte und Friedrich Wohlfarth, weil er desertierte: Der Künstler Gunter Demnig verlegt am 9. Oktober in Zuffenhausen und in Feuerbach je einen Stolperstein für die beiden NS-Opfer.
Stuttgarter Norden - Friedrich Wohlfarth war Deserteur und wurde zur Strafe enthauptet, Gustav Schütz hatte eine geistige Behinderung und wurde in einer Gaskammer auf Schloss Grafeneck ermordet. Um den beiden Opfern des NS-Regimes zu gedenken, verlegt der Künstler Gunter Demnigam Montag, 9. Oktober, zwei Stolpersteine vor den einstigen Wohnhäusern der zwei Männer. Insgesamt werden an diesem Tag 19 Stolpersteine in Stuttgart verlegt. Interessierte sind eingeladen dabeizusein.
Sein „Verbrechen“ war, dass er eine geistige Behinderung hatte. Denn nach der perfiden Ideologie der Nationalsozialisten war sein leben damit „unwert“. Der 1914 geborene Feuerbächer Gustav Schütz wurde 1929 in die Heilanstalt Stetten im Remstal eingewiesen. 1940 erfolgte seine Verlegung nach Grafeneck. Bereits am 13. September desselben Jahres wurde er in einer zur Gaskammer umgebauten Autogarage ermordet. Das Schloss Grafeneck bei Gomadingen diente den Nazis als Tötungsanstalt für Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen. Mehr als 10 000 Menschen fanden im Laufe des Jahres 1940 dort den Tod.
Über den jungen Mann weiß man kaum etwas
„Wir wissen leider kaum etwas über ihn. Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen wurden damals eher versteckt“, sagt Heinz Wienand von der Initiative Stolperstein Feuerbach/Weilimdorf. Nicht mal ein Foto gebe es von ihm. Alles, was Wienand herausgefunden hat, stammt aus den Akten aus Stetten. So gebe es einen Vermerk, der besagt, dass Schütz gut sehen und hören, jedoch nicht sprechen konnte. Die Verlegung des Stolpersteins für Gustav Schütz findet um 9.30 Uhr vor seinem früheren Wohnhaus an der Mühlstraße 1/Mohrenhof 1 in Feuerbach statt.
Der 1912 in Zuffenhausen geborene Friedrich Wohlfarth wurde zum Dienst in der Wehrmacht verpflichtet. Seinen Wehrdienst leistete der Soldat in der Infanterie-Division 405, die zum Wehrkreis V gehörte. Sie wurde im Mai 1942 aufgestellt und im Oktober 1942 nach Straßburg verlegt. Friedrich Wohlfarth desertierte im Jahr 1943, wurde jedoch gefasst und am 5. Juni 1944 wegen seiner Fahnenflucht in das Gerichtsgefängnis des Justizgebäudes an der Urbanstraße in Stuttgart eingeliefert. Dort befand sich eine Zentrale Hinrichtungsstätte. Am 7. Juni 1944 wurde Wohlfarth um 5.03 Uhr am Morgen auf dem nördlichen Innenhof, dem Lichthof des Justizgebäudes, durch das Fallbeil enthauptet. Über den Tod ihres Mannes wurde Walburga Wohlfarth erst am 27. November 1946, also fast zweieinhalb Jahre später, informiert.
Mehr als 400 Menschen wurden enthauptet
„Den Grund für sein Desertieren weiß man nicht“, erklärt Wienand. Von rund 400 Opfern, die auf dem Innenhof ihr Leben ließen, waren 60 Deserteure. „Davon kamen wenige aus Stuttgart. Wohlfarth ist der vierte, den wir ausgemacht haben“, sagt Wienand. Bei der Stolperstein-Verlegung, die um 9 Uhr vor Wohlfahrts früherem Wohnhaus an der Ludwigsburger Straße 171 in Zuffenhausen stattfindet, wird auch der ehemalige Richter Fritz Endemann sprechen. „Er wird über die Militärgerichtsbarkeit der Nationalsozialisten berichten“, sagt Wienand.
Fritz Endemann ist in der Stolperstein-Initiative in Uhlbach aktiv und forschte bereits während seiner Zeit als Richter am Stuttgarter Verwaltungsgericht unter anderem über die Hinrichtungen an der Urbanstraße. Er war zudem Initiator des Mahnmals für die Opfer der NS-Justiz am Stuttgarter Landgericht. Es befindet sich an der Mauer neben dem Treppenaufgang zum Justizgebäude an der Urbanstraße 20.