Gunter Demnig war 2012 schon Degerloch: an der Reginenstraße. Foto: Archiv Sägesser

Am Montag, 15. April, verlegt Gunter Demnig an der Rubensstraße 5 in Degerloch einen Stolperstein für Johannes Schwarz.

Degerloch - Die Wut ist sein treuester Begleiter. „Ich bin durchs Leben gekommen, mit Zorn auf die Nazis“, sagt Erich Schwarz. Der Mann aus Korb im Rems-Murr-Kreis ist heute 92 Jahre alt. Doch das schreckliche Unglück, das seine Familie Mitte der 1930er Jahre heimsuchte, ist heute gegenwärtiger denn je. „Im Alter hat man mehr Zeit, nachzudenken“, sagt Erich Schwarz, der seine Kindheit und seine Jugend in Degerloch verbracht hat.

Es war am 17. September 1935 gegen vier Uhr morgens, als sein Vater Johannes Schwarz in seinem Haus an der Degerlocher Rubensstraße verhaftet und ins einstige „Hotel Silber“ gebracht worden ist. Schwarz, Jahrgang 1888, war Kommunist und galt als Gegner des Nazi-Regimes.

Flugblätter gegen Hitler und den Krieg

Zusammen mit Freunden und Bekannten hatte Johannes Schwarz Flugblätter gegen Hitler und den drohenden Krieg gedruckt. Nach zwei Jahren und drei Monaten im Zuchthaus ist er von KZ zu KZ verfrachtet worden. Im Februar 1940 ist er im Konzentrationslager im österreichischen Mauthausen ermordet worden.

Am Montag, 15. April, verlegt Gunter Demnig auf dem Gehweg vor der Adresse Rubensstraße 5 einen Stolperstein für Johannes Schwarz. Dort lebte die Familie. Der Stein soll die Vorübereilenden an das schlimme Schicksal erinnern. Es ist der letzte von 25 Stück, die Demnig diesmal in Stuttgart verteilt (siehe Kasten unten).

„Ich hing sehr an meinem Vater“, sagt der Sohn. „Was er gesagt hatte, war für mich das Evangelium.“ Natürlich wussten der junge Erich und sein Bruder Hans, dass der Familie das politische Engagement gefährlich werden könnte. Die Schwarzens lebten mit der Angst, jederzeit aufzufliegen. Bis aus der Sorge Wirklichkeit wurde.

Auch seine Frau Pauline ist damals abgeholt worden

An jenem frühen Morgen im Jahr 1935 haben der Kriminalkommissar Keller und seine Helfer nicht nur Johannes Schwarz mitgenommen, sondern auch seine Frau Pauline. Das Ehepaar wurde der Vorbereitung zum Hochverrat bezichtigt. Pauline und Johannes Schwarz haben sich nur noch einmal gesehen – bei der gemeinsamen Gerichtsverhandlung.

Pauline Schwarz blieb am Leben. Nach mehr als einem Jahr im Frauengefängnis Aichach ist sie entlassen worden. Sie hatte zwar die Freiheit wieder, Pauline Schwarz war jedoch fortan psychisch labil, wie ihr Sohn Erich Schwarz erzählt. „Sie hat viel geweint.“ Den ungerechten Tod ihres Liebsten hat sie niemals verschmerzen können. Pauline Schwarz ist 95 Jahre alt geworden, hat die meiste Zeit in Degerloch gelebt und ihren Lebensabend in einem Heim in Fellbach verbracht.

Erich Schwarz hat seinen Vater noch einmal gesehen

Erich Schwarz war 14, als seine Eltern verhaftet worden sind. Er hat ihn danach noch einmal für eine Viertelstunde gesehen, als Erich Schwarz und sein 1960 verstorbener Bruder die Haftanstalt Ludwigsburg besucht hatten. Der Vater hatte damals geahnt, dass er nie mehr frei kommen würde.

Seit Erich Schwarz Rentner ist, kommen die Bilder und Gefühle von damals oft hoch. Vor drei Jahren hat er ein Büchlein mit dem Titel „Gegen das Vergessen“ geschrieben. Er hat seinen Enkelkindern die tragische Geschichte der Eltern gewidmet. „Ich fühle mich dazu verpflichtet“, sagt Erich Schwarz und meint, das alles zu erzählen. Bei der Verlegung des Stolpersteins an der Rubensstraße wird er natürlich dabei sein.