Werke von Astrid Schindler (links) und Frank Sievers Foto: Steffen Schmid

„Stand jetzt“ ist die Ausstellung mit Werken von Stipendiaten und Preisträgern des Walter-Stöhrer-Preises für Grafik in Nürtingen betitelt. An diesem Donnerstag um 18 Uhr führt Nikolai B, Forstbauer, Kulturressortleiter der „Stuttgarter Nachrichten“ durch die Schau in der Ruoff-Stiftung.

Stuttgart - Wer schreibt, kennt das: „Words don’t come easy“. So nennt Barbara Gruhl einen Siebdruck mit Textfragmenten. Auch bei Ines Spanier hat „Ursprüngliches Zeichnen“ mit Bleistift auf DIN-A4-Bögen offenbar mit Schreiben, mit Blindenschrift zu tun. Denn wie bei der Brailleschrift bilden Punkte horizontal, vertikal und diagonal angeordnete Muster. Ob sie genauso auch zu lesen sind, bleibt dahingestellt.

Lesbar sind auch die winzigen Textzeilen, die sich auf den Radierungen und Strichätzungen von Angela Matthies (Stuttgart) in engmaschigen Netzen verfangen, ohne Lupe kaum. Zusammen mit Astrid Schindler (Stuttgart) und Hester Kübeck (Berlin) gehört die Stuttgarter Künstlerin mit elf weiteren Stöhrer-Preisträgern beziehungsweise Stipendiaten zu dem vielversprechenden Nachwuchs, dem jetzt auf Initiative der Fritz-Ruoff-Stiftung in Nürtingen eine Ausstellung gilt.

Der Titel: „Stand jetzt“. Deshalb, weil die Schau das Schaffen der seit 2005 mit Stipendien und seit 2012 im Wechsel an der Kunstakademie Stuttgart und der Universität der Künste Berlin mit dem Grafikpreis geförderten Studierenden in Stuttgart und Berlin rückblickend vergegenwärtigt.

Dem grundlegenden Prinzip von Koordinaten folgt auch die mit Klebefolie realisierte Wandarbeit von Astrid Schindler, die das entstandene Großzeichen über entsprechende Winkelangaben definiert. Ansonsten bilden geometrische Ordnung einerseits und malerisch weich verlaufende Übergänge andererseits die Pole grafischer Gestaltung.

Hester Kübeck greift für farbig nuanciert ausdifferenzierte Klecksformen zum Ölpastell, Anna Koszinowski (Berlin) wählt im Interesse ungemein weicher Verläufe Öl auf Papier. Fabian Treiber (Stuttgart) setzt mit „Tracks“ (Wegspuren) und Mischtechnik auf den Zufall als Bundesgenossen. Johanna Markert (Stuttgart) erzielt sensible Strukturen mit den Mitteln der Radierung. Für das Studium der winzigen, aber fesselnden Visionen von Christian Pilz (Berlin) empfiehlt sich ähnlich wie bei den verborgenen Botschaften von Angela Matthies eine Lesehilfe.

Dennis Meier (Berlin) bietet dezenten Farben in geometrisch begrenzten Flächen Unterkunft. Frank Sievers (Berlin) lässt auf Kreidelithos und Monotypien Rundes und Eckiges koexistieren. Marie Strauß (Berlin) vertraut beim Holzdruck und dem Thema „Wolkenbild“ der gewachsenen Struktur des Materials.

Mit einer Seiten umblätternden Hand oder einem Paar, bei dem der Mann die Frau im Schlepptau hat, spielt Manuela Beck (Stuttgart) mit ihren Radierungen in einer eigenen Liga. Das gilt auch für Philip Topolovac mit bizarren Modellen aus Wellpappe, die wie fantastische Behausungen anmuten. Hier fotografisch als Figurationen präsentiert, baut Topolovac seine Modelle inzwischen auch im Museumsmaßstab.

Info zur StN-Führung:

Ort: Fritz-und-Hildegard-Ruoff-Stiftung, Schellingstraße 12.

Öffnungszeiten: Zu sehen ist „Stand jetzt“ bis zum 7. Dezember. Do 15 bis 18 und So 14 bis 18 Uhr.

Führungen: an diesem Donnerstag mit Nikolai B. Forstbauer, Kulturressortleiter unserer Zeitung. Beginn: 18 Uhr. Zudem am Sonntag, 30. November, 15 Uhr.