Das Stockacher Narrengericht hat Peter Altmaier (CDU) zur Zahlung von einem Eimer Wein verurteilt. Foto: dpa

Gnädiges Urteil für den Kanzleramtschef: Das Stockacher Narrengericht hat Peter Altmaier (CDU) zur Zahlung von einem Eimer Wein verurteilt. Damit ist er glimpflicher davongekommen als sein Vorgänger.

Stockach - Die Anklagepunkte des Narrengerichts in Stockach wiegen schwer: Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) habe sich des Strebens nach dem Präsidentenamt schuldig gemacht, seine politische Karriere sei in die falsche Richtung gelaufen - und in letzter Zeit habe man ohnehin recht wenig von ihm gehört, hieß es bei den Anklägern. Vor dem „Hohen Grobgünstigen Narrengericht zu Stocken“ kam es am Donnerstagabend zu einem närrischen Gerichtsdrama in drei Akten.

Die mehr als 600 Jahre alte Tradition gehört zu den Höhepunkten der schwäbisch-alemannischen Fastnacht in Baden-Württemberg. Sie geht zurück auf den Hofnarren Hans Kuony des Habsburger Herzogs Leopold I. Als Dank für gute Ratschläge erhielt er 1351 das Privileg, jedes Jahr ein Narrengericht abhalten zu dürfen. Auf der Anklagebank saßen unter anderem bereits Franz Josef Strauß, Guido Westerwelle, Angela Merkel und Philipp Rösler. Im vergangenen Jahr wurde Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu drei Eimern Wein und 200 Litern Bier verurteilt.

In diesem Jahr musste sich nun Altmaier in Stockach verantworten. Der erste Akt: Eine spitzfindige Anklage wegen der „politischen Geisterfahrt“ Altmaiers. Oder wie es der Ankläger des Narrengerichts formuliert: „Eine normale politische Karriere, wie zum Beispiel bei Edmund Stoiber oder Günther Oettinger, geht von Berlin nach Brüssel. Aber Altmaier machte es anders rum: von Brüssel nach Berlin. Ein klares Vergehen gegen die politisch korrekte Einhaltung des Karrierewegs.“

Auch Ladendiebstahl und das Streben nach Königswürden wurden dem 56 Jahre alten Bundesminister für besondere Aufgaben vorgeworfen. Er wolle Bundespräsident werden, zu Königswürden kommen, und schmähe die Frauen wie einst Heinrich VIII. Nur um seiner einzigen großen Liebe nahe zu sein: Kanzlerin Angela Merkel.

Dritter Akt: Das gnädige Urteil

Als das schwerste Verbrechen sollte sich aber der letzte Vorwurf erweisen: Altmaiers Schweigsamkeit. Es sei still geworden um den selbsternannten „Twitterkönig“, hieß es vor dem närrischen Gericht. Das gehöre sich nicht für einen Politiker. Im zweiten Akt kamen dann die Verteidigung und ein unerwarteter Beistand. Zu Hilfe sprang Peter Altmaier nämlich nicht nur sein rechtmäßiger Fürsprech, der traditionelle Verteidiger beim Stockacher Narrengericht. Direkt von der Oppositionsbank auf die Bank des Entlastungszeugen geladen, ergriff auch Grünen-Chef Cem Özdemir Partei für den CDU-Mann.

Altmaier sei „im Herzen doch ein Grüner, er fährt gerne Rad, obwohl dann sein Kopf anläuft wie das Parteibuch der Linken“, sagte Özdemier. Altmaier selbst übte sich in Bescheidenheit. „Es gibt viel wichtigere Minister als mich. Aber ich bin der gewichtigste Minister. Und ich habe nachgeschaut, Sigmar Gabriel kommt da auch nicht an mich ran.“

Dritter Akt: Das gnädige Urteil, das für den Angeklagten erstaunlich milde ausfiel. Ein Eimer Wein - die Maßeinheit entspricht rund 60 Litern - forderte das Narrengericht. In den ersten beiden Anklagepunkten sprach der Richter den Kanzleramtschef sogar frei. Altmaier zeigte sich erleichtert und versprach einen Wein aus Frankreich - bei dem er gerne mittrinke.