StN-Radler am Aufstieg nach Baltmannsweiler Foto: Decksmann

Auch wenn der Radmarathon Alb-Extrem am Wochenende nicht stattfinden konnte, ein paar StN-Radler haben sich auf den Weg nach Ottenbach gemacht. Und einiges fürs Leben gelernt.

Stuttgart - Es sind oft die kleinen Hinweise im Leben, bei denen man hellhörig werden sollte. Am zurückliegenden Sonntag starteten morgens gegen acht, halb neun sieben Fahrer des StN-Radteams am Mineralbad Berg mit Fahrziel Ottenbach im Landkreis Göppingen. Schon nach wenigen Kilometern sagte ein Radfahrer zum anderen: „Das könnte heute verdammt anstrengend werden.“ – „Schon klar“, so der andere, „das wird noch ziemlich heiß.“ – „Nicht nur deshalb“, kam zurück. „Der Heinz hat keine Zigaretten dabei. Der hat noch was vor.“ Und der Heinz hatte wirklich noch was vor, wie sich auf den kommenden rund 150 Kilometern zeigen sollte.

In der Kürze liegt die Würze, gilt hier nicht

Dazu muss man wissen, dass Heinz die Truppe anführte. Nicht etwa, weil er der dienstälteste unter den gestarteten Männern war, sondern vor allem, weil er den Weg kannte. Einem Redakteur war vorgeschwebt, die vergleichsweise flache Route über Neckar- und Filstal nach Ottenbach zu wählen. In der Kürze mag für manchen die Würze liegen, nicht so für Heinz, den Rentner: Die Strecke sei „landschaftlich wenig spannend“, teilte er via Mail mit – und empfahl eine Route über Fellbach, Stetten, Schnait, Baltmannsweiler, Schlichten, durchs Nassachtal, über Uhingen, Wangen, Rechberghausen, Hohenstaufen, Ottenbach. Heinz’ Hausstrecke, wie sich zeigen sollte, die in seinem inneren Navi eingebrannt ist.

Die zwei magischen Ws, Weißwurst und Weizen

Weil Heinz, der erfahrene Radler, weiß, dass auch Motivation zum Geschäft gehört, fügte er noch hinzu: „Danach klettern wir über Rechberg nach Straßdorf, wo es einen Biergarten gibt. Dann können wir flach übers Remstal nach Hause.“ Beim Stichwort Biergarten vergaß er nicht, die zwei magische Ws zu erwähnen, Weißwurst und Weizenbier. Womit klar wäre, dass Heinz auch psychologisch ein Ass ist.

400 Ehrenamtliche helfen sonst mit

Vielleicht sollte man erklären, warum es das StN-Radteam, getragen von Freunden, Lesern und Mitarbeitern dieser Zeitung, am Sonntag ausgerechnet nach Ottenbach am Fuße des Hohenstaufen zog: In dem Ort findet seit nun fast schon 40 Jahren am letzten Wochenende im Juni der Radmarathon Alb-Extrem statt, eine feine Veranstaltung für ambitionierte Freizeitradler, bei der der Flecken samt Umgebung mitzieht: 400 Ehrenamtliche helfen, damit an die 3000 Radlerinnen und Radler auf ihre Kosten kommen und auf Distanzen bis zu 300 Kilometern nicht auf einem Hungerast landen.

StN-Radler halten den Ottenbachern die Stange

Coronabedingt musste die Veranstaltung im klassischen Sinn bereits zum zweiten Mal abgesagt werden. Für das Gros der StN-Radler war klar: Wir halten den Ottenbachern die Stange, zahlen einen Teil des Startgelds, machen bei der Aktion #RadelDeinDing mit und setzen uns am letzten Juniwochenende aufs Fahrrad. Wenn wir bis Ottenbach kommen, umso besser.

Die Strecke ist schön, auch schön anstrengend

Die StN-Truppe hat es bis nach Ottenbach geschafft, auf dem von Heinz vorgeschlagenen Weg, der nicht nur landschaftlich schön war, sondern auch schön anstrengend. Was nicht ausschließlich an der Topografie und der Hitze lag, sondern vor allem am Tempo, das Heinz und sein Kumpel Achim vorgaben.

Haben wir eigentlich schon erwähnt, dass Achim auch Pensionär ist? Das gehört vielleicht zur wichtigsten Erkenntnis dieses unvergesslichen Sommersonntags: Unterschätzt unsere Rentner nicht! Selbst wenn sie kein asketisches Dasein führen und hin und wieder gar zum Glimmstängel greifen.

Die Geschichte vom Bierbrunnen

Bei allem Tempo und den wenigen Stopps (abgesehen von einem ausführlichen Biergartenbesuch) war doch Zeit für die eine oder andere Anekdote: An einem Brunnen vor der Auffahrt nach Baltmannsweiler erzählt Achim, wie er hier mal vorbeikam und im Wasser schwimmend eiskalte Bierflaschen vorfand. Eine schöne Geschichte, an diesem Tag mussten sich die Radler mit Wasser begnügen. Keine schlechte Wahl bei solchen Temperaturen.

Auf dem Heimweg durchs Remstal fiel abermals ein bemerkenswerter Satz, aus dem Mund von Marcus, eines Mannes um die fünfzig: „Gell, was für ein Tempo wir fahren wollen, ist den beiden Tieren da vorne egal.“