Wie sieht es hinter den Kulissen des Opernhauses aus? . . Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Wie sieht es hinter den Kulissen der großen und kleinen Kultureinrichtungen in der Region Stuttgart aus? Die „Stuttgarter Nachrichten“-Reihe „Ortstermin“ gibt exklusive Einblicke – jüngst im Opernhaus Stuttgart.

Stuttgart - Es geht eng zu auf der Hinterbühne des Opernhauses Stuttgart. Riesige Kulissenteile werden für die Abendvorstellung aufgebaut, parallel schwere Gitterwagen mit Bauteilen für andere Produktionen beladen.

Die Kreuzbühne muss kommen

Am Rand und doch inmitten des Geschehens: Leserinnen und Leser unserer Zeitung. „400 Quadratmeter Ausweichflächen nach hinten, nach links und nach rechts bieten heutige Opernbauten“, erläutert ihnen Arno Laudel. „Einzig diese Kreuzbühne ermöglicht das ,Fahren‘, den automatischen Transport ganzer Kulissenblöcke.“

Laudel, Leiter des Gesamtbereichs Zentrale Technische Dienste und Opernhaus, spürt die Fragen: „Ja, hier geht es dagegen schon sehr eng zu.“ Viel zu eng für eine zeitgerechte Bühnentechnik. Kaum etwas kann „geparkt“ werden, ständig muss auf- und abgebaut werden. Einzige Lösung: die Fassade des Opernhauses muss Richtung Landtag um mehrere Meter verschoben werden.

Was ist der „Jahrhundertbeschluss“ wert?

Nicht nur deshalb hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine Entscheidung seines Kabinetts für die „Sanierung des Opernhauses Stuttgart und Erweiterung der Staatstheater Stuttgart“ wohl jüngst als „Jahrhundertbeschluss“ skizziert. „Wir arbeiten hier unter Bestandsschutz“, betont Marc-Oliver Hendriks beim „Ortstermin“ unserer Zeitung im Opernhaus.

„Außen hui, innen pfui“

Aber was heißt eigentlich „Sanierung“? Was heißt „Erweiterung“? Hendriks, Geschäftsführender Intendant des Staatstheaters Stuttgart, empfängt die Leserinnen und Leser im Oberen Foyer des Opernhauses und findet ein knappes Bild: „Außen hui, innen pfui“. Bühnen-Steuerungstechnik aus den 1980er Jahren, Kleinstarbeitsplätze, offene Kabelschächte – es gibt ganz offensichtlich viel zu tun.

1400 Arbeitsplätze

Und die „Erweiterung“? „Wir haben 1400 Arbeitsplätze“, sagt Hendriks, „mehr als 1100 davon direkt im Haus.“ Für knapp 800 Arbeitsplätze war der 1912 eröffnete Littmann-Bau angelegt. „Durch Zellteilung“ habe man sich über die Jahrzehnte beholfen, erläutert Hendriks. Doch schon SPD-Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid zeigte sich 2015 erstaunt über die nicht nur beengten Arbeitsplätzen. „Es gibt natürlich auch zentrale Themen wie Abluft oder Brandschutz“, sagt Hendriks denn auch. 12 000 bis 13 000 Quadratmeter Raumbedarf zusätzlich wurden errechnet.

Unsicherer Zeitplan

Fünf bis sechs Jahre sind für die Generalsanierung des Opernhauses veranschlagt. Eine lange Zeit für die einen internationalen Spitzenplatz beanspruchende Oper Stuttgart und das weltbekannte Stuttgarter Ballett. Eine Ausweichspielstätte wird gebraucht. Das eigentlich ausgewählte ehemalige Paketpostamt aber hat Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) aus Kostengründen abgelehnt.

Gibt es bereits Alternativen? Marc-Oliver Hendriks bleibt zurückhaltend. „Die Politik hat sich selbst einen Auftrag gegeben“, sagt der Geschäftsführende Intendant – natürlich aber beobachte man im Staatstheater die Entwicklung „sehr aufmerksam“. Klar ist: Der bisherige Zeitplan, 2021 mit dem (Um-)Bau der Ausweichspielstätte zu beginnen, 2024 dort einzuziehen, um 2030 in das Opernhaus zurückzukehren, kann nicht gehalten werden.

Oper und Ballett wollen Spitzenposition halten

Beim Rundgang durch das Opernhaus erleben unsere Leserinnen und Leser Vier-Quadratmeter-Zimmer, sehen Wassereimer unter geschädigten Decken, staunen über eine betagte, knarzende Bühnen-Untermaschinerie. Beschädigt all dies auch den künstlerischen Ruf von Oper und Ballett? „Alle künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus eint der Anspruch internationaler Spitze“, sagt Marc-Oliver Hendriks. Klar sei aber, dass die so wichtigen technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Diskussion über die Sanierung des Opernhauses und die Erweiterung des Staatstheaters Stuttgart „sehr genau verfolgen“.