Am Montag wurden noch Containerschiffe am Hedelfinger Hafen entladen. Mittlerweile hat DP World die Containerschifffahrt wegen des Niedrigwassers eingestellt. Foto: Mathias Kuhn

Der historische Pegeltiefstand des Rheins wirkt sich auch auf den Neckar aus. Weil derzeit nur noch ein Drittel der Ladekapazität erlaubt ist, fahren die Containerschiffe nicht mehr.

Hedelfingen - Kuriose Situation: Im Stuttgarter Neckarhafen liegen zurzeit so viele Schiffe an den Kais wie selten. Dennoch schrumpfen die Rohstofflager. Der Grund: Das Niedrigwasser am Rhein wirkt sich auch auf die Schifffahrt am Neckar aus. Seit Monaten sinken die Wasserstände am Rhein. Uferbereiche fallen trocken. Der wichtige Pegel bei Kaub hat einen historischen Tiefstand erreicht. Wegen der „Ebbe“ im Fluss müssen die Binnenschiffer auf Ladekapazität verzichten, um noch genügend Wasser unterm Kiel zu haben. Die Schiffe können derzeit nur zu etwa einem Drittel beladen werden. Das Problem der Rheinschifffahrt verlagert sich auch auf die Nebenflüsse. „Durch die vielen Staumöglichkeiten zwischen Plochingen und Mannheim können wir zwar einen ausreichenden Wasserstand am Neckar garantieren, aber den Binnenschiffen, die von den Seehäfen, aus Nordrhein-Westfalen oder auch aus Karlsruhe in Richtung Stuttgart fahren, fehlen derzeit pro Schiff rund 1600 Tonnen Ladung“, sagt Walter Braun, der Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Stuttgart.

Umstieg auf die Schiene und die Straße

Die Auswirkungen sind im Hafen spürbar. „Mit dem historischen Tiefstand des Pegel Kaub von aktuell 0,31 Meter haben wir die Binnenschifffahrt an den Terminals in Stuttgart und Mannheim in dieser Woche eingestellt. Trotz des Kleinwassers läuft der Standort Stuttgart auf Hochtouren: Ein Großteil der Ladungen wird auf die Schiene und auf dem Landweg mit Lastwagen transportiert“, sagt DP World-Geschäftsführer Martin Neese. Mit den Kunden und Partnern arbeite man gemeinsam an individuellen Lösungen, um das Beste aus dieser Ausnahmesituation zu machen. Am Kai der Heinrich Mertz Kies- und Sandwerke Gesellschaft am Mittelkai legten am Montag noch zwei Frachtschiffe an. Der große Kran brauchte nicht lange, um die Frachtschiffe zu entladen. „Die Schiffe fahren zurzeit mit einem Drittel ihrer möglichen Ladekapazität. Das verursacht Mehrkosten. Diese versuchen wir an unsere Kunden weiterzugeben“, sagt Benedict Fahrland, der Geschäftsführer des traditionsreichen Mineralstofflieferanten. Was für die Baustoffe gilt, wirkt sich auch bei anderen Waren aus. Experten gehen davon aus, dass die Benzin- und Ölpreise weiter steigen. Die Mehrkosten hängen vom Kleinwasserzuschlag ab, der wiederum am aktuellen Pegelstand des Rheins bemessen wird. „Damit soll für die Binnenschiffer ein Ausgleich für die höhren Energiekosten geschaffen werden, wenn sie nicht mit voller Ladung fahren dürfen“, sagt Braun. Bei nur einem Drittel der Ladekapazität werde die Grenze der Unwirtschaftlichkeit jedoch erreicht. Die Situation sei existenzbedrohend. Zumal die Wetterprognosen keine Änderung versprechen. Es soll zwar in den kommenden Tagen regnen, aber dies werde den Pegelstand des Rheins nicht signifikant erhöhen. „Wir bräuchten einige Tage Dauerregen oder einen Wasserzufluss durch die Schneeschmelze. Aber die Niederschläge, die jetzt in den Alpen runterkommen, bleiben als Schnee liegen“, sagt Braun.

Ausgleich für Binnenschiffer

Auch Johannes Zeller von der Hafen Stuttgart Gesellschaft rechnet nicht mit einer baldigen Entspannung. „Ein Teil der Frachtmenge wird deswegen sicher auf die Schiene verlagert“, sagt er. Im Stuttgarter Hafen seien die entsprechenden Gleisanschlüsse vorhanden. „Aber auch die Kapazitäten auf den Bahnstrecken sind begrenzt. Dies hat sich auch nach den jüngsten Unfällen gezeigt“, warnt Braun.