Mit einem Aufkleber signalisieren Betriebe, dass ihre Toiletten kostenfrei benutzt werden dürfen. Foto: dpa/Uli Deck

Das Projekt Nette Toilette startete in Stuttgart äußerst positiv – doch während der Pandemie schlief es etwas ein.

Als das Projekt Nette Toilette im November 2018 gestartet wurde, profitierten davon alle Beteiligten: Restaurants und Supermärkte konnten mit ihrer Kundenfreundlichkeit werben. Die Stadt Stuttgart konnte dem leidigen Dauerthema der fehlenden öffentlichen Toiletten etwas entgegensetzen. Und die Mitglieder des Stadtseniorenrats, die das Projekt dem Gemeinderat vorgeschlagen hatten, freuten sich über die gelungene Umsetzung. „Die Gastwirtschaften haben uns berichtet, dass es gut funktioniert“, sagt Renate Krausnick-Horst, Vorsitzende des Stadtseniorenrats. Und auch Marie Kraft, Sprecherin der Stadt Stuttgart, bestätigt: „Die Erfahrungen nach den ersten beiden Jahren waren durchweg positiv.“

Das Konzept der netten Toiletten sieht vor, dass Gastronomen und Händler durch einen Aufkleber im Eingangsbereich signalisieren, dass die Sanitärräume öffentlich und kostenfrei nutzbar sind. Denn fragen, ob man eine Toilette benutzen darf, ist vielen Menschen unangenehm. Teilnehmende Restaurants und Geschäfte erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Euro pro Monat, um die stillen Örtchen entsprechend sauber zu halten. Die Idee stammt von der Stadt Aalen, Lizenzgeber ist die dortige Firma Studioo. Getestet wurde das Projekt zunächst in den Stadtbezirken Vaihingen, Möhringen, Stammheim und Untertürkheim mit insgesamt 30 teilnehmenden Betrieben. Nach dem erfolgreichen Start sollte das Projekt auf die anderen Stadtbezirke in Stuttgart ausgeweitet werden.

Nette Toiletten werden weiter unterstützt

Doch dann kam die Pandemie und mit ihr die Lockdowns. Geschlossene Restaurants und Geschäfte bedeuteten natürlich auch geschlossene Toiletten. Viele Gastronomen zögerten, sich in dieser Situation dem Projekt anzuschließen. Gleichzeitig vergrößerte sich allerdings der Bedarf an öffentlichen Toiletten, da sich das öffentliche Leben verstärkt draußen abspielte.

„Die Gastronomie hat ja immer noch zu kämpfen, zum Beispiel mit Personalmangel“, sagt Renate Krausnick-Horst vom Stadtseniorenrat. Sie bedauere sehr, dass das Projekt während der Pandemie eingeschlafen sei. „An sich ist es aber gut gelaufen“, betont sie. Die Seniorenräte seien sehr engagiert gewesen und hätten dafür geworben.

Trotz der Situation während der Pandemie hatte die Stadt nach den positiven Erfahrungen der ersten beiden Jahre beschlossen, zum Doppelhaushalt 2020 und 2021 das Projekt weiterzuführen und somit zu etablieren. Seitdem stehen jährlich 50 000 Euro jährlich für die netten Toiletten zur Verfügung. Also Geld für eine Menge Betriebe. Für die Stadt ist das eine kostengünstige Variante. Eine behindertengerechte Automatiksäule ist beispielsweise mit 300 000 Euro deutlich teurer – dazu kommen noch Unterhaltskosten. Zudem sind die Säulen bei Senioren nicht sonderlich beliebt.

Keine weiteren Betriebe nehmen an dem Projekt teil

„Sowohl 2020 als auch 2021 wurden weitere Betriebe in das Projekt aufgenommen“, sagt Marie Kraft von der Stadt. Derzeit gebe es 55 nette Toiletten in 17 Stadtbezirken und seit Dezember 2021 auch in allen Innenstadtbezirken jeweils mindestens eine. Dazu gehören die Celebre Bar an der Schulstraße, das Restaurant Vhy! an der Reinsburgstraße oder die Taverna Yol an der Spittastraße. Dass in der Innenstadt noch nicht so viele Betriebe mitmachen, findet Krausnick-Horst nicht schlimm: „Da kann man die Kaufhäuser ansteuern. Wichtig ist, dass es auch in den Außenbezirken mehr Möglichkeiten gibt.“ Aktuell gibt es jedoch aus den Stadtbezirken keine weiteren Rückmeldungen, dass Betriebe am Projekt interessiert seien, heißt es bei der Stadt. „Die Verwaltung fragt in regelmäßigen Abständen nach“, sagt Kraft.

Dennoch zeigt sich der Renate Krausnick-Horst zufrieden. „Durch das Projekt hat sich schon einiges geändert. Viele Gaststätten haben von sich aus eine freundliche Haltung angenommen. Und auch in den meisten Supermärkten sind die Toiletten nun öffentlich zugänglich.“