Sieht fast aus wie ein Auto, ist aber ein elektrisches Lastenrad: das „DDG Intelectra“. Foto: Stihl

Der Waiblinger Gerätehersteller Stihl erprobt derzeit riesige E-Lastenräder. Die Zielgruppe sind Bauhöfe und Gärtnereien – wir erklären die Vor- und Nachteile der Fahrzeuge.

Herabgefallenes Laub, herumliegender Müll, der Rasen muss gemäht werden – in Parks und Grünanlagen gibt es immer viel zu tun. Normalerweise nutzen Mitarbeiter von Bauhöfen und Gärtnereien für solche Arbeiten Kleinlaster oder Multifunktionsfahrzeuge. Doch die Waiblinger Firma Stihl will dies ändern: Sie arbeitet an elektrisch betriebenen, vierrädrigen Lastenrädern, die als kompakte Geräteträger dienen sollen.

 

Das Schlagwort dafür lautet bei Stihl „urbane Mikromobilität“. Gemeint sind Fahrzeuge, die in der Stadt weniger Platz brauchen, keine Abgase ausstoßen und trotzdem Werkzeuge und Material transportieren können. In Waiblingen laufen derzeit mehrere Prototypen, die bislang nur im Versuchsbetrieb unterwegs sind. Einer davon wurde unter anderem schon im Blühenden Barock in Ludwigsburg getestet.

Halb Lastwagen, halb Fahrrad – kann das funktionieren?

So oder ähnlich stellt sich Stihl den Geräteträger der Zukunft vor. Foto: Stihl

Stihl nennt die Fahrzeuge etwas sperrig „Mobilitätskonzepte“. Eines der auffälligsten Modelle trägt den Namen „DDG Intelectra“. DDG steht für „Dynamic Drives Gießen“, eine Partnerfirma, die das Basisfahrzeug liefert. Stihl ergänzt den Aufbau und passt ihn an die Bedürfnisse seiner Kunden an – also an Bauhöfe, kommunale Betriebe und Garten- und Landschaftsbauer. Sie alle sollen künftig mit einem Fahrzeug arbeiten können, das schmal, wendig und emissionsfrei ist.

Trotz seiner vier Räder gilt das Intelectra rechtlich als Fahrrad. Es darf also auf Wegen fahren, die für Autos tabu sind – ein Vorteil etwa in Parks oder in verkehrsberuhigten Zonen. Und: Auch Mitarbeiter ohne Führerschein dürfen es fahren. Die Bedienung soll so einfach sein wie bei einem E-Bike, ergänzt um zwei senkrechte Lenker und eine zusätzliche Handbremse.

Die Nutzlast ist beachtlich: Rund 400 Kilogramm kann das Fahrzeug transportieren. In der Ladefläche haben die Entwickler zahlreiche Halterungen eingebaut – für Heckenscheren, Motorsägen oder Laubbläser, egal von welchem Hersteller. So können die Grünpfleger ihre komplette Ausrüstung mitnehmen, ohne zusätzlich schleppen zu müssen.

Auch Stihl Skandinavien arbeitet an einem Lasten-E-Bike

Das in Skandinavien entwickelte „Mobile Green Care“ Foto: Stihl

Auch die Stihl-Tochter in Skandinavien arbeitet an einem eigenen Ansatz. Dort hat man die Studie „Mobile Green Care“ entwickelt. Sie wirkt fast schon serienreif, mit einer Kabine, die den Fahrer vor Regen und Sonne schützt, und mit einem Anhänger, in dem Geräte und eine mobile Ladestation Platz finden. Bis zu einer halben Tonne Zuladung soll dieses Modell schaffen.

Trotzdem bleibt es bei allen gezeigten Fahrzeugen zunächst bei Konzepten. Laut Stihl handelt es sich um Studien, mit denen das Unternehmen auslotet, was technisch möglich ist – und, welche Wünsche die Kunden überhaupt haben. Das Ziel: mit Kommunen und Betrieben ins Gespräch zu kommen und gemeinsam herauszufinden, welche Fahrzeuge wirklich den Arbeitsalltag erleichtern.

E-Mobilität von Stihl mit unklaren Kosten

Was solche Fahrzeuge als Serienversion einmal kosten könnten, ist noch offen. Über Preise will Stihl derzeit keine Angaben machen. Sicher sei nur: Günstig werden sie nicht. Schon heute ist klar, dass die Prototypen deutlich teurer wären als gewöhnliche Lastenräder. Stihl verweist allerdings auf die geringeren laufenden Kosten. Weil die Fahrzeuge rechtlich als Fahrräder gelten, brauchen sie weder TÜV noch Zulassung, Versicherung oder Kfz-Steuer. Auch Energie- und Wartungskosten sind im Vergleich zu Kleinlastern geringer.


Die Reichweite liegt zwischen 50 und 100 Kilometern, die Höchstgeschwindigkeit bei 25 Stundenkilometern. Für viele Einsätze sollte dies ausreichen, denn laut Stihl legen die Mitarbeiter in der Grünpflege am Tag selten mehr als zehn Kilometer zurück. Potenzielle Nutzer sollten also vor einem Kauf auf jeden Fall wissen, ob die Reichweite für ihre Zwecke ausreicht.

Potenzial für E-Lastenräder?

Stihl spricht derzeit mit Kommunen und Betrieben, um deren konkreten Bedarf zu ermitteln: Wie breit dürfen die Fahrzeuge sein? Wie wendig müssen sie sein? Wie viel Ladevolumen wird gebraucht? Erst wenn diese Fragen geklärt sind, lässt sich über eine mögliche Serienproduktion sprechen.

Klar ist: Bis dahin wird es noch eine Weile dauern. Einen Zeitpunkt für den Marktstart will Stihl nicht nennen. Doch die Testfahrten – etwa im Blühenden Barock – zeigen, dass die Idee mit den Elektro-Geräteträgern Potenzial hat. Und wer weiß, vielleicht prägen in einigen Jahren tatsächlich weiß-orangene Vehikel, erfunden in Waiblingen, das Bild in Parks und Grünanlagen.