Die Stiftung Warentest hat Buntstifte, Fasermaler und Tinte auf Schadstoffe untersucht. Das Ergebnis: Jedes dritte Set fällt durch. Gefunden wurden Schadstoffe, die Krebs erzeugen oder Allergien auslösen. Foto: dpa

Produkte für Kinder wie Autositze, Laufräder bis hin zu Spielschleimen sind in Deutschland besonders unsicher. Stiftung Warentest hat die Vermutung, dass der Verbraucherschutz vor allem beim Kinderspielzeug aufzuweichen droht. Wir sagen, bei welchen Produkten Eltern besonders aufpassen müssen!

Berlin - Es sollte eigentlich selbstverständlich sein, dass Kinderprodukte frei von gefährlichen Chemikalien sind. Doch eine Auswertung der Stiftung Warentest, die aktuell veröffentlicht wurde, zeigt: Jedes vierte Produkt – seien es Kindersitze, Laufräder, Babyphones oder alltägliche Dinge wie Stifte – ist mangelhaft. „Sie bergen Unfallgefahren, sind mit Schadstoffen belastet oder versagen bei der Datensicherheit“, sagt der Stiftungsvorstand Hubertus Primus bei der Vorstellung ihrer Übersichtsstudie. Kinderprodukte schneiden also in puncto Sicherheit deutlich schlechter ab als alle anderen Konsumgüter. Auch die Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) bekräftigte: „Die Informationen der Stiftung Warentest sind in höchstem Maße unabhängig und glaubwürdig.“ Die Stiftung Warentest fordert Hersteller auf, aktuelle Erkenntnisse und Regulierungen bei der Entwicklung ihrer Produkte zu berücksichtigen und diese regelmäßig zu kontrollieren.

Welche Kinderprodukte laut Warentest besonders schlecht abschnitten, zeigen wir in dieser Übersicht:

Kinderhochstühle

Beim Test von Kinderhochstühle (6/2018) war jeder Zweite unsicher oder enthielt zu viele Schadstoffe. Viele Hochstühle bergen nach Angaben der Stiftung Warentest Unfallgefahren für Kinder – schwere Verletzungen können die Folge sein. Die Warentester nennen hierzu als konkretes Beispiel: Beim Kindersitz des Unternehmens Herlag können zwischen Rücken- und Armlehne kleine Finger hängen bleiben. Bei dem Modell Alpha+ des Herstellers Hauck können Kinder allein rausklettern – aber auch bei weiteren Modellen von Chicco, Herlag, Peg Perego, Pinolino, Roba, Safety 1st und Tec Take. Besonders problematisch ist der Sitz des Herstellers Geuther: Hier können Kinder beide Beine durch eine Öffnung stecken und durchrutschen. „Bleiben sie mit dem Kopf hängen, ist das lebensgefährlich“, so die Warentest. Schadstoffe steckten vor allem in den Sitzpolstern der Modelle von Roba, Herlag, Chicco, Fillikid, Pinolino, TecTake, Peg Perego. Diese können die Haut und Schleimhäute reizen, Krebs sowie allergische Hautreaktionen auslösen und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.

Kindermatratzen

Bei Kindermatratzen (10/2018) ist die Hälfte mangelhaft, weil sie zu weich sind. Wenn das Gesicht eines Babys in eine zu weiche Matratze einsinkt, so die Warentester, kann es ersticken. „Dieses Risiko ist übrigens schon vor Jahren von der Europäischen Kommission erkannt worden“, heißt es der Verbraucherschützer. „In der Folge wurde eine Sicherheitsnorm entwickelt, die viele Hersteller allerdings bei der Matratzenentwicklung nicht beachtet haben.“

Autokindersitz

Die meisten Babyschalen und Sitze schützen bei Unfällen zwar gut – aber in den Bezügen verstecken sich oft Schadstoffe (11/2018). Im Modell Fox des Herstellers Osann ebenso wie bei den Jané-Koos-iSize-Modellen wiesen die Warentester Naphtalin (haut- und atemwegsreizend) oder das Flammschutzmittel TDCP nach, das vermutlich Krebs erzeugen kann. Herauswaschen lassen sich die Schadstoffe aus den Bezügen kaum. „Die Unternehmen Osann und Jané bieten Kunden an, die betroffenen Textilien gratis austauschen lassen“, so Stiftung Warentest.

Buggys

Kindergefährte sollten frei von Schadstoffen sein – vor allem dort, wo die Kleinen sie berühren können, etwa Sitzbezüge und Regenschutz: Doch im Schiebegriff des Chic 4 Baby fanden die Warentester beim Test (4/2018) hohe Mengen des vermutlich krebserzeugenden Chlorparaffins. Im Regenschutz des Bugaboo und im Hauck-Sitzbezug wurde das Flammschutzmittel TDCP nachgewiesen, das ebenfalls vermutlich Krebs erzeugen kann. Die Firma Hauck will den Sitzbezug ersetzen. Und auch Chic 4 Baby will die Griffe austauschen. Viele Sitze bieten auch Schwächen beim Sitzkomfort: Sie unterstützen nicht das aufrechte Sitzen. Und auch lässt sich bei allen getesteten Modellen die Rückenlehne nicht so weit herabstellen, dass sie dem Kind eine eben Liegeposition ermöglichen. Oft fehlen auch mitwachsende Fußstützen.

Fahrradsitze

Der Test Fahrradsitze für Kinder (2/2018) ergab, dass ausgerechnet zwei weit verbreitete Sitze von Britax Römer ein Sicherheitsrisiko darstellen, weil sich die Gurte „kinderleicht“ öffnen lassen. Und auch hier zeigt sich mal wieder die Schadstoffproblematik: In Polster und Sitzschale des Bellelli Tiger Relax fanden die Tester polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen.

Spielschleim

Spielschleime der Hersteller Corsoro, SuSenGo, i Base Toy, Jim’s Store und Vikilulu hat die Stiftung Warentest (11/2018) geprüft und festgestellt: Alle Produkte geben so viel Bor ab, dass sie gar nicht hätten verkauft werden dürfen. Das chemische Element ist für den Menschen wichtig, so die Warentester. Gelangt jedoch zu viel davon in den Körper, kann es akut etwa Irritationen, Durchfall, Erbrechen und Krämpfe hervorrufen. In Tierversuchen beeinträchtigte Borsäure die Fruchtbarkeit sowie die Embryonalentwicklung. Falls Kinder dennoch auf Spielschleim nicht verzichten wollen, kann dieser selbst hergestellt werden: 180 Gramm Marshmallow für 30 Sekunden abgedeckt in der Mikrowelle so oft erhitzen, bis die Masse flüssig ist. So viel Mehl einarbeiten, bis diese zäh wird. Dann mit Lebensmittelfarben verzieren. In Frischhaltefolie gewickelt, bleibt der Knetschleim ein paar Tage fluffig.

Kinderstifte

Die Stiftung Warentest hat 35 Sets von Mal- und Schreibutensilien (8/2018) auf Schadstoffe geprüft: Jedes dritte Set ist durchgefallen, weil sich darin kritische Mengen von Stoffen fanden, die Krebs erzeugen können oder im Verdacht stehen, die zu tun. Darunter preiswerte von Müller, Tedi und Rossmann ebenso wie teure von Lamy und Staedtler. Fast alle Tinten enthielten Konservierungsmittel, die Allergien verursachen können – die günstigen von Herlitz und Kreuzer genauso wie die teueren von Lamy, Online und Pelikan. Ebenso fanden sie sich in den Fasermalern von Bic Kids und Idena. „Wir raten dazu, nicht an den Stiften zu knabbern und nach dem Malen die Hände zu waschen“, heißt es seitens der Stiftung Warentest.

Laufräder

Im aktuellen Test der Stiftung Warentest (12/2018) wurden Laufräder getestet: 3 von 15 erhielten die Note gut. 11 sind wegen Schadstoffen in Griffen, Sätteln oder Gummireifen mangelhaft – die Modelle von Bikestar, Kellys und Rebel Kidz sogar in all den Teilen. Meist handelt es sich um Stoffe, die im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen, fruchtbarkeitsschädigend oder erbgutverändernd zu wirken. „Akut giftig sind die Mengen nicht, aber die Substanzen können langfristig im Organismus wirken, wenn Kinder sie über die Haut aufnehmen“, warnt die Stiftung Warentest.

Babyspielzeug

Selbst Erstspielzeuge für Babys, die mit Sicherheit in den Mund genommen werden, sind nicht frei von Schadstoffen. „Bei unserem Test fanden wir einen Greifling und mehrere Wagenketten, die mit gesundheitsgefährdenden Stoffen belastet waren“, heißt es bei der Stiftung Warentest. Fündig wurden sie in den Gummischnüren, die nitrosierbare Stoffe abgeben können. Diese können sich im Körper zu krebserzeugenden Nitrosaminen umwandeln, so die Tester. Der Test wurde im Dezember 2017 veröffentlicht (12/2017). In einem weiteren Test zeigte sich zudem: Noch immer sind 3 von 30 Produkten unsicher, weil sich verschluckbare Kleinteile lösen können, Strangulationsgefahr oder eine Stoßgefahr im Rachen besteht.

Babyphone

Auch auf das Babyphone ist in puncto Datensicherheit nicht immer Verlass (2/2018): Nur 2 von 17 Produkten sind gut, alle anderen haben zum Teil erhebliche Mängel, insbesondere zahlreiche Baby-Webcams. Sie warnen nicht bei einem Verbindungsabbruch und zeigen vielleicht ein schlafendes Kind, in Wirklichkeit steht es aber hellwach und weinend im Bett, warnen die Warentester.