Unterrichtsausfall – ein Ärgernis für Eltern und Anlass für eine zwölfteilige Serie in unserer Redaktion. Foto: dpa/Caroline Seidel

Große Auszeichnung: Für die Serie „Achtung Unterrichtsausfall!“, eine ressortübergreifende Gemeinschaftsleistung, erhält unsere Redaktion den Wächterpreis der Tagespresse.

Stuttgart/Bad Vilbel - Zum 50. Mal vergibt die im hessischen Bad Vilbel ansässige Stiftung Freiheit der Presse in diesem Jahr den Wächterpreis der Tagespresse. Ausgezeichnet werden „couragierte Reporter, die in Wahrnehmung von staatsbürgerlichen Rechten“ Missstände aufdecken – in diesem Jahr an erster Stelle die „Rhein-Neckar-Zeitung“ für ihre Berichterstattung über einen unausgereiften Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs am Heidelberger Universitätsklinikum.

Mit dabei auch die Gemeinschaftsredaktion von Stuttgarter Nachrichten und Stuttgarter Zeitung: Unsere Serie „Achtung Unterrichtsausfall!“ vom Herbst 2018 wurde mit dem zweiten Preis (6000 Euro) bedacht. In ihrer Begründung hoben die Juroren hervor, das Thema Unterrichtsausfall sei in umfangreichen Datenrecherchen und einer Umfrage an weiterführenden Schulen in Stuttgart aufbereitet und dann in einer zwölfteiligen Folge von Artikeln, Interviews und Berichten von allen Seiten beleuchtet worden: „Ein bislang von Politik und Verwaltung eher stiefmütterlich behandeltes Problem wurde damit in den Brennpunkt öffentlicher Aufmerksamkeit gerückt“, lobte die Jury. Zuvor hatte die Serie bereits die Jury des von der „Badischen Zeitung“ gestifteten, ebenfalls renommierten Ralf-Dahrendorf-Preises für Lokaljournalismus überzeugt. Auch dort belegte unsere Redaktion den zweiten Platz.

Das Projekt stieß auf Widerstände

Ausgangspunkt für die von neun Kolleginnen und Kollegen aus den Ressorts Multimedia, Lokales und Politik entwickelten Serie waren Klagen von Eltern über Unterrichtsausfall an weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg. Die von Eltern gefühlte Zunahme war bis zum Serienstart zum Schuljahresbeginn 2018 kaum mit Daten belegbar. Vor allem auf lokaler Ebene waren keine belastbaren Zahlen verfügbar. Die Datenrecherche zu dem sechs Monate lang laufenden Serien-Projekt stieß anfangs auf Widerstände seitens des Kultusministeriums und der ihm unterstellten Behörden. Mit Hartnäckigkeit und dank guter Kontakte zu Schulleitern gelang es, eine repräsentative Datengrundlage zum Unterrichtsausfall in der Landeshauptstadt zu erstellen. Dabei bestätigte sich, dass an bestimmten Schulformen und zu bestimmten Zeiten mehr Unterricht ausfällt. Als Reaktion kündigte Kultusministerin Susanne Eisenmann an, häufiger Vollerhebungen an allen Schulen im Land durchzuführen.

Die weiteren Preisträger

Der Wächterpreis der Tagespresse wird von einer unabhängigen Jury unter dem Vorsitz von Hermann Rudolph, dem ehemaligen Herausgeber des Berliner „Tagesspiegels“, vergeben. Den mit 10 000 Euro dotierten ersten Preis erhalten Sebastian Riemer und Klaus Welzel von der „Rhein-Neckar-Zeitung“ für ihre Berichterstattung über einen unausgereiften Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs in Heidelberg. Nach dem Urteil der Jury haben sie Licht in das fragwürdige Vorgehen von Professoren, Investoren und PR-Strategen in der Grauzone von Wissenschaft und Wirtschaftsinteressen gebracht.

Der mit 4000 Euro dotierte dritte Preis geht an Michael Kasperowitsch für seine in den „Nürnberger Nachrichten“ veröffentlichte Recherche über die jahrelange Manipulation von Abrechnungen im Rettungsdienst des bayerischen Arbeiter-Samariter-Bundes. Wegen der Corona-Krise werden die diesjährigen Preisträger erst im kommenden Jahr zusammen mit den dann aktuellen Preisträgern im Frankfurter Römer geehrt. Zuletzt gewann Autor Jürgen Bock 2009 den Wächterpreis (3. Preis) für die Stuttgarter Nachrichten.