Kehrt nach fünfeinhalb Jahren zum VfB zurück: Ex-Meistertrainer Armin Veh Foto: dpa

Die Trainerfrage beim VfB Stuttgart ist entschieden: Armin Veh löst Huub Stevens ab. Der Meistercoach von 2007 kehrt zu dem Verein zurück, den er seit damals ins Herz geschlossen hat.

Stuttgart - Zwei letzte Bilder bleiben von Huub Stevens hängen. Zum einen das Bild des Knurrers, der nach dem 0:1 beim FC Bayern einen Journalisten abblitzen lässt, weil der Fragen nach seinem Dienstende stellt, die er zuvor in einer eigenen Pressekonferenz schon beantwortet hat. Zum anderen das Bild des Seelsorgers einer verunsicherten Truppe, die er in verzweifelter Lage übernommen und mit einem enormen Kraftakt in der Liga gehalten hat: „Die Mannschaft ist mir ans Herz gewachsen“, sagt Stevens sichtlich bewegt.

Am Ende aber wogen der körperliche und mentale Substanzverlust schwerer als alle Gefühle. „Ich spüre an meinem Körper, dass es eine schwierige Zeit war. Ich brauche eine Auszeit“, sagt Stevens (60), „deshalb höre ich beim VfB auf.“

Weil jedem Ende auch ein Anfang innewohnt und der Verein auf diese Entscheidung vorbereitet war, hatte Sportdirektor Fredi Bobic Vorkehrungen getroffen, um die Nachfolge „sehr zeitnah“ zu regeln. An diesem Montag oder Dienstag gibt der VfB den Nachfolger bekannt, den er aber erst später präsentieren wird: Armin Veh (53), der 2007 die deutsche Meisterschaft mit dem Verein errungen hat und ihm bis heute eng verbunden ist.

Noch immer telefoniert Veh mit ehemaligen Spielern wie Kapitän Christian Gentner oder Angestellten der Geschäftsstelle, die er gern auch mal zu Spielen seines bisherigen Clubs Eintracht Frankfurt und danach zum Essen einlud. Zudem genießt er mit seiner humorvollen, warmherzigen Art viele Sympathien bei früheren Weggefährten. „Wir werden die Gespräche zu Ende führen. Wenn die Tinte trocken ist, werden wir den Namen verkünden“, sagt Bobic.

Bis auf letzte Details ist alles ausgehandelt. Veh bringt aus Frankfurt seinen Co-Trainer Reiner Geyer mit, der in der Saison 2009/10 ein Intermezzo beim VfB II hatte, das in seiner Entlassung endete. Zudem bleibt Armin Reutershahn wie unter Stevens Assistenztrainer der Profimannschaft. Veh wird, wie bei ihm üblich, nur für ein Jahr unterschreiben, was nicht sein Ende beim VfB bedeuten muss. Denkbar ist, dass er dann seinen Trainerposten zugunsten von Thomas Tuchel räumt, der immer wieder mit dem VfB in Verbindung gebracht wird und im Verein eine andere Funktion übernimmt – womöglich als Vorstandsmitglied.

Zunächst aber befindet sich der VfB wieder mal in einer Phase des Übergangs – mit dem Vorteil, dass er erstmals seit 2005 (Giovanni Trapattoni) nicht mitten in einer Saison, sondern schon vor deren Beginn den neuen Trainer installiert. „Die nächste Spielzeit wird eine große Chance für uns sein“, sagt Fredi Bobic – vorausgesetzt, der Sportchef stellt jetzt im Doppelpass mit Präsident Bernd Wahler die richtigen Weichen, und zwar auf allen Ebenen – in der Mannschaft, im Aufsichtsrat, im Ehrenrat, bei der möglichen Ausgliederung der Profiabteilung und beim Schulterschluss mit den Fans. Über allem aber steht die Trainerfrage, weil der sportliche Erfolg viele Dinge einfacher macht – oder eben nicht, wenn er ausbleibt.

Dummerweise funktioniert der Profifußball nicht so, dass der Rückgriff auf goldene Zeiten automatisch eine ebensolche Zukunft ermöglicht. Mit Armin Veh wird nicht zwangsläufig alles besser, doch vereint der Augsburger vieles von dem, was auch den Erfolg von Huub Stevens ausmacht. „Die Tugenden, die Huub Stevens hat, sind schon wichtig. Ein erfahrener Trainer, der konsequent durchgreift, konsequent seine Entscheidungen trifft und klare Wege geht, so einen brauchen wir“, sagt Torhüter Sven Ulreich. Auch Armin Veh, vom damaligen Aufsichtsratschef Dieter Hundt als „Übergangslösung“ bezeichnet, fuhr nach seinem Amtsantritt im Jahr 2006 eine klare Linie, setzte sich gegen Widerstände durch und verwirklichte seine Philosophie vom erfolgreichen Tempo- und Kombinationsfußball, bis der VfB deutscher Meister war und sich im Ruf als „Verein für Begeisterung“ sonnte.

Weil die größten Fehler aber dann passieren, wenn Ruhm und Ehre am größten sind, bekam das Denkmal, das sich Armin Veh mit dem Titelgewinn gebaut hatte, schnell erhebliche Macken und Schrammen. Mit seiner Einkaufspolitik lag der VfB komplett daneben, die Neuzugänge Yildiray Bastürk, Ewerthon, Gledson und Torhüter Raphael Schäfer entpuppten sich als Fehleinkäufe. Im ausbleibenden Erfolg kritisierte Manager Horst Heldt Vehs Teamführung, Taktik und Arbeitseinstellung. Der Coach aber ignorierte alle Hinweise, schlug Ratschläge aus und sagte: „Ich lasse mich nicht verbiegen.“ Und: „Ich habe den Titel gewonnen, ich muss mir nichts mehr beweisen.“

Präsident wolle er noch werden, hat Veh einmal verraten, bevorzugt bei seinem Heimatverein FC Augsburg. Er ist dann doch Trainer geblieben, zunächst beim VfL Wolfsburg, später beim Hamburger SV und zuletzt in Frankfurt, wo er die Eintracht mit überschaubaren finanziellen Mitteln bis in die Europa League geführt hat.

Darauf baut auch der VfB, wobei die Mannschaft gezielter Verstärkungen bedarf. Florian Klein von RB Salzburg ist der erste Neuzugang, Julian Schieber (Borussia Dortmund), Valentin Stocker (FC Basel), Marvin Plattenhardt und/oder Timothy Chandler vom 1. FC Nürnberg könnten ihm folgen. „Ich wünsche dem VfB, dass er die richtigen Spieler findet“, sagte Huub Stevens noch. Er habe mit dem Verein konkret über Namen gesprochen, die weiterhelfen könnten, „aber das ist jetzt Sache des neuen Trainers. Er muss sagen, wen er will.“

Wenn die Tinte erst mal trocken ist.