Chiwetel Ejioforin in „12 Years A Slave“. Foto: Fox Searchlight

Am Donnerstag kommt der Film „12 Years A Slave“ in die Kinos – ein Gespräch mit Regisseur Steve McQueen.

Die Filme des britischen Künstlers und Fotografen Steve McQueen sind intensiv, oft drastisch: In „Hunger“ zeigte er den Hungerstreik eines IRA-Aktivisten, in „Shame“ einen sexsüchtigen Großstädter. Nun erzählt der 44-jährige die wahre Geschichte des Afroamerikaner Solomon Northup, der Mitte des 19. Jahrhunderts als freier Familienvater gekidnappt und versklavt wird.

Mr. McQueen, was gab die Initialzündung zu diesem Film?
Ich wollte einen Film über die Sklaverei machen und brauchte einen starken Beginn. Ich dachte an einen freien, schwarzen Mann, der entführt, in den Süden verschleppt und versklavt wird. Als ich beim Schreiben Probleme hatte, riet mir meine Frau, nach wahren Geschichten zu forschen. Sie hat dann das Buch „12 Years A Slave“ entdeckt. Jede Seite war eine Offenbarung. Alles fügte sich perfekt in meine Ideen ein, ich hielt quasi das fertige Drehbuch in Händen. Ich kam mir wie ein Idiot vor, weil ich dieses Buch vorher nicht kannte. Aber dann fand ich heraus, dass es völlig unbekannt war. Ein Grund mehr, einen Film daraus zu machen.
Was wollten Sie zeigen, in welche Richtung wollten Sie sich bewegen?
Die Sensibilität und Detailfreude des Buches brachte eine menschliche Seite zum Vorschein, die ich unbedingt in den Film übersetzen wollte. Figuren wie Master Ford sind ungemein komplex. Einen so facettenreichen Charakter habe ich in einer Geschichte wie dieser vorher noch nie gesehen.
Wie kam Brad Pitt als Produzent und Nebendarsteller an Bord?
Brad hat „Hunger“ gesehen und wollte seither einen Film mit mir machen.
Der britische Künstler und Fotograf Steve McQueen. Foto: dpa
Die Stars spielen in Ihrem Film eher die Nebenrollen. War es Ihnen wichtig, dass die Hauptrolle von einem weniger prominenten Schauspieler übernommen wurde?
Ich denke nicht darüber nach, ob jemand ein Star ist, ich denke an große Schauspieler, an Künstler. Chiwetel Ejiofor strahlt Menschlichkeit und Würde aus, Eigenschaften, die auch von Solomon ausgehen sollten, obwohl er sich in einer völlig unmenschlichen Umgebung wiederfindet. Dass die Menschlichkeit unter diesen Umständen überleben kann, war von zentraler Bedeutung. Chiwetels Charisma ist wichtig, damit das Publikum dazu bereit ist, mit ihm auf diese Reise zu gehen, die in schreckliche Gefilde führt.
War es Ihnen auch wichtig, dass die Hauptfigur zunächst ein freier Mann ist?
Mich faszinierte die Tatsache, dass damals etwa zehn Prozent der Schwarzen frei waren, in den Nordstaaten. Das wissen nicht viele. Und weil man ab einem bestimmten Punkt keine neuen Sklaven mehr aus Afrika holte, wurde es lukrativ, Leute von der Straße wegzufangen. Das ist sehr häufig passiert.
Ihr Film beeindruckt durch großartige Bilder. Welches visuelle Konzept steckt dahinter?
Die Landschaft in Louisiana ist von betörender Schönheit. Das war der Schlüssel, in Erinnerung zu rufen, dass sich an diesem schönen Ort so schreckliche Dinge abgespielt haben. Es sind wahre Begebenheiten, wir wollten das wahre Leben einfangen und es nicht durch einen Filter zeigen. Wir haben das eingefangen, was wir vor Ort vorgefunden haben.
Warum interessieren sich derzeit Filmemacher von Spielberg („Lincoln“) bis zu Tarantino („Django Unchained“) für die Sklaverei?
Man darf die Rolle von Präsident Obama nicht unterschätzten. Leute wollten diese Geschichten schon vor langer Zeit erzählen, aber sie konnten es nicht. Heute spüren sie, dass sie die Autorität besitzen, es zu tun. Solche Projekte werden derzeit von verschiedenen Seiten stärker unterstützt, weil wir einen schwarzen Präsidenten haben. Das ist jedenfalls mein Gefühl. Die Frage ist, was passieren wird, wenn er nicht mehr da ist.
Wird das Buch von Solomon Northup nun wieder herausgebracht?
Das ist bereits geschehen. Es ist sehr erfolgreich und hat es auf die Top-Ten-Liste der New York Times geschafft.
Was haben Sie über Solomons späteres Leben herausgefunden?
Nicht mehr, als Sie im Abspann lesen können. Der letzte belegte Beweis seiner Existenz war die Nachricht, dass er an einem Theaterstück auf der Basis seines Buches arbeitete. Er hat sich darin selbst gespielt.
Welche Gedanken haben Sie beim Tod von Nelson Mandela bewegt?
Ich bin jetzt 44. In diesem Alter war Nelson Mandela, als man ihn in Robben Island eingekerkert hat. Erst mit 71 ist er wieder herausgekommen. Er war ein großer Staatsmann, ein leuchtendes Beispiel für das Beste in uns und als Mensch ein großes Vorbild.
Wenn man den Namen Steve McQueen hört, denkt man zunächst an einen anderen Künstler. Ist das für Sie manchmal seltsam?
Nicht wirklich. Tatsächlich kennen viele Leute den alten Steve McQueen gar nicht mehr. Es ist nur ein Name, den mir meine Mutter gegeben hat.