Der Bau eines Forstbetriebsgebäudes im Wald bei Tettnang (Bodenseekreis) lief dem Bund zufolge aus dem Ruder. Foto: dpa

Der Staat geht manchmal recht großzügig mit dem Geld seiner Bürger um. Der Steuerzahlerbund listet regelmäßig Beispiele dafür auf. Im Südwesten geht es vor allem um Bauprojekte - in Millionenhöhe.

Stuttgart - Ein Gutachten zu Fahrradhelmen, ein Besucherzentrum im Nationalpark oder eine „Kostenexplosion“ beim Bau eines Forstgebäudes - der Staat geht aus Sicht des Steuerzahlerbundes teilweise sehr verschwenderisch mit dem Geld der Bürger im Südwesten um. In seinem Schwarzbuch nannte der Verband neun Beispiele aus Baden-Württemberg. In der Veröffentlichung listet er jedes Jahr Vorfälle aus dem gesamten Bundesgebiet auf, wo Bund, Länder oder Kommunen nach seiner Ansicht sorglos mit dem Geld der Bürger umgehen - durch Fehlplanung, Nachlässigkeit oder fragwürdige Projekte.

Forsthaus - Der Bau eines Forstbetriebsgebäudes im Wald bei Tettnang (Bodenseekreis) lief dem Bund zufolge aus dem Ruder. Ursprünglich sei von Baukosten von 150 000 Euro für einen Schlechtwetter-Arbeitsplatz ausgegangen worden. „Stattdessen wurde daraus die Luxus-Variante eines multifunktionalen Betriebsgebäudes für mehr als 611 000 Euro.“ Agrarminister Peter Hauk (CDU) übernahm das Projekt von seinem Vorgänger. Die Aufklärung des Vorgangs laufe, sagte eine Sprecherin. Inzwischen sei das mit einem Preis ausgezeichnete Gebäude auch teilweise für die Öffentlichkeit zugänglich. So könnten sich Interessierte über den heimischen Wald informieren.

Römermuseum - Nach nicht einmal 15 Jahren wurde in Mengen (Kreis Sigmaringen) das Römermuseum wieder geschlossen. Der Gemeinderat zog die Notbremse, weil er nicht länger für das Defizit aufkommen wollte und es auch andere Unwägbarkeiten gab. Der Steuerzahlerbund übte Kritik und betonte zugleich: Dem Gemeinderat gebühre Respekt, denn er habe das defizitäre Projekt beendet.

Fahrradhelme - Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) investierte mehr als 200 000 Euro in ein Gutachten zum Thema Fahrradhelme. Hintergrund war die immer wieder aufflammende Diskussion über eine Helmpflicht. Ergebnis der Studie: Helme seien sinnvoll und das Tragen schütze vor Verletzungen. Hermanns Sprecher verteidigte die Expertise. Sie sei die erste umfassende wissenschaftliche Arbeit zu dem Thema und liefere über Baden-Württemberg hinaus eine Grundlage für die Versachlichung der weiteren Diskussion. Der Verband hingegen meinte, für externe Gutachten werde noch zu viel Geld ausgegeben.

Theaterneubau - In Reutlingen sind die Kosten für den Neubau des Theaters „Die Tonne“ gestiegen. Einst seien 8,4 Millionen als Obergrenze festgesetzt worden. Nun werde von Gesamtkosten von 10,9 Millionen Euro ausgegangen. „Es hätte gründlicher geplant werden müssen“, so der Steuerzahlerbund.

Besucherzentrum - Die Kosten für den Bau des Besucher- und Informationszentrums im Nationalpark Schwarzwald stiegen stetig. Inzwischen wird mit maximal 37 Millionen Euro Gesamtkosten gerechnet. „Der Bund der Steuerzahler hat insofern Recht, dass die Kosten für die Parkplätze oder für die Ausstellung am Anfang nicht klar in den Raum gestellt wurden“, erklärte das Finanzministerium. Man könne nur hoffen, dass es nicht doch noch zu weiteren Kostensteigerungen während der Bauzeit komme, heißt es im Schwarzbuch.

Fahrradstation - In Lörrach wurden rund 723 000 Euro in ein Parkhaus für Fahrräder und sechs Carsharing-Parkplätze investiert. Das Problem: die zu geringe Auslastung. Viel Geld für wenig Fahrradparken, meinte die Organisation.

Kein Turmbau - Ein geplanter Turm in Weinstadt (Rems-Murr-Kreis) anlässlich der Gartenschau 2019 wurde schon 2015 angeprangert. Nun wird er nicht gebaut. Der Steuerzahlerbund begrüßte die Entscheidung des Gemeinderats.

Bahnförderung - Schon in der Vergangenheit hatte der Verband in zwei Fällen die Förderung von zwei kleineren Bahnprojekten kritisiert. Es ging um Ablachtalbahn und Schwäbische Waldbahn. Inzwischen schaut sich der Rechnungshof die Sache genauer an.

Altfall EnBW - Im Jahr 2010 kaufte der frühere Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) einen Anteil der Energie Baden-Württemberg (EnBW) zurück. Die Finanzierung ging nicht auf. Das Geschäft habe sich zu einem finanziellen Desaster für den Steuerzahler entwickelt, monierte der Verband. 2016 gab es einen Milliardenverlust und keine Dividende. Das Land hat laut Mitteilung für die Neckarpri GmbH, die Gesellschaft die die Anteile verwaltet, 122,9 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt.