Finanzminister Nils Schmid (SPD) sagte den Stuttgarter Nachrichten: „Wir befürworten eine Betragsgrenze für Selbstanzeigen, damit sich Millionenhinterzieher nicht einfach freikaufen können.“ Foto: dpa

Baden-Württemberg setzt sich dafür ein, dass ab einer bestimmten Summe hinterzogener Steuern eine Selbstanzeige Steuersündern nicht mehr die Amnestie bringt. Geht es nach der Steuergewerkschaft, sollte die Selbstanzeige von Steuersündern nur noch bis zu einer Summe von 50.000 Euro strafbefreiend wirken.

Berlin - Eigentlich ist empörend, was der Finanzminister der Zentrumspartei, Matthias Erzberger, da im Jahr 1919 eingeführt hat. Wer Steuern hinterzieht, der kommt um die Strafe herum, wenn er sich selbst anzeigt. Voraussetzung ist, dass seine Missetaten noch nicht entdeckt sind. Dies gilt, egal wie hoch die Summe ist, um die der Steuerzahler den Fiskus geprellt hat. Eine Regelung, von der andere Kriminelle nur träumen können.

In wenigen Jahren würde die strafbefreiende Selbstanzeige also ihren hundertsten Geburtstag feiern. Wenn sich nicht die Kritiker durchsetzen, die die strafbefreiende Selbstanzeige, dieses Privileg für Steuerkriminelle, ganz abschaffen wollen – so wie es etliche Politiker in der Aufregung über den Steuerfall Uli Hoeneß gefordert haben.

Die Selbstanzeige kommt gerade auf den Prüfstand. Am Mittwoch hat dazu erstmals eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe in Berlin getagt. Der Bund koordiniert die Gespräche. Bis Jahresende wollen sich die Finanzminister von Bund und Ländern darauf einigen, ob und, wenn ja, was bei der Selbstanzeige geändert werden soll. Dass die Selbstanzeige abgeschafft wird, ist sehr unwahrscheinlich. Reformbedarf sehen aber viele.

Etwa Nils Schmid, Finanzminister im Südwesten. Der SPD-Politiker sagte den Stuttgarter Nachrichten: „Auf keinem anderen Gebiet kommen Straftäter so gut weg wie beim Steuerstrafrecht.“ Es dürfe nicht sein, dass der Staat Steuerbetrügern über die Selbstanzeige „den roten Teppich“ für den Weg zurück in die Legalität ausrollt.

Bisher nur Strafzuschlag auf Steuerschuld

Baden-Württemberg geht mit der Forderung in die Gespräche, dass Steuerhinterziehung grundsätzlich erst nach zehn Jahren verjährt. Bislang verjähren Fälle , die die Justiz nicht als schwer einstuft, bereits nach fünf Jahren. Grundsätzlich kann der Fiskus noch zehn Jahre später nicht gezahlte Steuern beim Bürger geltend machen. Bei einem regulären Fall von Steuerhinterziehung müsse ein Steuersünder aber nur für die letzten fünf Jahre Daten offenlegen. Schmid fordert: „Hier muss eine Angleichung stattfinden. Wir wollen eine Erklärungspflicht für alle Steuersünder für zehn Jahre.“

Schmid geht noch einen Schritt weiter. Er will, dass die Selbstanzeige künftig nur noch bis zu einer noch zu bestimmenden Höhe der hinterzogenen Steuern gültig ist. Schmid sagte unserer Zeitung: „Wir befürworten eine Betragsgrenze für Selbstanzeigen, damit sich Millionen-Hinterzieher nicht einfach freikaufen können.“

Unterstützung für den Südwesten kommt in dieser Frage vom Chef der Steuergewerkschaft,Thomas Eigenthaler. Eigenthaler sagte den Stuttgarter Nachrichten: „Ich bin für eine Bremse. Ab einem hinterzogenen Betrag von 50.000 Euro sollte der Hebel umgelegt werden. Ab dieser Summe darf es keine strafbefreiende Wirkung mehr geben.“ Bislang muss der Steuerhinterzieher ab 50.000 Euro lediglich einen Strafzuschlag auf die Steuerschuld zahlen, um in den Genuss der Straffreiheit zu kommen.

Zahl der Selbstanzeigen steigt weiter an

Eigenthaler will zudem Steuerhinterziehern stärker auf die Füße treten, indem sie mit der Selbstanzeige nicht mehr beliebig lange warten können. „Zwei Jahre sollten ausreichend Zeit sein, damit Steuersünder ihr Gewissen erforschen können.“ Nach der Zwei-Jahres-Frist, so die Forderung Eigenthalers, komme eine Selbstanzeige dann zu spät.

Im Hinblick auf die Forderung Schmids, die Verjährungsfristen grundsätzlich auf zehn Jahre zu setzen, ist Steuer-Experte Eigenthaler skeptisch: „Das geht nur, wenn im Gegenzug das Personal bei den Behörden massiv aufgestockt wird. Derzeit würden uns die Mitarbeiter fehlen, um alle Fälle abzuarbeiten.“

Unterdessen steigt die Zahl der Selbstanzeigen im Südwesten weiter an. Allein seit Anfang Juli erstatteten 1028 Steuerhinterzieher in Baden-Württemberg eine Selbstanzeige. Auf das Konto dieser Fälle gehen 94 Millionen Euro, die nachträglich erklärt wurden. Der Fiskus rechnet allein durch diese neuen Anzeigen mit Mehreinnahmen von etwa 13 Millionen Euro.